Alle haben Angst vor Donald J. Trump

Seite 2: Der Schlüssel zu einer weniger dystopischen Zukunft

So oder so läge der Schlüssel zu einer weniger dystopischen Zukunft wohl eher darin, ein Programm aufzulegen, das Menschen begeistert, die bisher komplett entfremdet vom politischen System leben und die zu den ca. 35 Prozent gehören, die trotz historisch hoher Wahlbeteiligung 2020 nicht gewählt haben.

Das verspricht mehr als Erfolg, als Trump Wähler dadurch abspenstig zu machen, indem man verspricht rein gar nichts zu ändern, wie dies Joe Biden seit 2020 praktiziert.

Auch unterstellt das Szenario für den "ewigen Trump", dass dieser noch einmal Präsident werden möchte und dies dann auf Lebenszeit. Dem Ex-Präsidenten könnte man Charisma attestieren; dass er eine devote, ihm treu ergeben Gruppe an Wählerinnen und Wählern hat, die kein Problem mit ihm als letzten Präsidenten der USA hätten, ist offensichtlich. Aber es gibt einiges, was gegen die Modellierung der Herrschaft eines "endless Trump" spricht.

Der Mann ist keineswegs ein Nixon, der in der Präsidentschaft seine Bestimmung sah und seine Gegner rigoros verfolgte. Trumps Wille zur Macht geht anscheinend nicht viel nicht weiter als zur Befriedigung des unbedingten Bedürfnisses, hin und wieder vor einer ihm treu ergebenen Menge auftreten zu dürfen, und direkten Kontakt zu seinen Lieblingsmedia-Personen zu pflegen.

Auch ist er kein Kennedy oder Bush, der in seinen Kindern logische Nachfolger für das "Oval Office" sieht. Natürlich ist Trump Nepotismus keineswegs fremd und seine direkte Familie übernahm wichtige Rollen in seine Administration, doch war die Personalie Kushner mehr ein Mittel zum Zweck, als dass sein Schwiegersohn als potenzieller Nachfolger aufgebaut wurde; auch bei Trumps Söhnen gab es keine Anzeichen für derartige Pläne. Eine antidemokratische Trump-Dynastie im Weißen Haus - wie im Roman "The Fuck It List" von John Niven beschrieben - ist also eher unwahrscheinlich.

Ein andauerndes Regime der Republikaner?

Zudem stellt sich die Frage, warum gerade die Abschaffung einer zeitlich begrenzten Amtszeit für US-Präsidenten der letzte Nagel im Sarg der US-amerikanischen Demokratie sein soll. In unserer "perfekten" Demokratie in Deutschland existiert diese ja auch nicht. Wahrscheinlich gehen die Autoren ganz richtig davon aus, dass die Republikanische Partei trotz aller Absicherungen im Grunde nicht auf den Personenkult um Trump verzichten kann.

Auch gibt es bisher keinen Nachfolger, der die Wählerschaft auf gleiche Art und Weise begeistert. Ein andauerndes Republikanisches Regime wäre also von einer unendlichen Trump-Präsidentschaft abhängig. Diese wiederum existiert nur so lange, wie die Gegenseite kein Interesse hat, der republikanischen Agenda etwas entgegenzusetzen und die stattdessen aus Angst vor tatsächlichem sozioökonomischen Wandel heraus die Mitglieder des eigenen linken Flügels als Populisten verdammt.

Gemäßigte Liberale in den USA laufen immer in Gefahr, sich vor einem Ende der Demokratie zu fürchten, dabei sollten sie sich eingestehen, dass der demokratische Prozess schon längst unterwandert ist. Als Reaktion darauf schreiben Autoren wie John Niven Romane über radikalen bewaffneten Widerstand gegen ein autoritäres Regime unter Trump und Familie. Solche Fantasien basieren auf der Theorie, es gebe noch so etwas wie "Checks and Balances" im System und letzte Grenzen, deren Überschreitung die Mehrheit anständiger freiheitsliebender Amerikanerinnen und Amerikanern nicht widerstandslos hinnehmen würde.

Befeuert wird dieser Irrglaube durch die U.S-Medien. Man erinnere sich nur an Trumps Präsidentschaft, als jeder neue Skandal, jeder Akt der offenen Korruption, von den liberalen Medien präsentiert wurde, als würde entweder das FBI den Präsidenten bald verhaften oder die Republikanische Partei sich so sehr schämen, dass sie einer Amtsenthebung zustimmen würde.

Stattdessen verabschiedete diese eine historisch hohe Steuersenkung für Superreiche, die sich selbst bei einigen konservativen Wählern als so unbeliebt erwies, dass der damalige "Speaker of the House" und Trump "Kritiker" Paul Ryan vorsorglich beschloss, sich lieber kein weiteres Mal zur Wahl zu stellen. Ryan ließ allerdings im gleichen Atemzug verlauten "die Steuersenkung sei die Trump-Präsidentschaft wert gewesen".

Man vergleiche ein solches Verhalten mit dem des demokratischen Senators Joe Manchin, der angeblich die Reformen seines eigenen Präsidenten aufhält, weil dieser gemein zu ihm gewesen sei. Oder aber, weil er sich gewissen Wirtschaftszweigen eventuell eher verpflichtet fühlt als seiner Partei, seinem Präsidenten, geschweige denn seinen Wähler.

Die ängstlichen Demokraten - der Unterschied zu den Republikanern

Dieser Vergleich zeigt das tatsächliche Problem. Die Republikanischen Partei und die von ihnen vertretenen Interessengruppen haben klare politische Ziele und sind bereit, diese mit allen Mitteln umzusetzen, zu einem gewissen Grad auch gegen den Willen der eigenen Wähler - egal, wie viel Schaden demokratische Institutionen dabei nehmen.

Auf der anderen Seite stehen die Demokraten zitternd vor Angst, weil sie während und nach Obamas Amtszeit insgeheim davon ausgegangen waren, dass es nach Bush Jr. nie wieder einen republikanischen Präsidenten geben wird. Und hieraus ergibt sich das Selbstverständnis der Demokratischen Partei in der Post-Obama-Gegenwart. Man könnte es so formulieren: Es gibt weder den Plan noch das Interesse, tatsächlich politische Ziele zu verfolgen.

Eher sieht sich das Establishment der Demokratischen Partei als Unterhändler zwischen Wählern, Republikanern und Wirtschaftsinteressen, als eine Art Elite in der Mitte der Gesellschaft. So hält man moderaten Republikanern immer eine Hintertür offen, ja freut sich über die leiseste Kritik an Trump, und das auf Kosten des eigenen linken Flügels.

Diese Rolle basiert auf dem Glauben eines liberalen allgemeingültigen amerikanischen Verständnisses von Demokratie und geteilter Ehrfurcht vor ihren Institutionen. Die Republikaner haben längst erkannt, dass ihr Überleben von der Unterwanderung und Auflösung eben dieser Institutionen abhängig ist. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Demokraten dies erkennen und anfangen, für die Demokratie zu streiten, wenn auch nicht für Ihre Wähler, dann vielleicht wenigstens aus Selbsterhaltungstrieb.