An der maritimen Seidenstraße
Seite 3: Störfeuer in Myanmar
Für China ist die Rolle des Großinvestors in der Region unter diesen Umständen eine Gratwanderung. Denn wie schnell Großinvestitionen bedroht sein können, lässt sich derzeit beispielsweise in Myanmar beobachten, ein Land, zu dem die Chinesen traditionell weitgehend gute Beziehungen haben.
Vor einigen Jahren wurde an der Küste des Rakhaing-Staates mit dem Bau einer Öl- und einer Gasleitung begonnen. Sie verlaufen von Kyaukphyu auf der Maday-Insel nach Kunming in der chinesischen Provinz Yunnan und sollen helfen, die Energieengpässe im Südwesten Chinas zu beheben. Das Erdgas stammt aus dem nahen Shwe-Gasfeld, das Öl aus dem Mittleren Osten und Westafrika: Es wird mit Tankern in den neuen Tiefwasserhafen von Kyaukphyu im Rakhaing-Staat gebracht, ebenfalls ein OBOR-Projekt. Die dafür abgestellten Tanker müssen nun nicht mehr die südostasiatischen Nadelöhre befahren. Die Gaspipeline wurde 2013 in Betrieb genommen, das Öl fließt seit 2017.
2012 kam es kurz vor Fertigstellung der Trassen zu einer Serie von Zusammenstößen zwischen Rohingya-Muslimen und ethnischen Arakanesen, die sich zum Buddhismus bekennen. Myanmar verhängte den Ausnahmezustand im Rakhaing-Staat. Die 2016 mit Angriffen hunderter Muslime auf Grenzpolizeistationen erneut aufflackernden Unruhen stellen im Vergleich zu den vorangegangenen Ausschreitungen eine neue Stufe der Eskalation dar. Sie dauern bis heute an und haben zu einer massiven Flüchtlingswelle geführt.
Historiker nehmen an, dass ein Großteil der Rohingya im 19. und 20. Jahrhundert mit den britischen Kolonialherren aus Bengalen kam, eine Konstellation, in der spätere Konflikte bereits vorprogrammiert waren. Obwohl diese Volksgruppe eine unter mehr als 100 anderen ethnischen Minderheiten im heutigen Myanmar ist, war sie vor Ausbruch der Flüchtlingskrise die größte im Norden des Rakhaing-Staates, dort, wo sich die aktuellen Unruhen konzentrieren. Die Pipelines verlaufen zwar etwas weiter südlich vom Konfliktherd, Anschläge werden deshalb jedoch nicht ausgeschlossen.
Unterdessen führte der Rohingya-Flüchtlingsstrom zu Spannungen mit Bangladesch und zu internationalen Protesten. Die Vereinten Nationen stuften die an Rohingya begangenen Menschenrechtsverletzungen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein. Im Gegensatz zur westlichen Welt und den islamischen Staaten, die angesichts der Flüchtlingskrise Druck auf die Regierung von Aung San Suu Kyi machen, unterstützt China Myanmar. Die Chinesen haben darüber hinaus angeboten, zwischen Myanmar und Bangladesch als Vermittler aufzutreten. Welche Rolle die Rohingya-Diaspora in Saudi-Arabien und andere Unterstützergruppen beim erneuten Hochfahren des Konflikts spielten, ist Gegenstand von Erörterungen.
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