America's Army - Supercomputing einmal anders?
Werden mit dem kostenlosen Pentagon-Shooter "America's Army" Kriege geplant?
Davon haben viele Computerspieler geträumt: America's Army ist das offizielle Spiel der amerikanischen Armee. Die Spieler durchlaufen in einem Offline-Modus eine virtuelle Militär-Laufbahn und messen sich online mit anderen Gamern aus aller Welt. Neben der hervorragenden Grafik (Unreal Warfare-Engine) und dem fordernden Spielprinzip sind aber zwei andere Faktoren besonders für den immensen Erfolg verantwortlich: Der hohe Realismus und der Preis: 0 Dollar, 0 Euro!
Das einzige, was ein williger Spieler zu tun hat, ist, sich das 290 Megabyte Download-Paket und einen knapp 30 Megabyte großen Patch herunterzuladen. Dann muss man sich noch schnell mit einer gültigen Email-Adresse registrieren - und schon kann es losgehen. Ein kostenloses Spiel, das grafisch und spielerisch viele seiner 50 Euro-Kollegen in den Schatten stellt. Hört sich fantastisch an - ist aber Realität!
Eine zu schöne Realität um wahr zu sein? Auf jeden Fall eine teure Wirklichkeit für die Army! Über 7 Millionen Dollar hat die Entwicklung von America's Army gekostet! Die laufenden Kosten sind auch nicht zu verachten - über 800.000 Spieler wollen über die Homepage zum Spiel informiert werden, sich in Foren tummeln, Screenshots anschauen und Videos herunterladen. Das alles kostet.
Ist das alles nur ein groß angelegte Werbung für die US Army? Eine moderne Rekrutierungsmethode? Eine Image-Politur für die Armee? Sollte das 7 Millionen Dollar + X wert sein?
Fakt ist: Über 800.000 Zocker spielen regelmäßig America's Army. Über 800.000 Zocker haben einfache taktische Verhaltensregeln für einen virtuellen Krieg gelernt, sind durch den hohen Realismus- und Detailgrad des Spiels in den Bann gezogen. Über 800.000 virtuelle Krieger ziehen in einen Computerkampf, der noch nie zuvor so realistisch war. Vom Nachladen der Waffe über das Pfeifen im Ohr nach einem Granateinschlag simuliert das Spiel alles. Realismus pur!
Ein Kriegssimulator für die Armee?
So realistisch wie ein echter Krieg? Oft schon hat man sich gefragt, ob ein Computerspiel einfache Game-Kiddies zu echten Soldaten ausbilden könnten. Ist das vielleicht ein Ziel der Armee - eine recht günstige (Vor)Ausbildung für zukünftige Krieger zu schaffen, um sie auf Drill, Karriere und Krieg vorzubereiten?
Doch es gibt noch andere denkbare Möglichkeiten. Was, wenn America's Army ein enorm kreativ angelegter Kriegssimulator wäre - für die Armee. Was für eine Rechenleistung müsste man aufbringen, um annähernd eine Million virtuelle Soldaten sehr realistisch in einen virtuellen Krieg ziehen zu lassen? Ein Supercomputer, der 800.000 Agents korrekt berechnet, ist teuer. Warum also nicht echte Menschen, pseudo-echte Soldaten in realistische Einsatzgebiete setzen und schauen, wie sie reagieren. Wie entscheiden sich (durch Spiel-Training) taktisch vorgebildete Gamer-Soldaten vorzugehen. Wie sehen kreative neue Team-Taktiken aus? Wo finden sich Schwachpunkte eines Einsatzes, wo unerkannte Möglichkeiten?
Klar - ein einzelner Spieler wird keine brauchbaren Ergebnisse zu Tage fördern. Aber durch die millionenfache Wiederholung würden sich Trends zeigen, im echten Training verschwindend gering auftretende Situationen träten in diesem Mega-Simulator verwertbar oft auf. America's Army, ein hochspaßiges Spiel für die Zockergemeinde und ein hocheffizienter Kriegs-Simulator für die Armee? Zwei Fliegen, eine Klappe?
Überprüfbar ist das freilich nicht. Sicher ist aber auf jeden Fall, dass die Bewegungen der Spieler unverschlüsselt übers Internet übertragen werden. Zentrale Server verwalten die Spielerdaten, managen das Online-Game. Sicher ist auch, dass man sehr leicht die entsprechenden Daten (= Bewegungen der Spieler, Einsatz der Waffen,...) aufzeichnen und verwerten könnte. Diverse Internetseiten machen das bereits - allerdings zu ganz friedlichen Zwecken. Dort wird für die Spiele-Clans ausgewertet, wie verschiedene Spieler performen, welche Maps und Waffen bevorzugt werden, welche Spieler eher aggressiv, welche eher defensiv vorgehen. Dabei sammeln Spieler oft erstaunliche Erkenntnisse - zum Beispiel, dass man mit seinem defensiven Vorgehen in Counter-Strike besser fahren würde, wenn man bei der Waffenauswahl geschickter vorginge.
Was für Erkenntnisse könnte erst ein Militärstratege sammeln, der ganz gezielt die Bewegungen von Computerspielern untersucht. Der Statistiken auswertet, die ein Spieleserver sammelt. Der echte Einsatzorte digitalisiert und in Spielform den über 800.000 Spielern vorsetzt.
Das wäre der nächste Schritt nach Distributed Computing-Anwendungen wie Seti@home oder Folding@Home - WarSim@Home. Ein Gedankenspiel, natürlich, mit einem guten Schuss Paranoia. Doch falls wir America's Army Spieler mit dem nächsten Update des Spiels Irak-Maps bekommen, wäre es Zeit, sich noch einmal Gedanken zu machen ...