An der maritimen Seidenstraße

Seite 2: Spagatkünstler im geostrategischen Wettbewerb

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Das Auftreten Chinas in der Region hingegen ist im wahrsten Sinne des Wortes konstruktiver. Zum einen bringen sich die Chinesen stärker in multilaterale Institutionen in der Gegend ein und versuchen, die bilateralen Beziehungen zu den einzelnen ASEAN-Mitgliedsstaaten zu verbessern. Die würden gern an der wirtschaftlichen Entwicklung Chinas teilhaben, doch sorgen sie sich andererseits, dass ein noch mächtiger werdendes China zu einer Verbannung der übrigen Länder an die Peripherie des globalen Geschehens zur Folge haben könnte. Des Weiteren schwelen Konflikte in der Region, für die sich keine Lösungen abzeichnen, etwa Streitigkeiten über die Nutzungsrechte an den Ressourcen des Südchinesischen Meeres.

Potentielle Profiteure eines Kanals durch die Kra-Landenge gibt es einige, zum Beispiel Vietnam. 2015 wurde bekannt, dass fast direkt gegenüber vom geplanten Kanaleingang, dem Südzipfel der indochinesischen Halbinsel vorgelagert, der neue Tiefwasserhafen Hon Khoai entstehen soll.

Oder Sri Lanka, nicht weit entfernt vom anderen Ende des geplanten Kanals gelegen. Der Inselstaat könnte mit OBOR zu einem weiter wachsenden Verkehrsknotenpunkt in der globalen Seefahrt werden - China investiert hier längst in die Infrastruktur des neuen Hafens von Hambantota. In der Hauptstadt betreiben die Chinesen bereits das Colombo International Container Terminal, das zur Zeit einzige Tiefwasser-Terminal Sri Lankas - jener Insel, deren Geschichte die englische Sprache die einen Hauch Exotik verströmende Vokabel "serendipity" verdankt - "glücklicher Zufall". Vor Ort träumt man bereits vom Singapur des Indischen Ozeans.

Die Befindlichkeiten in der Region sind äußerst nuancenreich, propagierte Win-Win-Situationen können schnell zum Spagat zwischen den Interessen der hier agierenden Mächte werden. Der vietnamesische Hafen von Hon Khoai beispielsweise wird zu 85% von der U.S. Export-Import Bank finanziert. Ein späteres Ankern von US-Kriegsschiffen an diesem strategisch wichtigen Punkt ist damit denkbar. Ein vergleichbares Szenario, dass etwa chinesische U-Boote im sri-lankischen Hambantota anlegen, wird dort hingegen kategorisch ausgeschlossen.

Auf Sri Lanka sieht man sich Indien verpflichtet, die Inder wiederum rücken seit einiger Zeit enger mit den USA zusammen. Indien arbeitet zudem an den strategischen Beziehungen zu Australien und Japan und erweitert seine Marinekapazitäten auf den Nikobaren und den Andamanen, keine 600 Kilometer vom geplanten Kanal entfernt. Und auf den gleich nordöstlich von den Andamanen befindlichen, zu Myanmar zählenden Kokosinseln sollen sich die Chinesen das Treiben aus unmittelbarer Nähe ansehen. Seit den 1990er Jahren auftauchende Berichte über eine hier vermutete chinesische Station zur Radarüberwachung und elektronischen Aufklärung sind jedoch nach wie vor nicht bestätigt.

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