Ampel einig über Heizungsgesetz: Was jetzt auf Privathaushalte zukommt
Maximal 70 Prozent staatliche Förderung beim Heizungstausch. Ganz kostenneutral wird es auch für Mieterinnen und Mieter nicht. Lob und Kritikpunkte von Verbänden und Opposition.
Die Ampel-Parteien rühmen sich, beim Heizungsgesetz eine Einigung erzielt zu haben, "die Klimaschutz, Technologieoffenheit und sozialen Ausgleich verbindet". Damit brächten sie den Gebäudesektor auf den Weg der Klimaneutralität, teilten die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden von SPD, Grünen und FDP am Dienstag mit. Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sehen gute Chancen, das Gesetz noch vor der parlamentarischen Sommerpause durch den Bundestag zu bringen.
Mit "sozialem Ausgleich" sind allerdings maximal 70 Prozent staatliche Förderung für den Heizungstausch gemeint. Auch auf Mieterinnen und Mieter dürfen die Kosten teilweise umgelegt werden – allerdings in einem geringeren Umfang, als der Mieterbund befürchtet hatte.
Der bereits vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf sieht vor, dass von 2024 an möglichst jede neueingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben wird. Allerdings müssen keine funktionierenden Öl- und Gasheizungen ausgetauscht werden, defekte Öl- und Gasheizungen dürfen repariert werden.
Vor allem die FDP hatte grundlegende Änderungen am Gesetzentwurf gefordert. Mitte Juni hatten sich die Ampel-Parteien dann auf grob formulierte Änderungen verständigt, die einigen Hausbesitzern mehr Zeit verschaffen sollten – die Rede war von "Leitplanken".
Das Gebäudeenergiegesetz soll an ein Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung gekoppelt werden. Eine solche wird verpflichtend bis 2028 angestrebt. Grundsätzlich muss die kommunale Wärmeplanung zuerst vorliegen, damit Hauseigentümer die für sie günstigste Heizungsvariante wählen können – wissen, ob sie die Möglichkeit haben, sich ein Fern- oder Nahwärmenetz anschließen zu lassen, bevor sie womöglich eine Wärmepumpe einbauen lassen.
In Neubaugebieten sollen die Regelungen des Heizungsgesetzes bereits ab Januar 2024 gelten – das heißt: Nur Heizungen mit mindestens 65 Prozent Erneuerbaren Energien.
Was in den "Leitplanken" noch offen war und nun geklärt wurde, betrifft unter anderem die Modernisierungsumlage – so durften Vermieter bisher maximal acht Prozent der Kosten für Modernisierungsmaßnahmen auf ihre Mieter umlegen, wenn beispielsweise eine Wohnung saniert wurde.
Modernisierungsumlage auf Mieten darf steigen
Nun hat die Deutsche Presse-Agentur aus Koalitionskreisen erfahren, dass die Umlage auf zehn Prozent erhöht werden kann – aber nur, wenn der Vermieter eine staatliche Förderung in Anspruch nimmt. Die Mieterhöhung soll dann geringer ausfallen als ohne Förderung. Zugleich soll die sogenannte Kappungsgrenze gesenkt werden: Die Jahresmiete soll sich durch eine neue Heizung nicht um mehr als 50 Cent je Quadratmeter Wohnfläche erhöhen dürfen. Bisher liegt diese Grenze bei maximal drei Euro pro Quadratmeter innerhalb von sechs Jahren.
"Wir haben den Eindruck, dass sich die Fraktionen von SPD und Grünen erfreulicherweise in Sachen Mieterschutz in einigen wichtigen Punkten haben durchsetzen können", erklärte dazu der Präsident des Deutschen Mieterbunds, Lukas Siebenkotten, mit Blick auf geplante Höchstgrenzen und Härtefallregelungen.
Staatliche Förderung
Bei der staatlichen Förderung sollen unter bestimmten Voraussetzungen 70 Prozent der Investition beim Kauf einer klimafreundlicheren Heizung übernommen werden. Geplant ist ein einheitlicher Fördersatz von 30 Prozent einkommensunabhängig für alle Haushalte. Für Haushalte mit einem zu versteuernden Einkommen unter 40.000 Euro soll es zusätzlich 30 Prozent geben. Zudem ist ein "Geschwindigkeitsbonus" von 20 Prozent geplant – und zwar bis zum Jahr 2028. Danach soll dieser Bonus alle zwei Jahre um drei Prozentpunkte sinken. Insgesamt ist eine Förderung von maximal 70 Prozent geplant.
Zu wenig, meint die Partei Die Linke: "Wer wenig hat, soll zu 100 Prozent gefördert werden", erklärte am Dienstag deren Parteivize und klimapolitischer Sprecher Lorenz Gösta Beutin. Insgesamt sei das Gesetz sozial ungerecht.
"Die vereinbarte Modernisierungsumlage darf in dieser Form nicht kommen, weil sie die explodierenden Mieten weiter in die Höhe treibt", so Beutin.
Gasheizungen und Beratungspflicht
Funktionierende Gasheizungen sollen auch dann nicht ausgetauscht werden müssen, wenn die kommunale Wärmeplanung kein Wasserstoffnetz vorsieht. In diesem Fall soll man umrüsten müssen, um die 65-Prozent-Vorgaben zu erfüllen. So sollen Gasheizungen, die zwischen 2024 und Vorlage des Wärmeplans neu eingebaut werden, ab 2029 mit mindestens 15 Prozent «grünen Gasen» betrieben werden. Dieser Anteil soll auf 30 Prozent 2035 und 60 Prozent 2040 steigen. Gemeint sind etwa aus erneuerbaren Energien hergestelltes Biogas oder Wasserstoff.
Bereits in den Leitplanken verständigte sich die Koalition darauf: Liegt eine kommunale Wärmeplanung vor, die ein klimaneutrales Gasnetz vorsieht, können auch auf Wasserstoff umrüstbare Gasheizungen eingebaut werden.
Für den Einsatz von Wasserstoff müssen Netze umgebaut werden. Es soll verpflichtende Vereinbarungen zwischen Kommune und Gasnetzbetreiber mit Zwischenzielen geben. Eine wichtige Rolle soll die Bundesnetzagentur spielen. Welche Rolle «grüner» Wasserstoff in Zukunft im Wärmebereich hat, ist auch aus Kostengründen offen. Dazu kommt, das große Mengen bei der Umstellung der Industrieproduktion benötigt werden. Die Grünen sind hier skeptisch. Der FDP war diese "Technologieoffenheit" wichtig.
Ab Januar 2024 soll der Verkauf von Gasheizungen nur nach einer Beratung stattfinden dürfen, die auf mögliche Auswirkungen der kommunalen Wärmeplanung und mögliche finanzielle Belastungen hinweist.
Zeitplan der Gesetzgebung
Der Gesetzentwurf soll bis Ende der Woche angepasst werden. Am Montag soll es im Energieausschuss des Bundestags eine erneute Expertenanhörung geben. Das Gesetz könnte dann bis zum 7. Juli vom Bundestag verabschiedet werden.
Ganz sicher scheint das nicht zu sein – FDP-Fraktionsvizechef Christoph Meyer erklärte laut einem dpa-Bericht, man müsse den neuen Gesetzestext abwarten.
Das Gesetz muss dann auch auch den Bundesrat passieren. Ob es das Gesetz noch vor der Sommerpause durch die Länderkammer schafft, ist offen.