"Angriffe auf Lager und Stützpunkte der russischen Mörder"
Die Ukraine hat ihren Willen zu Gegenattacken auf russisches Territorium bestätigt. Damit ist die nächste Eskalationsstufe erreicht. Prominente warnen vor Waffenlieferungen
Gut zwei Monate nach dem Angriff der russischen Armee auf die Ukraine gehen deren Streitkräfte verstärkt zum Gegenangriff über. Zugleich drohen russische Interventionen im prorussischen Gebiet Transnistrien in der Republik Moldau. In Deutschland haben sich Intellektuelle indes erneut an die Bundesregierung gewandt und vor der Lieferung von Waffen in das Kriegsgebiet gewarnt.
Zuletzt warfen russische Behörden der Ukraine wiederholt den Beschuss von Grenzposten vor. So seien am heutigen Freitag Grenzschützer in der Ortschaft Bjelaja Berjoska im Gebiet Brjansk mit Granaten beschossen worden, schreibt die Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf den Gouverneur der Region, Alexander Bogomas. Es habe keine Opfer gegeben, so die Agentur, allerdings sei Infrastruktur zerstört und ein Friedhof getroffen worden.
In den vergangenen Wochen waren entsprechende Vorwürfe der russischen Seite von politischen Vertretern und Medien auf internationaler Ebene in Frage gestellt worden. Die angeblichen Attacken hätten zum als weiterer Vorwand für den Angriffskrieg gegen die Ukraine dienen können. Zum anderen gab es mitunter keine Bestätigung durch von Russland unabhängige Quellen.
Nun aber hat die ukrainische Führung Angriffe auf Ziele in Russland angekündigt. "Russland hat Zivilisten angegriffen und getötet", schrieb der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak auf Twitter. "Die Ukraine wird sich auf jede erdenkbare Art verteidigen, das schließt auch Angriffe auf Lager und Stützpunkte der russischen Mörder ein. Die Welt erkennt dieses Recht an."
Podoljak berief sich in seinem Kommentar auf dem Kurznachrichtendienst auf US-Außenminister Antony Blinken. Dieser habe der Ukraine anheimgestellt, ob sie militärische Einrichtungen in Russland angreife. Auch die Regierung in Großbritannien hatte sich wohlwollend zu solchen Angriffen geäußert.
Kampfdrohnen aus den USA für die Ukraine
Das US-Nachrichtenmagazin Politico berichtete, dass das ukrainische Verteidigungsministerium die USA vor diesem Hintergrund um Kampfdrohnen des Typs MQ-1C Gray Eagle gebeten habe. .
Dass es die ukrainische Regierung und Armee ernst meinen, zeigten Medienberichte über mehrere Brände in russischen Treibstoffdepots nahe der Grenze zur Ukraine. Noch wird darüber spekuliert, ob es sich um Sabotage oder ukrainische Angriffe handelt – oder ob die Feuer selbstverschuldet waren.
Gegen einen Zufall spricht neben den bestätigten Angriffsplänen aus Kiew, dass es zeitgleich auch in einem russischen Armeeinstitut für Raketenforschung in der Stadt Twer im Nordwesten von Moskau zu einem größeren Brand kam. Die
Weder die Regierung in Kiew noch die Armee haben ihre Verantwortung für die Brände oder die mutmaßlichen Angriffe auf russische Grenzposten dementiert oder bestätigt
Prominente, unter ihnen die Feministin Alice Schwarzer, der Schriftsteller Martin Walser und der Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar haben indes in einem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) appelliert, nicht noch mehr schwere Waffen an die Ukraine zu liefern.
Dem russischen Präsidenten Wladimir Putin dürfe kein Motiv für eine Ausweitung des Krieges auf die Nato geliefert werden, heißt es in dem Appell, der auf der Website des Magazins Emma veröffentlicht wurde und dort unterzeichnet werden kann. Die Initiatorinnen und Initiatoren warnen vor der Gefahr eines dritten Weltkrieges.
Vor einigen Tagen hatte die Berliner Zeitung in einem Autorenbeitrag einen Grund für die lange zögerliche Haltung von Bundeskanzler Scholz in der Debatte um Waffenlieferungen verweisen: Dahinter könnten just Kiews militärische Erfolge stehen, so Autor Moritz Eichhorn: Mit mehr Panzern wollen die Ukraine sogar die Krim zurückerobern. "Was würde Putin dann tun", so Eichhorns Frage, die nun neue Brisanz bekommen hat.