Armut ist eine "Geisteshaltung"

Ben Carson (links) beim Amtsantritt. Bild: Weißes Haus

Trumps Bauminister, nur ein Multimillionär, verrät den "mindset" des Reichenkabinetts in Washington

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Das Kabinett des mutmaßlichen Milliardärs Donald Trump ist eines der reichsten, das jemals in der amerikanischen Geschichte über die Geschicke des Landes geherrscht hat (Trumps politische Freakshow). Milliardäre sind nicht unbedingt Menschenfreunde, auch wenn sie geerbt haben, konnten sie ihr Vermögen in der Regel nur halten oder mehren, indem sie ihre Interessen durchsetzen. Und sie werden wenig tun, für eine gerechtere, weniger ungleiche und nachhaltigere Gesellschaft und Welt zu sorgen.

Donald Trump hat schon klar gemacht, dass America First heißt, Deals zu machen, wobei es nicht darum geht, auf Umweltschutz oder Menschenrechte zu achten. So wird Entwicklungshilfe mehr oder weniger gestrichen, viele soziale Programme für die Armen sollen ebenso eingedampft werden wie die Krankenversicherung, dafür sollen Steuern für Reiche gesenkt und Schulen wie vieles andere privatisiert werden, während Waffenverkäufe an kriegsführende Länder wie Saudi-Arabien gefördert werden, das von einer islamistischen Monarchie regiert wird.

In Trumps Kabinett sind Frauen unterrepräsentiert, um es wohlmeinend zu sagen, auch die Vielfalt der amerikanischen Bevölkerung kommt zu kurz. Eine Ausnahme ist der schwarze Neurochirurg und gescheiterte Präsidentschaftskandidat Ben Carson, den Trump auf das Bauministerium abgeschoben hat. Eine Ausnahme ist er auch, weil er nur mehrfacher Millionär und von unten aufgestiegen ist. Zudem fiel der Sieben-Tage-Adventist durch verquere Ansichten auf. Dass Trump den Etat seines Ministeriums massiv um 6 Milliarden US-Dollar kürzen, etwa Wohngeld für Arme streichen will, stieß bei Carson auf keinen Widerstand.

Aber der Neurochirurg, der sich mit Gehirnen operativ auskennt, hat eine spezielle Meinung, was Armut betrifft, die sich mit dem übrigen Kabinett decken dürfte. Armut, so sagte er in einem Interview, wie die Washington Post berichtet, sei eine "weitgehend besondere Geisteshaltung" (mindset), die Kinder von ihren Eltern lernen würden. Er argumentierte allerdings andersherum, nämlich mit Menschen mit der richtigen Geisteshaltung: "Nimm jemanden mit der richtigen Geisteshaltung und nimm ihm alles weg und setzt ihn auf die Straße. Ich garantiere, dass er in kurzer Zeit wieder hier oben zurückkehren wird." Das ist bei denen, die arm und einfach falsch gepolt sind, natürlich ebenso: "Nimm jemanden mit der falschen Geisteshaltung. Dem kannst du alles in der Welt geben, er wird sich wieder den Weg zurück auf den Boden arbeiten." Der Sinn der Geschichte dürfte sein, dass Umverteilung nichts nützt, weil es nichts ändert.

Allerdings erklärte er in den Interview eben, dass die falsche Geisteshaltung ein Produkt der falschen Erziehung sei und dass es eben auch eine "Geistesarmut" gebe, die es wohl nur am unteren Rand der Einkommensverteilung gibt, die Reichen haben ja mit ihrem Reichtum anderes bewiesen. Man könne zwar Menschen die Hand reichen, die der Armut entkommen wollen, aber er warnte vor Programmen, die sie in der Armut halten. Er erklärte allerdings nicht, wie die "Leiter der Chancen" aussehen würde, die die Regierung anbieten soll, immerhin sei die Mehrheit der Armen nicht defätistisch, sondern sehe nur nicht den Ausweg. Vermutlich gehören zur "Leiter" keine finanziellen Hilfen.

Zur Ideologie der Reichen gehört, dass sie ihren Erfolg sich selbst zu verdanken haben. Bei der Selbstverklärung spielen dann die Eltern, die Umgebung, die Beziehungen und Glück keine Rolle - und auch nicht womöglich, eher wahrscheinlich praktizierte Rücksichtslosigkeit.