Anti-Terror-Paket in den USA auch vom Senat verabschiedet
Update: Präsident hat den Patriot Act unterzeichnet, Justizminister Ashcroft kündigte die unmittelbare Umsetzung an
Ohne nennenswerte Kritik wurde das eilig geschnürte und leicht abgemilderte Anti-Terror-Paket jetzt vom Senat mit einer Gegenstimme gebilligt, nachdem bereits das Repräsentantenhaus mit großer Mehrheit zugestimmt hatte. Es wird erwartet, dass Präsident George W. Bush das Gesetz heute noch unterzeichnet. Innerhalb von Stunden, so Justizminister Ashcroft, würden die erweiterten Befugnisse landesweit umgesetzt werden können.
Update: Wie angekündigt hat Präsident Bush das Antiterrorpaket heute unterzeichnet, wodurch der Patriot Act in Kraft tritt. Mit diesem Gesetzespaket habe man einen entscheidenden Schritt zur Bekämpfung des Terrorismus gemacht, sagte Bush, während gleichzeitig die Verfassungsrechte aller Amerikaner geschützt worden wären.
"Wir haben es mit Terroristen zu tun, die mit sehr fortgeschrittenen Mitteln und Technologien arbeiten, von denen es manche noch gar nicht gegeben hat, als unsere bestehenden Gesetze geschrieben worden sind. Das Gesetz vor mir zieht diese neue Wirklichkeiten und Gefahren in Betracht, die durch moderne Terroristen aufkommen."
Bush insbesondere hervor, dass die Überwachung der Kommunikation entscheidend dafür sei, die Terroristen zu verfolgen und aufzuhalten: "Das existierende Gesetze stammt aus den Zeiten der Telefone mit Wählscheiben. Dieses neue Gesetz ... wird die Überwachung aller Kommunikationsformen wie Emails, Internet und Mobiltelefone ermöglichen, die von Terroristen gebraucht werden." Die Regierung, so versprach Bush, werde die Gesetze mit all der Entschiedenheit einer "Nation im Krieg" anwenden.
Präsident Bush ließ nach der Entscheidung erlauten, er sei erfreut, dass der Senat so schnell gehandelt habe. Tatsächlich hat der Patriot Act (Provide Appropriate Tools Required to Intercept and Obstruct Terrorism) die meisten der von Ashcroft geforderten Veränderungen aufgenommen.
Zusätzlich wurden noch Möglichkeiten zur besseren Kontrolle von Geldwäsche durch Einschränkungen des Bankgeheimnisses integriert. Die Regierung hatte sich gewünscht, verdächtige Immigranten für unbegrenzte Zeit und ohne konkreten Grund festnehmen zu können, das jetzt gebilligte Gesetz verkürzt diese Zeit auf sieben Tage - das Repräsentantenhaus wollte dies auf zwei Tage beschränken -, ermöglicht aber unter gewissen Bedingungen, dass Verdächtige wiederholt diese Zeit bis zu einem halben Jahr festgehalten werden können. Abgewiesen wurde auch der Wunsch, dass die Sicherheitsbehörden Informationen aus im Ausland belauschte Gespräche von US-Bürgern verwenden dürfen. Für die Überwachung von Mails wird eine richterliche Genehmigung erforderlich sein, für die Überwachung der Verbindungsdaten ist dies nicht mehr notwendig. Möglich ist allerdings, von Geheimdiensten im Ausland durch Abhören erhaltene Informationen an Strafverfolgungsbehörden weiter zu geben. Die erweiterten Lauschmöglichkeiten für Internet- und Telefonkommunikation werden vorerst nur vier Jahre gebilligt und müssen dann noch einmal überprüft werden. Die meisten der Erweiterungen unterliegen jedoch keiner zeitlichen Beschränkung.
Nur der demokratische Senatsabgeordnete Russell Feingold hatte offenbar den Mut, trotz des enormen Drucks Kritik zu äußern. Er warnte davor, dass man den Krieg gegen den Terrorismus "ohne einen Schuss abzufeuern" verlieren werde, "wenn wir die Freiheiten der amerikanischen Bürger opfern". So könnten nun etwa alle Daten von einem US-Bürger erhoben und gesammelt werden, wenn er nur in einem Flugzeug mit einem Terrorverdächtigen gesessen habe. Er kritisierte auch die übereilte Verabschiedung ohne Diskussion. Patrick Leahy, Leiter des Justizausschusses des Senats, betonte jedoch, dass man sich genügend Zeit für das Gesetzespaket genommen und die Passagen verändert habe, die gegen die Verfassung verstoßen. Orrin Hatch, führender Republikaner im Justizausschuss des Senats, entgegnete auf die derzeit typische rhetorische Weise: "Ich bin eher über die Tausenden von Menschenleben besorgt, die wir verloren haben, und die Menschenleben, die verloren gehen könnten, ... weil die Strafverfolgung nicht die von ihr benötigten Mittel besitzt."
Ashcroft kündigte an, sofort nach Unterzeichnung des Patriot Act durch Präsident Bush Anweisungen an alle Staatsanwaltschaften und FBI-Stellen im ganzen Land zu geben, diesen umzusetzen. So können FBI-Mitarbeiter direkt auf Informationen der Geheimdienste zugreifen, um Verdächtigen nachzugehen. Möglich ist dann auch, die gesamte Kommunikation eines Verdächtigen abzuhören, während dies bislang nur für bestimmte Geräte möglich war. Hausdurchsuchungen können schneller und leichter ausgeführt werden, zudem wurde die Liste der mit Terrorismus fallenden Taten erheblich erweitert, beispielsweise können auch Crackeraktivitäten dazu gehören. Selbst wenn Computer im Ausland behindert oder lahm gelegt werden, wodurch "der Handel zwischen Staaten oder im Ausland oder die Kommunikation der USA" betroffen sind, können nun als Terroraktivitäten verfolgt werden. Verdächtige können länger festgehalten werden.
Bislang befinden sich in Verbindung mit der Untersuchung der Terroranschläge bereits 952 Personen in Haft. Schon unter den jetzigen rechtlichen Bedingungen wurde Kritik an Verstößen gegen US-Gesetze und Menschenrechte sowie an den Haftbedingungen laut. Die Strategie der Geheimhaltung und Isolation verhindert gelegentlich auch, dass die Inhaftgenommenen in Kontakt mit Rechtsanwälten treten können (Liberty Dies by Inches). Man geht davon aus, dass nach der Unterzeichnung des Patriot Act die Zahl der Inhaftierten sprunghaft ansteigen wird. Ashcroft sagte bereits, dass man jeden, der verdächtigt wird, an terroristischen Aktivitäten beteiligt zu sein, festnehmen und so lange wie möglich einsperren werde. Und wenn beispielsweise Visas auch nur einen Tag überzogen würden, dann müssten die Menschen mit sofortiger Abschiebung rechnen.