AfD ante portas?

Ein Gastkommentar des ehemaligen verteidigungspolitischen Sprechers der CDU/CSU zur Sachsenwahl

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Ereignisse zwischen Rostock und Pirna haben große Auswirkungen auf das heutige Deutschland. Zuletzt war dies in Zusammenhang mit der Wiedervereinigung Deutschlands festzustellen. Das Standbein für die daraus resultierende Entwicklung war in Bonn fest verankert, die Absprachen zwischen dem sowjetischen Generalsekretär Gorbatschow und dem deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl auch - das sichtbare Spielbein für die folgenreiche Entwicklung musste man zwischen Erzgebirge und Ostsee verorten. In das allgemeine Bewusstsein drang danach die Feststellung, nach der das wiedervereinigte Deutschland "östlicher und protestantischer" werde.

Wenn man sich die Reden des heutigen Bundespräsidenten, Herrn Gauck, über Deutschlands Griff zu den Waffen anhört, dann dürfte das wiedervereinigte Deutschland nach dem Willen von "ganz oben" auch kriegerischer werden. Nicht zuletzt die jetzt im Bundestag beschlossene Abkehr von Jahrzehnten deutscher Zurückhaltung im "Krieg führen" und bei dem Anheizen von Konflikten dürfte dieser Überlegung neue Nahrung geben, nachdem die deutsche Bundeskanzlerin erneut Grundfesten der deutschen Politik entschlossen über Bord geworfen hat.

Das Wahlergebnis in Sachsen lässt vermuten, auch hier ein Signal für wesentliche Veränderungen, diesmal in der Parteienlandschaft, verortet werden kann: Heute Dresden und in vierzehn Tagen Erfurt und Potsdam? Jedenfalls, was die Zustimmung der sächsischen Wähler für eine ziemlich amorphe Parteien-Neugründung anbetrifft.

Vielleicht hat es etwas mit Dingen zu tun, die man in Mannheim oder Kleve so nicht versteht, wenn Bürger der AfD ihre Stimme gegeben haben, die damit eine rationalere Politik gegenüber dem Nachbarn Russland gefordert haben könnten. Die dürften allerdings enttäuscht werden. Sie haben unter Umständen die jüngsten Brüsseler Entscheidungen von AfD-Mitgliedern im Europa-Parlament nicht beachtet.

Schneller, als die Wähler das erwarten konnten hat man zum Leidwesen des brandenburgischen AfD-Vorsitzenden Gauland bei den von den USA gewünschten Sanktionen gegen Russland mitgemacht, obwohl Parteitagsbeschlüsse etwas anderes nahegelegt hatten.

Diese Beflissenheit gegenüber Wünschen aus Washington sollte allerdings bei einer Partei nicht überraschen, die einen Abgeordneten namens Hans-Olaf Henkel in ihren Reihen zählt. Unvergessen sind seine massenhaften Auftritte in deutschen Fernseh-Spartensendern in den neunziger Jahren, als es galt, die deutsche Wirtschafts- und Sozialordnung, allgemein als "soziale Marktwirtschaft" bekannt, auf das amerikanische Globalinteresse von "Shareholder Value" umzupolen.

Der Leipziger Parteitag der CDU im Jahre 2002 hat diese "Shareholder-Value-Welle" mit dem von der heutigen Bundeskanzlerin umgesetzten Konzept einer CDU als "Turbo-FDP" zur Vollendung getrieben, obwohl es doch der Markenkern der CDU war, Partei der Sozialen Marktwirtschaft zu sein. Seither wird alles unternommen, eine erfolgreiche Wirtschafts- und Sozialordnung in der Form der "Sozialen Marktwirtschaft" zu einer "marktgerechten Demokratie" verkümmern zu lassen, wie sie in London und Washington als gerade hinnehmbar empfunden wird.

Die CDU hat der FDP die Unterstützung verweigert

Wenn allerdings das Wahlergebnis in Sachsen als neue ostdeutsche "Wundertüte" für wechselwillige deutsche Wähler empfunden wird, sollte man Ergebnis und Ursache nicht verwechseln. Die Ursache wurde genau vor einem Jahr durch die CDU-Bundesvorsitzende und Bundeskanzlerin, Frau Dr. Merkel, mit ihrem "Liebesentzug" gegen den Rat des langjährigen Parteivorsitzenden, Bundeskanzler a. D, Dr. Helmut Kohl, gesetzt.

Niemand in Deutschland hat die Ratio für das massive Vorgehen der Bundeskanzlerin gegen die FDP vor und bei der letzten Bundestagswahl 2013 verstehen können. Es gehörte zum Grundwissen des politischen Deutschland, nach dem die FDP bei jedem ihrer Wahlergebnisse lediglich rund drei Prozent als eigene Anhänger bewerten konnte, um die Differenz zum eigentlichen Wahlergebnis durch Wahl-Kaperzüge bei anderen Parteien oder Nichtwählern einfahren zu können.

Dafür war aber die Unterstützung der CDU/CSU zugunsten der FDP bei der letzten Bundestagswahl erforderlich, die seitens Frau Dr. Merkel schnöde und gegen jede und jahrzehntelange Praxis - auch seitens der SPD - verweigert worden war. Ob Frau Dr. Merkel nun die FDP wegen deren störrischer Haltung bei kriegerischen Abenteuern loswerden wollte oder die FDP gegen die Kriegsbefürworter von den "Grünen" eingetauscht werden sollten, das spielt heute alles keine Rolle mehr.

Wirksam bleibt der Umstand, dass die FDP unter die Wasserkante gedrückt worden ist - und zwar durch den Koalitionspartner. Damit sind auch noch die eigenen drei Prozent aus einem jeden Wahlergebnis seitens der FDP herrenlos und unbeachtlich geblieben. Unabhängig von der Frage, in welchem Maße sich die Union dadurch ins eigene Knie geschossen hat, weil ein bürgerlicher Koalitionspartner durch die CDU/CSU selbst ins politische Aus gestellt worden ist.

Warum sollen CDU/CSU diesen Schritt nicht noch einmal heftig bedauern? Die Zeit kommt. Man muss dafür nicht im "politischen Kaffeesatz" lesen. Die Gründe dafür liegen heute schon auf der Hand, wenn man sich die in weiten Teilen statische CDU unter ihrer Parteichefin, Frau Dr. Merkel, ansieht. Seit langem wird in den deutschen Leitmedien festgestellt, dass die CDU in hohem Maße konturlos ist und dass politische Schwergewichte neben der Parteivorsitzenden blasse Erinnerungen an die Vergangenheit sind.

Der "Notnagel", der die CDU vor dem demnächst zu Tage tretenden Wählerwillen bewahrt, hält derzeit noch, wie die immer schlechter werdenden Wahlergebnisse nur notdürftig übertünchen. Bei dem, was unter diesen Umständen "nach Merkel" von der CDU noch übrig bleiben wird, werden sich die politischen Mitbewerber freuen, die bis dahin ihr politisches Haus in Ordnung gebracht haben werden. Vielleicht versuchen es deutsche Parteien wieder mal mit dem, was deutsche Wähler von ihnen erwarten - und nicht mit dem, was ihnen "aus dem Bündnis" nahegebracht wird.

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