Anti-Aufklärung? Kriegstechnologie?
Seite 2: Kybernetik und Behaviorismus - eine kurze Spurensuche
- Anti-Aufklärung? Kriegstechnologie?
- Kybernetik und Behaviorismus - eine kurze Spurensuche
- Zwei Ordnungen der Kybernetik
- Die lückenhafte Spur der Kybernetik in Kultur- und Medienwissenschaften
- Filterblasen in Kultur- und Medienwissenschaften - der militärische Bias
- Auf einer Seite lesen
Eine Spurensuche zu den Begrifflichkeiten Behaviorismus und Kybernetik führt zurück zu einer Arbeit, deren Veröffentlichung 1943 weit vor den für die Kybernetik begriffsbildenden zehn Macy-Konferenzen (1946-1953) liegt. Sie stammt von dem Autorentrio Rosenblueth, Wiener und Bigelow, trägt den Titel "Behavior, Purpose and Teleology" und führt erstmals die Begrifflichkeiten des Feedback und der Zielorientierung (Teleology) von Systemen ein.5
Der US-Wissenschaftshistoriker Peter Galison besteht in seinem einflussreichen Aufsatz "The Ontology of the Enemy: Norbert Wiener and the Cybernetic Vision"6 darauf, die Autoren von Behavior … "als Adepten des Behaviorismus zu etikettieren". Deutliche Äußerungen zum Behaviorismus von Wiener selbst bestätigen dies jedoch nicht: "Behaviorism as we all know is an established method of biological and psychological study but I have nowhere seen an adequate attempt to analyze the intrinsic possibilities of types of behavior."7
Und wie Albert Müller bemerkt, kann und muss der Aufsatz "Behavior ..." vielmehr als Abgrenzung und "implizite Fundamentalkritik" am Behaviorismus gelesen werden. Er repräsentiert gewissermaßen eine Art Zeugungsakt für die neue Disziplin der Kybernetik, da hier erstmals wichtige Begrifflichkeiten eingeführt werden.
Galisons Interpretation vermag in diesem Punkt nicht zu überzeugen, denn die kybernetische Fundamentalkritik am Behaviorismus ist allzu leicht nachvollziehbar. Denn für seine simplen Modelle des Verhaltens als lineare Ketten aus Reiz, Reizverarbeitung und Reaktion stellen das Planen und die zielgerichtete Handlung ein massives Problem dar. Die behavioristische Beschreibung mag für die kausale Ereigniskette aus dem Tennisspiel (ankommender Ball - Reaktion - Aktion/Return) gerade noch hinreichend sein, der gute Tennisspieler jedoch antizipiert die Aktionen des Gegners und plant gewissermaßen seine eigenen Schläge. Und sie versagt völlig bei dem Versuch, das improvisierende Klavierspiel - im Moment der Improvisation - z.B. eines Brad Mehldau oder eines Keith Jarrett auch nur im Ansatz zu beschreiben.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.