Angeblich will Frankreich 2020 das Atomkraftwerk in Fessenheim definitiv abschalten
Es ist die neunte Ankündigung aus Paris, das älteste Atomkraftwerk im Atomstromland vom Netz zu nehmen
In einem "pragmatischen und angepassten Ansatz" will der französische Staatschef Emmanuel Macron den Atomstromanteil im Land vermindern. Persönlich hat Macron heute angekündigt, das älteste und umstrittene Atomkraftwerk in Fessenheim endgültig bis zum Sommer 2020 geschlossen werden soll. Seit langem wird am Oberrhein in Deutschland und der Schweiz darauf gewartet, dass diese höchst unsicheren Reaktoren endlich abgeschaltet werden.
Zuletzt hatte im Oktober der neue französische Minister für den ökologischen und solidarischen Übergang den Grundstein für eine mögliche baldige Schließung gelegt. François de Rugy hatte das Aus für Fessenheim von der Inbetriebnahme des neuen EPR-Reaktors in Flamanville entkoppelt. Dessen Inbetriebnahme verzögert sich schon seit vielen Jahren und es wird immer unsicherer, ob der Meiler mit massiven Sicherheitsproblemen jemals in Betrieb genommen wird.
Erstaunlich für viele Beobachter ist, dass Macron selbst das Ende verkündet hat und die Abschaltung der beiden Schrottmeiler im Elsass sogar noch vorziehen will. Der Umweltminister hatte das Jahr 2022 ins Auge gefasst. Macron hat das Aus für Fessenheim im Rahmen einer energiepolitischen Rede angekündigt. Seine Energiestrategie sieht vor, bis 2035 über die beiden Meiler in Fessenheim hinaus weitere 12 Atomreaktoren im Atomstromland abzuschalten. Damit soll etwa ein Viertel der derzeit 58 Reaktoren abgeschaltet und vor allem durch erneuerbare Energien (vor allem Windkraft, Geothermie und Biogas) ersetzt werden. Dadurch soll der Atomstromanteil von 75 auf 50% sinken.
Aber hier haben wir schon den ersten Haken an der Ankündigung gefunden. Real wird eine längst geplante Energiewende um zehn Jahre in die Zukunft verschoben. Eigentlich sahen die bisherigen Planungen vor, den Atomstromanteil schon bis 2025 auf 50% zu senken. Das hatte der sozialdemokratische Präsident François Hollande festgelegt. Aber auch dessen "Energiewende" war - im Vergleich zu seinen Wahlversprechen - schon eine Rolle rückwärts.
Auch Hollandes Planungen sahen schon vor, noch in seiner Amtszeit die beiden Meiler in Fessenheim abzuschalten. Als er im Mai 2017 aus dem Amt schied, war zwar der Reaktor 2 wegen eines fehlenden Sicherheitszertifikats für ein defektes Teil abgeschaltet, doch auch ohne Austausch des schadhaften Dampferzeugers wurde auch dieser Meiler in diesem Frühjahr wieder ans Netz gelassen.
Macron kassiert also einen zentralen Plan von Holland und verkauft seine "Mehrjährige Energieplanung" (PPE) erneut als Energiewende. Als Bonbon an die Umweltfreunde kündigte er zudem an, dass bis 2022 auch noch alle vier Kohlekraftwerke abgeschaltet werden sollen, die allerdings nur zu knapp 2% an der Stromversorgung beteiligt sind. Und da man schon jetzt jeden Winter praktisch vor einem Blackout steht, soll vorrangig die Zahl der Verbindungsleitungen zu Nachbarstaaten ausgebaut werden. Damit hängt Frankreich dann alsbald noch stärker am europäischen Strom-Topf.
Umweltverbände wie der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) sind angesichts der neuen Ankündigungen vorsichtig. Der BUND-Geschäftsführer im Axel Mayer erinnert daran, dass "das nun die neunte Ankündigung eines Abschalttermins für das älteste AKW Frankreichs" sei. Die Ankündigung von Macron "nehmen wir zwischenzeitlich erfreut-hoffnungsfroh-illusionslos zu Kenntnis". In Freiburg, wenige Kilometer von den Schrottmeilern entfernt, hofft man darauf, dass "die beiden alten Reaktoren so lange durchhalten". Die Gefahr eines "extrem schweren Unfalls sei erst gebannt, wenn die Reaktordruckbehälter und die extrem unsicheren Zwischenlagerbecken entleert sind".
Die Freiburger Bundestagsabgeordnete Kerstin Andreae hört die Worte von Macrons "gerne". Aber auch die Grüne zweifelt noch und beschwört, dass "den Worten dann auch endlich Taten folgen" müssten, da zu oft die angekündigten Abschalttermine immer wieder verschoben worden seien. "Die französische Regierung muss nun gemeinsam mit der Atomaufsicht zügig das Abschaltdatum rechtssicher festschreiben." Wenn Fessenheim endlich abgeschaltet werde, "verdanken wir dies dem unermüdlichen Einsatz der vielen Initiativen in der Region, die seit Jahrzehnten auf die großen Gefahren hinweisen."