AfD verbieten? Wenn Politiker lieber Pfründe sichern als die Rechte bekämpfen
Die AfD-Verbotsdebatte gewinnt an Fahrt. Parteien von links bis rechts beteiligen sich daran. Doch stärkt das wirklich den Kampf gegen Rechts? Ein Kommentar.
Die Politik, auch die der Koalitionsparteien, rückt immer weiter nach rechts. Die Abwehr von Flüchtlingen soll intensiviert werden. Das haben sogar einige Sozialdemokraten bemerkt, die in offenen Briefen an ihre Parteiführung appellierten, beim Weg nach rechts nicht mitzuspielen.
Wer sich nur ein wenig mit der sozialdemokratischen Geschichte auskennt, weiß, wer sich da durchsetzt. Junge Grüne aus verschiedenen Bundesländern, die in den vergangenen Jahren noch einige kleine linke Diskussionszirkel gebildet hatten, wollen aus ihrer Nischenrolle ohne jeden Einfluss auf die Partei heraus und verlassen ihre bisherige Partei.
Es wird sich zeigen, ob daraus noch ein linkes Projekt entsteht oder ob der Austritt ohne Folgen bleibt, wie andere sogenannte Linksabspaltungen bei den Grünen in der Vergangenheit.
Zumindest haben auch die jungen Grünen klar erkannt, dass von ihrer Ex-Partei kein Widerstand gegen die Rechtsentwicklung erfolgen wird. Sie treiben sie vielmehr mit voran.
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Dazu steht auch nicht im Widerspruch, dass auch Bundestagsabgeordnete der Grünen beim Einbringen eines Antrags in den Bundestag beteiligt sind, mit dem ein Verfahren zum Verbot der AfD in die Wege geleitet werden soll.
Seit Monaten ist vorwiegend der CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz im Hinblick auf AfD-Verbot aktiv, nachdem er von der CDU auf die Hinterbänke des Bundestags verbannt wurde, will er sich wohl damit profilieren.
Er hat dafür aber nicht die Rückendeckung seiner eigenen Partei, vielmehr gibt es an dem Vorstoß Kritik sowohl bei den Unionsparteien als auch bei der SPD. Sie sehen hier einen Schnellschuss, der eher der AfD nutzen könnte.
Auch Linksparteiabgeordnete dabei
In dieser parteiübergreifenden Front machen auch Abgeordnete der Linkspartei mit. Dabei gibt es von Seiten der Unionsparteien noch immer einen Unvereinbarkeitsbeschluss zur Linken. Als sie noch ein politischer Faktor war, gab es auch schon mal Verbotsdrohungen gegen sie selbst.
Und heute, da es um die Existenz der Partei geht, fällt manchen Abgeordneten nichts anderes ein, als sich da mit einzureihen, wo sie niemand braucht.
Dabei hat die Verbotsdiskussion mit Antifaschismus rein gar nichts zu tun. Das merkt man schon daran, dass nicht wenige Unterstützer der Verbotsinitiative sich besonders für den Kampf der prodeutschen Fraktion des Nationalismus in der Ukraine exponieren und sich dabei weder an rechten Kampfverbänden wie Asow noch an den Denkmälern des Antisemiten Bandera stören.
Dazu gehört auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter, der immer dazu aufruft, den Krieg auch noch weiter nach Russland hineinzutragen.
Wer solche Töne in einem Land tätigt, das vor 80 Jahren noch einen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion geführt hat, hat nichts im Sinn mit dem Kampf gegen Rechts, der ja schon die Schwundstufe eines Antifaschismus ist, der noch wusste, dass Faschisten nur im Bündnis mit dem Kapital an die Macht kommen können.
Der Antrag zum AfD-Verbot aber dient nur dazu, dass die Parteien, die bisher ihre Pfründe unter sich aufgeteilt haben, sich von einem Konkurrenten diese nicht streitig machen lassen wollen.
Phrasen statt Analyse
Da kommen dann die immer gleichen Phrasen von den Demokratiefeinden, die natürlich austauschbar sind. Denn die andere Seite kann denen, die Parteien verbieten wollen, die gleiche Phrase an den Kopf werfen.
Dann wird der AfD vorgeworfen, sie wolle die Demokratie verächtlich machen, was schon ein Vorwurf aus dem Arsenal der autoritären Werkzeugkiste ist, genauso wie der Vorwurf der Verhöhnung der Demokratie.
Wenn dann noch die Szenen bei der Konstituierung des Thüringer Landtages herangezogen werden, wo sich doch nur die AfD und die anderen Parteien um Formalien stritten, dann weiß man, dass es um die Sicherung von Pfründen geht.
Das haben ja im Fall von Thüringen auch manche Politiker hinterher offen gesagt. Sie kritisierten, dass man nicht bereits vor den Wahlen die Regeln so änderte, dass nicht – wie bisher – die stärkste Partei den Landtagspräsidenten stellt, sondern erst dann, als klar war, dass dieses Mal die AfD die stärkste Partei ist.
Das merken natürlich die Wähler, und das bringt dann im Zweifel der AfD noch mehr Stimmen. In Thüringen hat auch die BSW mitgespielt, was nicht nur auf Zustimmung bei ihren Anhängern gestoßen ist.
Bei der Verbotsvorlage im Bundestag zumindest wird vom BSW niemand dabei sein. Wagenknecht spricht sogar vom dümmsten Vorschlag des Jahres.
Linke akzeptieren Geheimdienste und autoritäre Maßnahmen
Man braucht solche Superlative nicht zu bemühen. Mit der Referentin beim Komitee für Grundrechte und Demokratie, Michelle Winkler, kann man zum AfD-Verbot feststellen:
Das ist ein Fehler, denn wenn Linke ihre Kritik an Repression, autoritären Maßnahmen und Geheimdiensten aufgeben (oder strategisch ausblenden), dann steht deren fortschreitender Gewalt nichts mehr im Wege. Dass sich staatliche Gewalt zuverlässig gegen emanzipatorische Bewegungen richtet, hat sich über die Jahrzehnte als Konstante erwiesen. Mitten in den Vielfachkrisen der Gegenwart, für deren Bewältigung alles in Frage gestellt und verändert werden muss, verlassen sich Antifaschist*innen auf eben die Behörden, die Rassismus zuverlässig verleugnen und rechten Terror nicht aufdecken wollten. Um Esther Bejarano zu zitieren: "Wer gegen Nazis kämpft, kann sich auf den Staat nicht verlassen." Niemals..
Alle, die das AfD-Verbot im Sinne von Wanderwitz und Co. unterstützen, akzeptieren damit die Totalitarismustheorie und die Existenz von Geheimdiensten in Deutschland, gegen die die linke Bewegung immer gekämpft hat. Das ist selbst Ausdruck einer Rechtsverschiebung. Daher ist das AfD-Verbot weder ein Beitrag zum Antifaschismus noch ein Mittel im Kampf gegen Rechts.