Ärzte lieben weiterhin die Liberalen
Und der SPD mit einer womöglich drohenden Bürgerversicherung ziehen die "Top-Verdiener" die AfD vor
Ärzten geht es hierzulande nicht schlecht. Stolz vermeldet der Ärztenachrichtendienst (änd), dass nach dem Gehaltsreport 2016 der Online-Jobbörse Stepstone Ärzte "die Top-Verdiener" bleiben. Tatsächlich berichtet Stepstone, dass Ärzte mit einem durchschnittlichen Bruttojahresgehalt von 64.100 Euro an erster Stelle liegen, gefolgt von Juristen (63.100 Euro), Ingenieuren (61.100 Euro) und IT-Fachkräften (57.900 Euro). Mediziner verdienen "40 Prozent mehr als im Durchschnitt". Vom Praxispersonal mit einem Durchschnitt von 29.955 Euro soll hier nicht die Rede sein.
Akademiker mit einem Abschluss in Erziehungswissenschaften oder Design landen hingegen ganz hinten und kriegen 20.000 Euro weniger. Überhaupt, aber das ist ja bekannt, bleiben die billigsten Studienfächer, also Kultur-, Geistes- und Sozialwissenschaften, alle abgehängt, etwas besser soll es den Psychologen gehen. Und dem Geldbeutel tut es demnach gut, wenn man in Hessen, Bayern, Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen lebt.
Der Ärztenachrichtendienst hat eine Umfrage unter 1.700 Ärzten mit der Frage gemacht, welche Bundesregierung sich Deutschlands Topverdiener wünschen würden. Der Hang der Ärzte zur FDP ist bekannt. Den Gelben sind sie auch weiterhin treu, zumal im roten Lager immer wieder Avancen aufkommen, die Reichen höher zu besteuern oder gar eine Bürgerversicherung einzuführen, was das lukrative Geschäft mit den Privatkassen vermiesen würde.
Die Liebe zu den Liberalen geht sogar immer noch weit, dass sie bei den Ärzten mit 31 Prozent die beliebteste Partei ist, gleich darauf folgt die Union mit 30 Prozent. Danach ist klar, die Ärzte wünschen sich eine schwarz-gelbe Regierung. Aber überraschend mag auf den ersten Blick sein, dass es unter den Ärzten auch einen ausgeprägten Hang zur AfD zu geben scheint. Da muss die FDP mit ihrer Klientelpolitik also aufpassen. 15 Prozent der Ärzte wollen die AfD in Regierungsverantwortung sehen. Unklar ist, ob da die Ausländerfeindlichkeit oder die neoliberale Ausrichtung der rechten Partei durchschlägt, die den Besitzstand nicht gefährdet.
R2G hat bei den Ärzten hingegen keine Chance. Schulz hatte ja schon gesagt, er würde gegen die "Zwei-Klassen-Medizin" vorgehen und eine paritätische Bürgerversicherung einführen wollen, in die nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Beamte und Selbständige einzahlen. Zudem gibt es Stimmen aus der SPD, die die Arzthonorare verändern wollen. Schulz kündigte an, größere Vermögen höher besteuern und Steuerflucht bekämpfen zu wollen. Das alles schreckt die Ärzte ab, in der Umfrage kommt die SPD gerade einmal auf 10 Prozent. Trotzdem scheint es auch einen gewissen Schulz-Effekt zu geben, im November letzten Jahres lag die SPD in einer ähnlichen Umfrage noch bei 2 Prozent. Die Grünen kommen auf 7 Prozent, die Linke auf 4 Prozent.