Afrin: Der türkische Vormarsch stockt

Angeblicher Angriff der türkischen Luftwaffe auf das Dorf El-Xezawiyê im Bezirk Şêrawa in Efrîn. Bild: ANF

Indessen ärgert sich Erdogan auch über die USA und verspricht, dass es keinen "Terroristen" an der Grenze bis zum Irak mehr geben werde

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Seit einer Woche läuft die Operation Olive Branch, die Furcht und Schrecken über die "Terroristen" in Afrin, im Nordwesten Syriens bringen sollte. Bislang kann noch kein entscheidender militärischer Erfolg seitens der türkischen Armee verzeichnet werden. Als einzig bedeutsame Auswirkung der letzten Tage steht das schwer belastete Verhältnis zwischen der Türkei und den USA, worüber sich nach Beobachtern auch die Nato sorgen muss.

Von dort kommen Appelle, wie etwa vom früheren Nato-Europa-Kommandeur (SACEUR) James Stavridis, der auf eine stärkere Unterstützung der Türkei drängt. Auch der im Experten-Milieu bekannte Spezialist für Syrien, Middle-East-Professor Joshua Landis ("Syria Comment"), mahnt in einem längeren Artikel zu Nordsyrien an, dass sich die USA nicht zu sehr mit dem "Projekt der Kurden" identifizieren und etwas Abstand halten sollen.

Der gekränkte türkische Präsident

Indessen meint man aus Erdogans Worten weiter Kränkung herauszulesen. Das Telefongespräch zwischen Erdogan und Trump vergangenen Mittwoch wurde seitens des amerikanischen Präsidenten anscheinend mit ungewohnt scharfen Vorwurfen geführt. Er warf Erdogan eine "destruktive und falsche Rhetorik" vor, worauf sich die türkische Diplomatie mit der Behauptung ins Zeug legte, dass es diese Behauptung gar nicht gab (siehe: Afrin: Erdogan als Helfer der Regierung).

Wie allerdings die Rede Erdogans vor AKP-Parteimitgliedern in Ankara demonstriert, ist von Trumps Äußerungen einiges beim türkischen Präsidenten hängengeblieben, etwa das "Verbot die USA zu kritisieren", an dem Erdogan, wie man einem Hurriyet-Bericht entnehmen kann, noch zu kauen hat.

Erdogan gab sich demnach in seiner Ansprache vor den AKP-Mitgliedern entschlossen, den Kampf gegen die "Terroristen" weiterzuführen, "bis es keinen Terroristen mehr an unserer Grenze, die bis zum Irak führt, gibt". Mit der (wiederholten) Ankündigung der Ausweitung der Kampfzone bis zum Irak signalisierte Erdogan, dass er sich nicht den Maßgaben der US-Administration zu beugen gedenkt.

Trump und sein Außenminister Tillerson drängten zuletzt deutlich auf Zurückhaltung, "De-Eskalation", und meinten konkret, dass eine Operation in Manbij keine wirklich gute Idee sei, weil sich dort in der Nähe US-Truppen befinden, die mit den SDF, bzw. YPG-Milizen kooperieren. Dies könnte auf einen Schlagabtausch zulaufen, der auf jeden Fall zu vermeiden sei. Erdogan, der sich nicht wirklich in seinen Gestaltungsplänen in der Region stören lassen will, wo er sich in einer langen, ottomanischen Tradition begreift, trotzt diesen Vorgaben aus dem fernen Washington - zumindest in seinen Reden:

Wir werden die Operation Olive Branch fortsetzen, bis sie ihre Ziele erreicht. Wir werden Manbij von Terroristen befreien, wie wir das zuvor schon versprochen hatten. Unsere Kämpfe werden weitergehen, bis es keinen Terroristen mehr an unserer Grenze bis zum Irak gibt.

Recep Tayyip Erdogan

Man hat Fahnen, die geschwenkt werden, vor dem geistigen Auge und Militärmärsche in den Ohren: Die Ansagen des türkischen Präsident sind von Kriegsrhetorik geprägt, der Kampfgeist soll beschworen werden. Den Sound dazu gibt es in sehr viel härterer, ungeschliffener Form in seinem Umkreis. Bei den konkreten Ergebnissen wird es allerdings etwas dünn.

Rhetorik und konkrete Ergebnisse

Die Verbündeten der türkischen Armee, die wie im Fall der al-Qaida-Miliz Jabath al-Nusra als "Terroristen" zu bezeichnen sind, sind zumindest teilweise offensichtlich "high" von dieser Rhetorik. Was sich zum Beispiel an der Kriegserklärung einer "FSA"-Miliz an die USA zeigt, die von den USA ausgebildet und mit Waffen versorgt wurden.

Später ruderte Haitham Afeisi, Kommandeur der von der Türkei befehligten "Syrischen Nationalarmee" (al-Jaysh al-Watani), dann zurück. Er sei falsch zitiert worden, als er sagte, dass man auch gegen US-Streitkräfte in der Region bei Manbij kämpfen würde.

Es ist nicht die einzige Unklarheit, eine von den kleinen. Zu den großen gehört das Ziel der türkischen Operation "Olive Branch". Worum geht es der türkischen Regierung genau? Berichtet wird von einem großen Streifen entlang der türkisch-syrischen Grenze bis zum Irak, der eine Sicherheitszone werden soll. Allerdings bestünden hier keine soliden Abmachungen, die ein solch gigantisches Projekt benötigt.