AfD: Sicherheitskreise selektiv mitteilsam
Verfassungsschutz will zu bundesweiter Einstufung der Partei vorerst schweigen. In Berlin und bei der Innenministerkonferenz gibt es derweil Probleme mit "Durchstecherei"
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) will über die mögliche Einstufung der AfD als "Verdachtsfall" im Bereich Rechtsextremismus vorerst nichts bekannt geben. Ein BfV-Sprecher bestätigte am Montag gegenüber Telepolis nur, dass sich die Behörde mit Blick auf das laufende Verfahren und "aus Respekt vor dem Gericht" nicht öffentlich äußern wolle.
Hintergrund ist die von der AfD angestrengte Klage gegen ihre bundesweite Einstufung als Verdachtsfall beziehungsweise deren Veröffentlichung. Das zuständige Verwaltungsgericht in Köln hatte für diesen Montag eine Zwischenentscheidung in Aussicht gestellt, da diesbezüglich auch ein Eilantrag der AfD vorliegt. In den Schriftsätzen sei die Rede von einem "drohenden Ereignis" an diesem 25. Januar, hatte das juristische Internetmagazin Legal Tribune Online am Freitag berichtet.
Mit der von der AfD befürchteten Einstufung wäre gegebenenfalls verbunden, dass der Verfassungsschutz die Partei bundesweit auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachten darf.
Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz kritisierte die Bekanntmachung des Termins für die mögliche Einstufung scharf: "Irritiert bin ich über den Umstand, dass die Information über die gegebenenfalls bevorstehende Beobachtung der gesamten AfD ausgerechnet aus den Reihen der Innenministerkonferenz durchgestochen wurde", sagte der Grünen-Fraktionsvize im Bundestag der Augsburger Allgemeinen vom Montag. Dieses Vorgehen sei "sicherheitspolitisch äußerst unklug", so von Notz. "Die Teilnehmer der Runde müssten es eigentlich besser wissen."
Ein sogenannter "Hängebeschluss" des Gerichts, der besonders kurzfristig ergehen kann, könnte zumindest die öffentliche Bekanntmachung des Status "Verdachtsfall" verhindern. Ob eine solche Entscheidung nun durch die "Stillhaltezusage" des Verfassungsschutzes überflüssig sei, konnte Gerichtssprecher Michael Ott am frühen Nachmittag noch nicht sagen. Es würden weiterhin Schriftsätze ausgetauscht, erklärte er auf Nachfrage von Telepolis.
Die AfD beruft sich bei ihrer Klage unter anderem auf das Recht der Parteien auf Chancengleichheit. Die mutmaßliche Mitgliederzahl des offiziell aufgelösten völkisch-nationalen "Flügels" der Partei soll der Verfassungsschutz laut einer weiteren AfD-Klage auch nicht mehr öffentlich nennen dürfen. Im jährlichen Verfassungsschutzbericht des Bundes war sie mit rund 7.000 angegeben worden. Bedeutsam ist das, weil an der realen Auflösung des "Flügels" gezweifelt wird und dieser bereits als Verdachtsfall eingestuft wurde.
"Verschlusssache" an AfD-Fraktion geschickt
Mit "Durchstecherei" gibt es derweil auch beim Berliner Verfassungsschutz ein Problem: Der AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus wurde Anfang Januar laut Medienberichten ein 43 Seiten starkes Dokument, das als Verschlusssache eingestuft war, per Post zugeschickt. "Sehr geehrte Abgeordnete der AfD, beiliegend ein Gutachten des Berliner Verfassungsschutzes zur AfD Berlin", hieß es demnach in einem kurzen Begleitschreiben. Den Empfängern wurde in dem Gutachten weitgehende Verfassungstreue bescheinigt: "In der Gesamtschau der gesammelten Erkenntnisse zur AfD Berlin sind keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich, die die Schwelle zum Verdachtsfall überschreiten", zitierte der Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB) am Montag aus dem Dokument.
Die Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport hatte wegen der Indiskretion vergangene Woche Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt und "erste technische Sicherungsmaßnahmen innerhalb der Abteilung II veranlasst". Der zuständige Referatsleiter sei "aus Fürsorgegründen" bis auf weiteres von seiner Dienstverpflichtung freigestellt, twitterte die Senatsverwaltung.