AfD in Sachsen stärkste Kraft: Was könnte die neue Wagenknecht-Partei ändern?
Ihr Wahlantritt ist ungewiss: Im Bund soll sie am 8. Januar gegründet werden. In Sachsen sieht es trotz scheinbar großer Zielgruppe anders aus.
Die AfD ist in Sachsen laut einer Umfrage mit 37 Prozent stärkste Kraft – gefolgt von der CDU mit 33 Prozent. Zwei Ampel-Parteien würden laut der Befragung des Meinungsforschungsinstituts Civey und der "Sächsischen Zeitung" (Dienstag) aus dem Landesparlament fliegen, wenn in Sachsen "am nächsten Sonntag" gewählt würde.
Die SPD liegt demnach aktuell bei drei Prozent, die FDP kommt nur noch auf ein Prozent. Auch die Grünen mit sieben Prozent und die Linke mit acht Prozent landeten weit abgeschlagen hinter AfD und CDU.
Die Befragung wurde allerdings schon zwischen 18. Dezember und 1. Januar online durchgeführt. 3.004 Menschen nahmen daran teil. Die Ergebnisse sind nach Angaben des Instituts repräsentativ unter Berücksichtigung der Fehlertoleranz (2,9 Prozent).
Ein Unsicherheitsfaktor für den Erfolg der AfD wäre noch das "Bündnis Sahra Wagenknecht", das bundesweit bereits am 8. Januar eine Partei gründen will – ein sächsischer Landesverband könnte aber nach Angaben der Ex-Linke-Politikerin Sabine Zimmermann auch erst im April zustande kommen und hätte dann nur fünf Monate bis zur Landtagswahl am 1. September.
Wählerpotenzial angeblich zwischen 14,5 und 23 Prozent
Rund 100 Interessierte aus dem Bundesland hatten sich demnach vor gut einem Monat gemeldet, um aktiv mitzumischen. Das Wählerpotenzial der neuen "linkskonservativen" Kraft beträgt aber in Sachsen laut Umfragen zur "Wahlkreisprognose" (WK) zwischen 14,5 und 23 Prozent. Letzteres ergab eine Umfrage im Oktober kurz nach der offiziellen Verkündung der Parteigründungsabsicht.
Bei 14,5 Prozent landete das Projekt im Vergleich mit anderen Parteien im November. Damals hieß es in der Wahlkreisprognose, die Linke, aus der Wagenknecht 2023 ausgetreten ist, würde in diesem Fall mit 4,5 Prozent aus dem sächsischen Landesparlament fliegen.
Ganz so düster sah es für Die Linke in der jüngsten Civey-Sonntagsfrage mit acht Prozent nicht aus – allerdings wurde nach dem BSW hier nicht explizit gefragt, es rangiert dort im Bereich der "Sonstigen", zumal noch unsicher ist, ob das Bündnis im Sachsen überhaupt antreten wird.
Wahlantritt fest beabsichtigt
Die Bundesabgeordnete Sevim Dagdelen, die der Gruppe um Sahra Wagenknecht angehört, gab sich vor wenigen Tagen optimistisch: "Als 'Bündnis Sahra Wagenknecht‘ möchten wir bei den kommenden Landtagswahlen unbedingt antreten. Wir bemühen uns sehr und werden alles dafür tun, um bei den Wahlen in Ostdeutschland vernünftig und seriös ein Angebot für die Wähler zu machen", erklärte sie am 29. Dezember im ZDF-Morgenmagazin.
Das BSW hat sich von der Linkspartei mit dem Vorwurf abgespalten, sie nehme die soziale Frage nicht mehr ernst genug. Programmatisch und in Veröffentlichungen des Parteivorstands wie dem "Sofortprogramm für Klimaschutz und sozialen Zusammenhalt" lässt sich das zwar kaum nachweisen.
Auch will die AfD als mutmaßliche "Protestpartei" den Sozialabbau der letzten Jahrzehnte keineswegs rückgängig machen, sondern plant selbst harte Einschnitte für Langzeiterwerbslose. Aber das scheint potenziell Betroffenen, die sie wählen würden, gar nicht bewusst zu sein.
Was nützt oder schadet der AfD?
Die Frage ist außerdem, ob die Selbstdarstellung der AfD als einzig wahre Opposition umso mehr verfängt, wenn Die Linke bei drohenden Wahlerfolgen der Rechtspopulisten mit etablierten Parteien zusammenrückt.
Im Fall des ersten AfD-Landrats und des ersten Oberbürgermeisters auf dem Ticket der AfD im Osten Deutschlands war die Strategie, von SPD, FDP, Linken und Grünen, jeweils den Gegenkandidaten der CDU zu unterstützen, jedenfalls nicht erfolgreich.
Sahra Wagenknecht will erklärtermaßen "Protestwähler" zurückgewinnen, die in den letzten Jahren ihr Kreuz bei der AfD gemacht haben. Sie hatte auch in ihrer Ex-Partei für diese Strategie geworben, manche hatten ihr dort Rassismus und das "Fischen am rechten Rand" vorgeworfen.
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Dagdelen erklärte diesbezüglich im ZDF-Morgenmagazin, im Gegensatz zur Linken lehne das BSW zwar eine Politik der offenen Grenzen ab, befürworte aber eine humanitäre Asylpolitik.
Wagenknecht hat bisher keine "Zugpferde" in Sachsen
Nach Auseinandersetzungen im sächsischen Landesverband der Linken über Gründung einer möglichen Wagenknecht-Partei hatten sich im Sommer 2023 alle 19 sächsischen Abgeordneten aus dem Bundestag, dem Europaparlament und dem Landtag zur Partei Die Linke bekannt.
Darunter auch der Leipziger Bundestagsabgeordnete Sören Pellmann, der bei der Bundestagswahl 2021 eines der drei Direktmandate gewonnen hatte, denen die Die Linke mit nur 4,9 Prozent ihren Wiedereinzug verdankte. Auch Wagenknecht selbst gehört zu den Nutznießerinnen, während alle drei Wahlkreisgewinner in ihrer Ex-Partei bleiben wollen.
In Sachsen konnte Wagenknecht bisher keine vergleichbaren "Zugpferde" aus der Linkspartei auf ihre Seite ziehen. Sie selbst lebt im Saarland und trat zuletzt auf der Landesliste in NRW zur Bundestagswahl an. Sören Pellmann hatte bis zuletzt versucht, eine Spaltung der Linken zu verhindern. Als Wagenknecht und weitere Abgeordnete austraten, hatte unter anderem er sie zum Mandatsverzicht aufgefordert.
Unklar ist, wie aussagekräftig Umfragen über eine offiziell noch nicht gegründete Partei unabhängig von Wahlkampfkapazitäten und starken Persönlichkeiten vor Ort sein können, da es dafür kaum historische Beispiele gibt.