AfD: Die Masken fallen

Bild: Metropolico.org/CC-BY-SA-2.0

Während die AfD ihr wahres, hässliches Gesicht entblößt, scheinen sich konkrete Spuren zu den Finanziers der Rechtspopulisten abzuzeichnen. AfD als neue "Mövenpick-Partei"?

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Die formell demokratische Fassade, die vor allem von dem "gemäßigten" Flügel der AfD mühsam aufrechterhalten wurde, bröckelt im Endspurt des Wahlkampfes immer schneller ab - zum Vorschein kommt die ordinäre braune Gesinnung, den die Parteiführung zumindest bis zum Wahltag verborgen halten wollte. Gerade die neoliberale Spitzenkandidatin der AfD, die ehemalige Goldman-Sachs-Bankerin Alice Weidel, steht inzwischen vor dem Scherbenhaufen ihrer kurzen populistischen Karriere.

Die konservative Tageszeitung Die Welt publizierte eine erschütternde Email der Spitzenkandidatin aus dem Jahr 2013, in der ein Abgrund an Rassismus, Verschwörungswahn und Demokratieverachtung offenbar wurde, der schlicht an die Weltanschauung der NSDAP erinnert. In der Mail an damalige Bekannte, die kürzlich in einer Eidesstattlichen Erklärung die Echtheit des Schreibens bekräftigten, sah die Bankerin Deutschland "überschwemmt" von Arabern sowie Sinti und Roma, die sie als "kulturfremde Völker" verunglimpfte. Sowohl Weidel wie auch viele Parteigrößen und Parteisprecher bestreiten die Echtheit dieses Schreibens.

Neben diesen rassistischen Ausfällen erging sich die Spitzenkandidatin der AfD in wirren Verschwörungstheorien, wie sie im rechten Internetschwarm populär sind. Laut Weidel sei die Bundesrepublik gar nicht souverän, die Regierung bestehe aus "Schweinen", bei denen es sich um "Marionetten" der Siegermächte des Zweiten Weltkrieges handele. Diese sollen also immer noch, gewissermaßen hinter den Kulissen, die Bundesrepublik fernsteuern. Die brandgefährlichen historischen Parallelen sind hier offensichtlich. Die absurde Vorstellung, die europaweit machtpolitisch dominante Bundesrepublik sei nicht "souverän", ähnelt selbstverständlich dem Wahnsystem des Nationalsozialismus mit seiner massenmörderischen Halluzination einer jüdisch-bolschewistischen Weltverschwörung, die überall den "Ariern" auflauere.

Wenn solche Wahnvorstellungen der "gemäßigte" Flügel der AfD privat von sich gibt, dann ist schwer vorstellbar, was die offen rechtsextremen Kräfte um Björn Höcke absondern, sobald die Mikrophone ausgeschaltet sind. Es scheint somit keine "gemäßigten" Flügel in der AfD zu geben, sondern nur bessere und schlechtere Schauspieler. Die Parallelen zu Trump sind offensichtlich (Donald Trump und die Zeit des Borderliners). Es ist blanker, sich von der Realität lösender Verschwörungswahn, der hier in den Bundestag drängt.

Somit stellt sich mit neuer Dringlichkeit die Frage, wer diese - im wahrsten Sinne des Wortes - Truppe um Weidel, Höcke und Gauland so üppig finanziert, dass sie tatsächlich Aussichten auf den Einzug in den Bundestag hat. Wer ebnet mit Millionenbeträgen diesem rechten Wahn den Weg? Bekannt ist bisher nur, dass anonyme Großspender unter Ausnutzung von Gesetzeslücken die AfD massiv finanziell unterstützen (Trübe Finanzquellen). Woher das Geld stammt, das von der dubiosen Briefkastenfirma "Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und bürgerlicher Freiheiten" in die Wahlkämpfe der Rechtspopulisten gepumpt wird, ist bislang unbekannt.

Geldflüsse im Überblick

Die auf Korruptionsbekämpfung spezialisierte NGO Lobbycontrol, die sich derzeit vor allem mit der AfD beschäftigen muss, hat in einer jüngst publizierten Analyse eine erste Quantifizierung dieser Finanzströme vorgenommen. Das vorläufige Fazit lautet:

"Somit dürfte es sich bei der verdeckten AfD-Wahlwerbung um die wahrscheinlich größten intransparenten Geldflüsse der letzten Jahre zugunsten einer einzelnen Partei handeln." Vergleichbare Fälle von "Wahlwerbung durch Dritte" seien Lobbycontrol "aus der jüngsten Vergangenheit nicht bekannt. Nicht schlecht für eine selbsternannte Saubermann-Partei, die es noch nicht mal in den Bundestag geschafft hat".

Konkret seien es mindestens sechs Millionen Euro, die ab 2016 im Rahmen der vergangenen Landtagswahlen aufgewendet wurden, um die AfD in den Bundesländern parlamentarisch zu verankern. Hinzu kommen noch die aktuellen Aufwendungen für den Bundestagswahlkampf, die noch nicht gänzlich überblickt werden können. Lobbycontrol: "Die Kosten für die Plakate zur Bundestagswahl sind noch nicht eingerechnet."

Millionen von Exemplaren der inoffiziellen AfD-Wahlzeitung Extrablatt, Tausende von Großflächenplakaten bezahlte der dubiose Verein in den Wahlkämpfen in Rheinland-Pfalz, Berlin, Baden-Württemberg, Saarland und Mecklenburg-Vorpommern. Hinzu kam noch eine kostspielige Anzeige in der Neuen Züricher Zeitung.

Bei der Bundestagswahl finanzierten die anonymen Gönner der AfD bislang - soweit überhaupt bekannt - neun Ausgaben der informellen Parteizeitung Deutschland-Kurier, von denen jeweils 300.000 Exemplare umsonst verteilt wurden. Knapp drei Millionen Exemplare des Deutschland-Kuriers konnten somit bisher die Bundesrepublik überfluten - wobei deren Finanzierung im Dunklen verbleibt. Des Weiteren finanzierte der Verein mehrere tausend Großflächenplakate, wie auch Anzeigen von Erika Steinbach in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und in der Passauer Neuen Presse.

Die Spur dieses Geldes führt in die Schweiz, erläuterte Lobbycontrol. Einzelne AfD-Politiker hätten "direkt von heimlichen Zahlungen" der Schweizer PR-Agentur Goal AG profitiert, die als ein "zentraler Akteur" hinter dem "Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und bürgerlicher Freiheiten" agiert. Die Werbeagentur ist in der Vergangenheit vor allem durch Wahlwerbung für die Rechtspopulistische SVP in Erscheinung getreten. Die AfD-Politiker Jörg Meuthen, Markus Pretzell und Guido Reil seien von der Schweizer Goal AG mit geldwerten Zuwendungen und Dienstleistungen bedacht worden (Plakate, Internetauftritte, Kosten für Veranstaltungen).

Von den Rechtspopulisten sei kaum Aufklärung über diese dunklen Geldströme zu erwarten, so Lobbycontrol, da AfD-Größen die Unterstützung durch die geheimen Gelder kleinredeten oder Unwissenheit vortäuschten.

Schließlich machte die NGO ebenfalls klar, dass es sich bei der Behauptung des Vereins, er finanziere sich aus zahlreichen Kleinspenden, um ein - so wörtlich - "Märchen" handele. Als "Unterstützer" des Vereins würden rund 20.000 Personen geführt, die einfach im Laufe der Zeit ihre Kontaktdaten, zumeist die Email samt Vor- und Nachnamen, dem Verein überlassen haben, indem sie dessen "Manifest" unterschrieben. Bei den "Unterstützern" handelt es sich somit nicht um Spender.

Nennenswerte finanzielle Zuwendungen seitens dieser Unterstützer seien "fragwürdig und für die Aktivitäten zur Bundestagswahl ausgeschlossen", so Lobbycontrol. Bei den Unterstützern handele es sich letztendlich um Personen, die der Verein mittels einer Mailingliste anschreiben könne. Und genau dies scheint der in Geld schwimmende Verein nicht nötig zu haben! Von Anfang Mai bis Ende August gab es keinerlei Spendenaufrufe des Vereins an seine Unterstützer im Verteiler. Somit können der in millionenfacher Auflage veröffentlichte Deutschland-Kurier und die Tausenden von Großplakaten, die der Verein zur Bundestagswahl finanziert, nicht von den vermeintlichen "Unterstützern" finanziert worden sein.

Dass äußerst finanzkräftige Großspender hinter dem Verein stehen müssen, mache auch die "Anfangsphase der Vereinigung" deutlich, so Lobbycontrol. Der Verein konnte bei seiner ersten Finanzierungsoffensive während der Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz im März 2016 bereits "mehrere Hunderttausend Euro" in die AfD investieren, "ohne vorher in Erscheinung getreten zu sein". Fazit Lobbycontrol: "Es ist also klar, dass der Verein durch anonyme Großspender angeschoben wurde und die Aktivitäten bis heute wahrscheinlich weitgehend von Großspendern finanziert werden". Es gab schlicht keine Spendenaufrufe des Vereins an seine "Unterstützer".

AfD als neue "Mövenpick Partei"?

Wer finanziert nun die Wahlparty der immer weiter ins wahnhafte Extrem taumelnden Rechtspopulisten, wenn sich das Konstrukt der vielen Kleinspenden als ein "Märchen" entpuppte? Die Konrad Adenauer Stiftung (KAS) glaubte jedenfalls schon 2013, eine heiße Spur zu verfolgen, wie etwa die Tageszeitung Die Welt am 22. April berichtete. Ein "alter Bekannter der schwarz-gelben Koalition" solle den Wahlkampf der AfD finanzieren. Dies ginge aus internen Papieren der KAS hervor, die der Welt zugespielt wurden. Demnach sollte der in der Schweiz lebende, deutsche "Mövenpick-Milliardär" Baron August von Finck die AfD - zumindest damals - finanziert haben:

Die Rechercheure der Adenauer-Stiftung wollen auch eine bereits existierende Verbindung der AfD zum Mövenpick-Konzern gefunden haben: Beatrix von Storch, die als Vorsitzende der sogenannten Zivilen Koalition, einer Organisation, die viele Anti-Euro-Kampagnen initiiert hat, und als Unterstützerin auf der Webseite der AfD geführt wird. "Die Adresse der Zivilen Koalition stimmt mit der PR-Abteilung von Mövenpick Germany, das zum August-von-Finck-Imperium gehört, überein", steht in dem Dokument, mit dem sich die CDU-Politiker auf die Auseinandersetzung mit der Newcomer-Partei vorbereiten.

Die Welt

Der "bayerische Milliardär, der längst in der Schweiz lebt", solle einstmals Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber, dann aber insbesondere der FDP "mit großen Spenden geholfen" haben. Der "Besitzer des Hotel- und Gastronomiekonzerns Mövenpick" sei einer der Hauptprofiteure der von der damaligen Koalition durchgesetzten "Senkung der Mehrwertsteuer auf Hotelübernachtungen" gewesen, sodass die FDP anschließend monatelang von der Opposition als "Mövenpick-Partei" verspottet wurde, berichtete die "Welt".

Somit klärt sich auch der Unmut der KAS gegenüber von Finck, der sich in der gezielten Indiskretion äußert. Für gewöhnlich werden ja solche Zuwendungen von den Parteien nicht thematisiert. Der Mövenpick-Milliardär scheint der CDU schlicht undankbar zu sein, indem er die politische Konkurrenz finanziert. Schwarz-Gelb hat dem Mövenpick-Konzern ein enormes Steuergeschenk gemacht - und dieser scheint nun die rechtspopulistische Konkurrenz zu finanzieren. Während Finck sich 2013 weigerte, zu den Anschuldigungen Stellung zu beziehen, hat die AfD die Vorwürfe der KAS abgestritten.

Ist die AfD nun die neue "Mövenpick-Partei" oder hat sich diese angebliche Beziehung verflüchtigt? Vorgänge aus dem Jahr 2016 legen den Schluss nahe, dass es weiterhin Kontakte zwischen dem Imperium des Milliardärs und den Rechtspopulisten gab. Ende 2011 stieg die "Milliardärsfamilie Finck" in den Handel mit Gold ein, schrieb die Süddeutsche Zeitung: "Sie hat den Namen des traditionsreichen Edelmetall-Händlers Degussa erworben und will das Geschäft wiederbeleben." Bei Degussa handelt es sich in der Tat einen traditionsreichen Namen, den sich der Finck-Klan für seinen Einstieg in das Goldgeschäft aussuchte: Im Dritten Reich lieferte die Degussa Zyklon-B für die Gaskammern der Nazis, in den Schmelzöfen der Evonik Degussa wurde das Zahngold eingeschmolzen, dass den vergasten Juden herausgebrochen wurde.

Am 26. Oktober 2016 erschien in der Süddeutschen Zeitung (SZ) ein Beitrag, der sich mit einem Buch "Gefährliche Bürger" beschäftigte, das sich mit der neuen Rechten auseinandersetzt und als ein "Standardwerk" für alle gelte, "die sich für die neuen rechten Netzwerke in Deutschland interessieren". Der Artikel "Angst ist Gold" setzte sich aber gerade mit den Informationen auseinander, die nicht in dem Standardwerk zu finden sind, da sie kurz vor dem Druck entfernt werden mussten. Eine der Autorinnen, Liane Bednarz, bestand darauf, heikle Informationen zu entfernen:

Jetzt zeigt sich, dass an der Auswahl der "gefährlichen Bürger" nicht nur die Autoren Liane Bednarz und Christoph Giesa beteiligt waren. Bednarz ist im Hauptberuf Rechtsanwältin bei der renommierten Kanzlei Noerr in München. Sie publiziert an vielen Orten, von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung bis hin zu Spiegel Online, wo sie als "AfD-Expertin" firmiert, sehr häufig auch auf ihrer eigenen, mittlerweile von Tausenden Lesern - darunter zahlreiche Journalisten und Politiker - frequentierten Facebook-Seite.

SZ

Frau Bednarz betätigte sich somit nebenberuflich als Buchautorin - was aber zu einem Interessenskonflikt führte. Vor der Veröffentlichung des Buches musste Bednarz "Namen, Firmen und Begriffe" aus ihrem Buch streichen: "In mehreren Schreiben nennt sie ihren Arbeitgeber und dessen Interessen als Grund." Es ginge offenbar darum, einflussreiche Personen nicht gegen die Kanzlei Noerr aufzubringen, schlussfolgerte die SZ. Vor allem in dem Kapitel, in dem Goldgeschäfte im Dunstkreis der Neuen Rechten beleuchtet werden, bei denen die Rechtspopulisten die anwachsende Krisenangst ausnutzten, mussten weitreichende Streichungen vorgenommen werden:

Die Änderungen am Text sind nicht klein. Inhaltlich schwerwiegend und umfangreich sind Streichungen und Umformulierungen in jenem Teil, der schließlich auf zwei Buchseiten zusammen schrumpfte, nämlich auf die Seiten 137 und 138. Auf jenen Seiten strich die Autorin zum Beispiel die Namen "Thorsten Polleit", "August von Finck", wie auch "Degussa Goldhandel".

SZ

Thorsten Polleit arbeitet für den Degussa Goldhandel des Milliardärs August von Finck, der ja die "traditionsreichen" Namensrechte 2011 erwarb. In der ursprünglichen, unzensierten Version des Buches wurde er als ein "Angstmacher" tituliert, der seine Kundschaft zum Erwerb der sicheren Krisenanlage Gold verleiten wollte. Die Krisenangst dient diesem neurechten Milieu somit als Geschäftsgrundlage. Laut Recherchen der SZ stehen August von Finck und der Gründer der Kanzlei Noerr, Rudolf Nörr, in einer geschäftlichen Beziehung. Dies legt den Schluss nahe, dass Bednarz ihre Streichungen im Text vernehmen musste, um Rücksichtnahme auf das Verhältnis zwischen Nörr und Finck zu nehmen.

Entscheidend aber ist, dass es laut SZ Beziehungen zwischen Degussa und der AfD gegeben haben soll. Die Rechtspopulisten betrieben bis Anfang 2017 ihren umstrittenen "Goldshop". Laut der SZ sei zu vermuten, "dass das Gold für dieses Geschäft wenigstens zum Teil ursprünglich von Degussa kommt". Das Unternehmen des Milliardärs, von dem es "in internen Papieren der CDU" heißt, er unterstütze den Wahlkampf der AfD, lieferte somit laut SZ - wenigstens teilweise - das Gold für den Goldshop der AfD.

Kein Wunder somit, dass die AfD zu jener Zeit so ihre Probleme mit den Goldbarren hatte, die plötzlich überall auftauchten. Dieselbe Beatrix von Storch, deren Zivile Koalition dieselbe Adresse mit Fincks PR-Agentur in Berlin teilte, fand sich im Zentrum einer Goldbarrenaffäre, bei der angeblich Spendengelder zum Erwerb von Gold im Wert von rund 83.000 Euro missbraucht wurden.

Dschingis Khans rechter Bruder

Wer ist nun dieser August von Finck junior, der von der KAS wie der SZ in Beziehung zu der AfD gebracht wird? Das Vermögen des deutschen Milliardärs, der seinen Wohnsitz in der Schweiz hat, wird auf rund 7,7 Milliarden US-Dollar geschätzt. August von Finck junior ist Sohn des Arisierungsgewinnlers August von Finck senior, der schon 1933 der NSDAP beitrat und zahlreiche jüdische Banken "arisierte". Neben den Finanzzuwendungen an die FDP und die CSU im Vorfeld der Senkung der Mehrwertsteuer auf Hotelübernachtungen hat der Mövenpick-Milliardär immer wieder auch rechtspopulistische Parteien oder Bewegungen unterstützt.

Bei diesen finanziellen Aufwendungen ging es offensichtlich nicht mehr nur ums Geschäftliche, um die politische Durchsetzung von Geschäftsinteressen. Anfangs waren diese politischen Investitionen nicht gerade erfolgreich: Der rechtspopulistische "Bund Freier Bürger" erhielt von dem Milliardär schon in den 90er Jahren umgerechnet 4,3 Millionen Euro, berichtete die SZ - nur um sang- und klanglos in politischer Bedeutungslosigkeit zu verschwinden.

Der neoliberale "Bürgerkonvent" wurde 2003 von Finck mit Millionenbeträgen bedacht, um eine reaktionäre Werbekampagne durchzuführen, die im Zuge der Agenda-Politik auf die Zerschlagung des Sozialstaates abzielte. Im Vorstand des 2015 aufgelösten Bürgerkonvents, der sich über die Millionenspenden Fincks freuen durfte, saß unter anderem - Beatrix von Storch. Das Handelsblatt schrieb 2013:

Der "BürgerKonvent", angeführt von Beatrix von Storch, setzt sich laut Recherchen der Adenauer-Stiftung als "Apo von rechts" für die Rückführung des Staates auf Kernkompetenzen und den Abbau von Sozialleistungen zugunsten privater Vorsorge ein. Auf Politiker solle Druck in diese Richtung ausgeübt werden mittels eingekaufter und professioneller Kampagnenpolitik, die "von oben" zum Protest aufrufe, schreiben die Experten der CDU-nahen Stiftung in ihrer AfD-Analyse. "Die Strukturen sind intransparent und nicht demokratisch."

Handelsblatt

Über die politischen Ansichten des Milliardärs herrschen in seinem Umfeld jedenfalls keine Illusionen, so die SZ 2010. Der Bankier Ferdinand Graf von Galen habe Fincks politischen Standort auf eine griffige Formel gebracht: "Rechts vom Gustl steht bloß noch Dschingis Khan."

Das Fazit, das aus diesen Indizien gezogen werden kann: Der weit rechts stehende Milliardärssohn eines Arisierungsgewinnlers, der seinen Goldhandel ausgerechnet unter dem historisch belasteten Namen Degussa betreiben muss und erwiesenermaßen schon Rechtspopulisten finanzierte, könnte somit an der Finanzierung des Aufstiegs der AfD beteiligt sein. Die Parallelen zum Aufstieg Donald Trumps in den USA, der ebenfalls von den reaktionärsten Teilen der US-Kapitaleliten finanziert wurde (Das Establishment hinter den Rechtspopulisten), wären in einem solchen Fall unübersehbar.

Die Personalie Finck muss dabei im ihrem größeren, klassenspezifischen Kontext betrachtet werden. Die Eurokrise führte zu großen internen Spannungen innerhalb der deutschen Unternehmerschaft; sie spaltete sich in der Frage der konkreten Krisenpolitik in zwei Lager. Während der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) den europapolitischen Kurs Berlins (Beibehaltung des Euro und Austerität für die Krisenländer) "unterstützte", wie es das Handelsblatt formulierte, und für den Erhalt einer deutsch dominierten Eurozone eintrat, prägte der Unternehmerverband "Die Familienunternehmer" samt seiner "Stiftung Familienunternehmen" die Debatte mit scharfer Kritik, wie es das Handelsblatt formulierte:

Hier beherrschen andere die Schlagzeilen - allen voran die beiden Vertreter deutscher Familienunternehmer: Lutz Goebel, Präsident des Verbands "Die Familienunternehmer", und Brun-Hagen Hennerkes, Gründer der "Stiftung Familienunternehmen". Mit ihren Euro-skeptischen Beiträgen und scharfer Kritik am Rettungskurs von Kanzlerin Angela Merkel dominieren sie die Debatte über die Zukunft der Gemeinschaftswährung. "Ich habe den Eindruck, dass die deutsche Politik zu wenig auf die Bundesbank hört", sagt Goebel. Hennerkes bemängelt, dass kein politisches Konzept in der Euro-Krise zu erkennen sei. Es herrsche "Chaos und Verwirrung".

Handelsblatt

Im Verlauf der Auseinandersetzungen musste der eher strategisch denkende BDI öffentlich intervenieren, indem er auf die strukturellen Vorteile der Euro für die deutsche Exportwirtschaft hinwies, die den "Familienunternehmern" nicht einleuchten mochten.

Doch nun holt BDI-Präsident Hans-Peter Keitel zum Gegenschlag aus. In einem Brief an die wichtigsten Unternehmens- und Verbandsvertreter des BDI, der dem Handelsblatt vorliegt, unterstützt Keitel den europapolitischen Kurs der Kanzlerin. "Die langfristige Sicherung der Währungsunion liegt im elementaren Interesse jedes Einzelnen von uns", schreibt er. Im Gegensatz zu anderen Wirtschaftsverbänden, die etwa einen Austritt Griechenlands oder anderer überschuldeter Staaten aus der Währungsunion für denkbar oder sogar wünschenswert halten, warnt der BDI-Präsident: "Jeder Schritt zurück in der europäischen Integration würde unkalkulierbare Risiken für die wirtschaftliche und politische Stabilität bedeuten."

Handelsblatt

Die offen reaktionären Teile der deutschen Wirtschaftseliten, die Griechenland sofort aus der Eurozone werfen wollten, befanden sich im Kampf mit dem BDI, der den Euro erhalten wollte, um dessen Exportvorteile weiter nutzen zu können. Auch der Mövenpick-Konzern sieht sich übrigens immer noch als ein Familienunternehmen.

Die Stiftung Familienunternehmen unterhielt auch gute Kontakte der AfD. Der ehemalige AfD-Chef von Berlin, Matthias Lefarth, leite die Repräsentanz der Stiftung am Pariser Platz, berichtete Campact. Laut der AfD blieb Lefarth der Partei auch nach seinem Wechsel zu der Lobbygruppe verbunden, er werde "eng für den Landesverband und die Partei arbeiten".

Der Spiegel fragte schon 2013 bei den "Familienunternehmern" nach, ob sie denn die Rechtspopulisten finanziell unterstützen. Damals wurde dies verneint, da die Unternehmer "geizig geworden seien". Auf die Frage, ob die Hinweise der Konrad-Adenauer-Stiftung zuträfen, dass "der Mövenpick-Eigentümer August von Finck zu den AfD-Finanziers zählen könnte", sagte Brun-Hagen Hennerkes, Chef der Stiftung Familienunternehmen:

Das halte ich für eine Spekulation. Die Unternehmer sind in Sachen Parteispenden so geizig geworden, da werden keine nennenswerten Beträge für die AfD fließen. Man muss ja immer noch damit rechnen, dass diese Partei eine Eintagsfliege bleibt.

Brun-Hagen Hennerkes

Die Schlussfolgerung aus dieser rein opportunistischen Haltung gegenüber dem Rechtspopulismus liegt auf der Hand: Sollte es sich also herausstellen, dass die AfD keine "Eintagsfliege" nach dem Muster des "Bunds freier Bürger" bleibe, könnte Herr Brun-Hagen Hennerkes für seine "Familienunternehmer" wirklich nicht mehr die Hand ins Feuer legen.

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