Abschiebung nach Tunesien: "Nicht der Mülleimer für Deutschland"

Seite 2: Alle ins Gefängnis?

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Was der Ennhada-Vorsitzende unter einem "chirurgischen Eingriff" versteht, bleibt offen für Spekulationen. Gewiss ist, dass er nicht der einzige Regierungspolitiker ist, der im Lauf der Diskussion unterschiedliche Äußerungen machte.

Staatspräsident Essebsi wird einmal mit der Aussage zitiert, dass man die Rückkehrer gemäß sicherheitspolitischer Vorgaben behandle, dass die, welche zurückwollen, "aber willkommen seien" - und dann wiederum damit, dass es kein Pardon und keine Amnestie für sie gebe (9. Dezember).

Man habe nicht genug Gefängnisse, um alle hinter Gitter zu setzen, heißt es ein anderes Mal. Man werde sie überwachen. Ob dafür genug Personal vorhanden ist? Die Zahlen der möglichen Rückkehrer schwanken zwischen einigen Hundert und mehreren Tausend. Manche sprechen davon, dass sich seit 2011 10.000 junge Tunesier in den Dschihad aufmachten, andere beziffern sie auf etwa 6.500.

Politiker wie der frühere Präsident Moncef Marzouki wollen die Dschihadisten präventiv hinter Gitter setzen, weil sie "Bomben" seien (24. Dezember) und spezielle Haft-Zentren unter der Kontrolle der Polizei und der Armee errichten (27.Dezember). Von allen anderen Problemen abgesehen, zeigt die Erfahrung, dass sich Gefängnisse mitunter zu Lehranstalten für den Dschihad entwickelt haben.

Die allerwenigsten reumütigen Dschihadheimkehrer haben ihre radikalen Ansichten abgelegt, berichtet der französische Spezialist David Thomson. Zwar seien sie von der Realität des IS enttäuscht, an ihrem radikalen Verständnis des Islam würde sich aber im Wesentlichen nichts ändern, so seine Erfahrung.

Thomson berichtet auch wenig Hoffnungsvolles über den französischen Versuch mit sogenannten Zentren für "Deradikalisierung". Manche Teilnehmer dieser Programme habe man später am Flughafen wieder festgenommen, weil sie nach Syrien wollten. An der Lösung der Probleme, die Dschihad-Heimkehrer stellen, wird noch länger gearbeitet werden.