Anhaltender Widerstand gegen CPE in Frankreich

Die Protestbewegung bleibt stark, in der Regierung kriselt es

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Die Proteste gegen die umstrittene Arbeitsmarktreform CPE üben einen stärker werdenden Druck auf die Regierung aus. An den Demonstrationen und Protestaktionen des fünften landesweiten Protesttages am vergangenen Dienstag beteiligte sich, wie auch am 28. März (Nach dem Massenprotest), ein großer Anteil der französischen Bevölkerung. Auch wenn weniger Streiks als in der Vorwoche stattfanden, blieben Postämter und Banken geschlossen und es wurden spürbar weniger Züge, U-Bahnen und Busse eingesetzt.

Der Protestzug läuft in den Place d´Italie ein

Es kam wiederum zu Szenen der Gewalt, der weitgehend friedliche Demonstrationszug ging nahtlos in heftige Auseinandersetzungen über, wobei es am Place d´Italie, in den der Demonstrationszug einlief, zu ähnlichen Szenen wie schon zuvor kam. Eine angrenzende Baustelle lieferte Wurfgeschosse gegen die Polizisten. Allein in Paris ist die Zahl der eingesetzten Polizisten auf 4.000 angewachsen, es fanden über 600 Verhaftungen statt, davon über 350 in Paris. Bei den Protesten setzte die Polizei wiederum Tränengas ein, eine große Zahl von Zivilpolizisten griff die meist jungen Randalierer gezielt aus der Menge heraus und nahm sie in Gewahrsam. Ungefähr 40 Menschen wurden verletzt.

Ein festgenommener Jugendlicher und Zivilpolizisten nach dem Einsatz von Tränengas

Dass unter diesen Verletzten immer häufiger Journalisten sind, lässt sich dadurch erklären, dass sie sich nicht damit begnügen, das Geschehen zu beobachten, sondern dass sie sich für ihre Aufnahmen zwischen die Polizei und die gewalttätigen Protestierenden stellen, die ihren Zorn gegen sie lenken. Dabei sind es nicht nur die Jugendlichen, die die Anwesenheit der Journalisten als eine Provokation auffassen, auch von anderen Teilen der Bevölkerung wird ihnen vorgeworfen, dass sie mit ihrem Verhalten Gewalt provozieren.

Journalisten versperren den Blick der Polizei auf das Geschehen

Durch die Unterschrift des Präsidenten Jaques Chiracs ist der Arbeitsvertrag CPE am letzten Sonntag in Kraft getreten. Er forderte aber, die Probezeit auf ein Jahr zu verkürzen und dass Kündigungen nicht grundlos erfolgen dürfen. Bei den landesweiten Demonstrationen am Dienstag wurde aber klar, dass die Protestierenden, deren Zahl von einer Million (Polizeiangaben) bis drei Millionen (Angaben der Veranstalter) reicht, auf einer vollständigen Rücknahme des Gesetzes bestehen. Es werden auch Forderungen laut, mit diesem Arbeitsvertrag für Ersteinstellungen auch das Gesetz CNE zurückzunehmen, das im letzten Herbst durchgesetzt wurde und das es ermöglicht, Beschäftigte jeden Alters in Kleinbetrieben innerhalb von zwei Jahren zu entlassen.

Nach einer Umfrage verliert der Premierminister Dominique de Villepin weiterhin an Popularität, 45 % der befragten Franzosen fordern seinen Rücktritt. Die durch die Proteste erschütterte Regierung lädt die Gewerkschaften wiederum zu Gesprächen ein, wobei aber nicht mehr Villepin, sondern Innenminister Nicolas Sarkozy das Wort führt. Dieser riss die Verhandlungen an sich, was zu Unmut im Lager der konservativen Partei (UMP) geführt hat und von der Opposition als Regierungskrise ausgelegt wird. Auch dass Chirac das von ihm unterzeichnete Gesetz im selben Augenblick wieder relativiert hat, wurde hier teilweise mit Unmut aufgenommen. Bernhard Thibault, der Generalsekretär der Dachgewerkschaft CGT, spricht davon, dass der Streik- und Protesttag der Arbeitsmarktreform den „Todesstoß“ versetzen soll. Ob sich diese Hoffnung erfüllt, wird sich in den nächsten Tagen herausstellen. Die Verhandlungen zwischen den Gewerkschaftsvertretern und der UMP haben heute begonnen.