Afghanistan-Mandat: So betrügt der Bundestag sich und die Öffentlichkeit

Seite 2: Taliban kontrollieren die Lage und arbeiten mit westlichen Militärs

Die Realität freilich sieht ganz anders aus. Intern gesteht das Bundesverteidigungsministerium ein, dass bis zu 300.000 Geflüchtete im Stadtgebiet von Kabul, vor allem aber vor den Betonmauern des internationalen Flughafens der Hauptstadt campierten.

Wiederholt ist es in den vergangenen Tagen zu Massenpaniken gekommen, zum Schusswaffeneinsatz überforderter westlicher Militärs gegen Zivilisten und zu einem undurchsichtigen Angriff am nördlichen Tor des Flugfeldes.

Dass es bisher keine größere militärische Eskalation gegeben hat, liegt allein in der Zurückhaltung der Taliban begründet, und damit offensichtlich in Verhandlungen mit dem US-Militär.

Und eben das ist die so einfache wie brutale Wahrheit, die man in Berlin nach wie vor nicht anzuerkennen bereit ist: Die Taliban haben den Krieg gewonnen. Wer in Afghanistan etwas erreichen will, muss mit ihnen reden.

Das mag schwer zu akzeptieren sein, ist aber längst Realität. Denn während UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet von Hinweisen auf Massenhinrichtungen durch Taliban berichtet, arbeiten britische Soldaten nach Angaben der BBC mit den radikalislamischen Milizionären. Nördliche Teile des Flughafens befinden sich zudem bereits unter Kontrolle von Spezialeinheiten der Taliban.

Die militärische Evakuierung ist damit nicht nur im höchsten Maße von den neuen Machthabern abhängig. Sie verläuft auch derart schleppend, dass die Zielmarke von 10.000 Evakuierten wohl deutlich verfehlt werden wird. Nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums wurden vom 16. bis zum 23. August 3.442 Personen durch die Bundeswehr außer Landes gebracht, darunter 302 Deutsche.

In der verbleibenden Woche wird das Tempo nicht angehoben werden. Ganz im Gegenteil ist eine Eskalation nicht unwahrscheinlich, in Regierungsdokumenten ist immer wieder von einer "volatilen Lage" die Rede. Brigadegeneral Jens Arlt, der das Bundeswehrkontingent befehligt, gestand bereits ein, dass es unter dem bestehenden Zeitdruck "jederzeit" zu einer weiteren Eskalation kommen könnte.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.