Afrin - das türkische Protektorat
Seite 3: Kriegsverbrechen
Im Bericht der UN werden der Sultan Murad Brigade Kriegsverbrechen vorgeworfen wie z.B. die Bombardierung eines kurdischen Viertels in Aleppo, bei der mindestens 83 Zivilisten und 30 Kinder ums Leben kamen. In dem UN-Bericht sind auch Fälle von illegaler Inhaftierung und Folterung von Kriegsgefangenen, Plünderung und Zwangsumsiedlung in Afrin dokumentiert.
Die salafistische Miliz Jaysh al-Islam war die größte Fraktion in der Stadt Douma und der Region von Ost-Ghouta und hatte die Region jahrelang unter Kontrolle. Sie verfügte über Niederlassungen in Aleppo und Idlib. Als die Assad-Regierung 2018 die Kontrolle über das Gebiet zurückerlangte, wurden mindestens 1.500 Jaysh al-Islam-Kämpfer und 3.500 Familienmitglieder nach Norden in die türkisch besetzten Gebiete transportiert und in den Häusern der zuvor von der FSA vertriebenen kurdischen Bevölkerung untergebracht.
Nun stehen sie auf der türkischen Gehaltsliste unter dem Dach der FSA bzw. der Syrischen Nationalen Armee. Die ebenfalls unter dem Dach der FSA agierende Hamza Division und Ahrar al-Sharqiya sollen dem UNHCR-Bericht vom Juni 2018 zufolge 10 Zivilisten an einem Checkpoint in Afrin hingerichtet haben.
Zweimal soll die Hamza-Brigade in Krankenhäuser eingedrungen sein, um sich geschossen und Krankenschwestern bedroht haben. Ein Video zeigt, wie die ebenfalls unter der FSA agierende Miliz Liwa al-Mutaseem gefangene YPG-Soldaten prügelt und auf ihnen herumtrampelt. Die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) berichtet, dass die Badr Märtyrerbrigade, die für den Tod von mehr als 203 Zivilisten in Aleppo verantwortlich ist, nun unter dem Namen 16. Division in Afrin aktiv ist.
Amnesty berichtet, dass Milizen wie Faylaq al-Sham, Ferqa 55 und Ahrar al-Sharqiya gemeinsam mit der 16. Division an der Beschlagnahmung von Eigentum in Afrin beteiligt waren. Frauen sind besonders oft Kriegsverbrechen ausgesetzt. In einem umfassenden Bericht des Rojava Information Centers wird der weltweit bekannt gewordene Fall der in Afrin getöteten YPJ-Kämpferin Barin Kobane geschildert. Ihr Körper wurde verstümmelt und geschändet.
Es wird von Vergewaltigungen und Entführungen berichtet. Ein von den Vergewaltigern aufgenommenes Video zeigt den sexuellen Missbrauch eines 13- oder 14-jährigen Mädchens. Eine lokale Frauenorganisation dokumentierte die Entführung von 150 Frauen durch die von der Türkei unterstützten Milizen. Im Dorf Selûrê wurde eine Schwangere vergewaltigt und gefoltert - sie verlor anschließend ihr Kind.
Drei Mitglieder der FSA sollen ein zweijähriges Mädchen zusammen mit ihrer Mutter vergewaltigt haben. Die faschistischen Grauen Wölfe sollen nach einem Bericht von SOHR ebenfalls an der Seite der islamistischen Milizen in Afrin kämpfen.
Fazit: Es sieht nicht danach aus, dass die Türkei ihr erobertes syrisches Territorium wieder hergeben wird. Je länger die Besatzung dauert, desto hoffnungsloser wird es für die vertriebene kurdische Bevölkerung, jemals wieder zurückkehren zu können. Durch die Übermacht der islamistischen Milizen, in denen auch IS-Kämpfer mitwirken, besteht die Gefahr, dass sich der IS dort mit Hilfe der Türkei wieder neu formieren kann.