Am Abend der Niederlage der Rechten beginnt der Kampf um 2027
- Am Abend der Niederlage der Rechten beginnt der Kampf um 2027
- "Anti-Europäisch zu sein, macht keinen Sinn"
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Deutsche schaut nach Frankreich: Stimmen zu Macrons großem Wahlsieg und seiner nahen Zukunft
Auf dem Marsfeld läuft zunächst "The Wall" von Pink Floyd. Dann um Punkt 20 Uhr, als die ersten Hochrechnungen verkündet werden, brandet Jubel auf. Knapp eineinhalb Stunden später marschiert der wiedergewählte französische Präsident mit einem Pathos, wie es deutschen Politikern leider komplett fremd ist, durch die Menge. Ein Alptraum für seine Sicherheitsbeamten. Dazu läuft der Vierte Satz von Beethovens 9. Symphonie.
Hand in Hand mit seiner Frau Brigitte und mit vier Kindern vor einer ganzen Gruppe junger Franzosen. Sie verkörpern Zukunft und Vielfalt des Landes. Nicht nur bei den Alten, den Rentnern, sondern auch bei den Jungen und jungen Erwachsenen, der Kohorte 18-34 Jahre, hat Macron einen klaren Vorsprung. Je gebildeter sie sind, desto größer.
Historisches Resultat
Die Wahl des Beethoven-Stücks ist auch keineswegs nur, wie es von deutschen Kommentatoren eilfertig ihrem Wunschdenken entsprechend erklärt wurde, die Wahl der Europa-Hymne. Es ist vielmehr auch der Brückenschlag vierzig Jahre zurück: Anlässlich seiner Amtseinführung marschierte Francois Mitterand im Mai 1981 ebenfalls Hand in Hand zur gleichen Musik zum Pantheon, löste sich aus der Menge, betrat das Pantheon allein, um dort drei Rosen niederzulegen.
Macron hatte allen Grund zum Feiern. Am Ende bekam er 58,5 Prozent der Stimmen, Marine Le Pen nur 41,4 Prozent. Sein Vorsprung ist also doppelt oder dreimal so hoch, wie ihm Umfragen noch zwei Tage vorher prophezeit hatten. Man muss sich klar machen, dass niemals in der V. Republik die Wiederwahl eines Präsidenten von mehr Wählern unterstützt worden war.
Mit einer Ausnahme: Chiracs Sieg über Jean-Marie Le Pen 2002. Das beste Resultat außerdem war Mitterrands Sieg 1988 mit 55 Prozent. Aber nie zuvor war es einem Präsidenten gelungen, außerhalb einer lagerübergreifenden "Cohabitation" wiedergewählt zu werden. Wahlergebnisse in Frankreich sind immer knapp.
"Eine sehr gute Nachricht für unsere Republik"
Aus Macrons Lager hört man daher von "soulagement", Erleichterung. Mit einer ersten Erklärung meldet sich gleich, kaum eine Viertelstunde nach der ersten Hochrechnung, die Verliererin zu Wort: Marine Le Pen möchte die Diskurshoheit über der Deutung ihrer klaren Niederlage haben, und sie interpretiert diese erwartungsgemäß um in einen Sieg: Sie werde weitermachen.
Dann tritt Jean-Luc Mélanchon vor die Presse: "Eine sehr gute Nachricht für unsere Republik", dann fordert er seine Anhänger auf: "Courage! Action! Determination!" Die Parlamentswahl im Juni werde "ein dritter Wahlgang".
Ségolène Royale, 2007 gegen Sarkozy unterlegen, versucht den Zorn der pulverisierten PS in Sätze zu fassen: "Diese Wahl ist ein Damm gegen Le Pen, kein legitimes Resultat für Macron."
"Der paradoxe Präsident"
Das entspricht der Sprachregelung aller, die Macron ablehnen oder gar hassen, und es sind viele, in Politik wie Medien. Die in ihm nur den "Neoliberalen" sehen wollen, nicht den, der die Republik und die Institutionen gegen den Angriff der Wutbürger verteidigt, nicht den, der aus dem Scherbenhaufen der Selbstzerstörung der Traditionsparteien eine neues Bündnis geschmiedet hat, das liberale Mitte, gemäßigte Linke und bürgerliche Konservative vereint gegen die den selbsterklärten "Liebling des Volkes", die Rattenfängerin, die sich bei ein paar Sozialhilfeempfängern einschmeichelt, um dann zu sagen, sie sei "nahe bei den Menschen."
Macron gefällt den Anti-Zentristen nicht, allen Feinden der liberalen Ordnung. Der Figaro, nach wie vor fest in der Hand der Gaullisten, kommentiert sehr schnell: "Emmanuel Macron, der paradoxe Präsident. Gehasst und bewundert. Abgelehnt und bejubelt. Gestärkt und geschwächt. Wie der ultimative Ausdruck des "Gleichzeitigen", das er seit seinem Eintritt in die Politik fordert."
Le Pen, die Familie der Verlierer
Es folgt Eric Zemmour, der noch rechtsextremistischere der Rechtsextremen. Und hier wird es interessant: Zemmour erinnert boshaft, es sei "das achte Mal, dass eine Niederlage den Namen 'Le Pen' trägt". Er meinte die sechs vergeblichen Anläufe des Vaters Le Pen (1974 - 2007) und die der Tochter. Keine dumme Bemerkung, tatsächlich muss der Le Pen-Clan den französischen Rechtsextremen als die Familie der Verlierer erscheinen.
Dann wird klar: Zemmour will den Kampf um die Vormacht innerhalb der Rechtsextremen führen. Man stehe zwei Blöcken gegenüber: "Macron, der in seine Milieus der (Beamten- und Universitäts-)Kader vernarrt" sei mit seinen Macronisten und die "Islamolinken". Der nationale Block, verlangt Zemmour, müsse sich vereinen, sich disziplinieren. Er will ein Bündnis, ein "rassemblement patriote".
Einmal mehr zeigt sich: Eric Zemmour repräsentiert das Unterbewusste, das Es, das Schmutzige und Verdrängte der Marine Le Pen.