Aserbaidschan gegen Armenien: Angriffskrieg? Welcher Angriffskrieg?
Seite 2: USA wollen Erdöl aus Venezuela
Apropos wertegeleitete Außenpolitik. Die wird von den EU-Europäern nicht nur mit Blick auf Aserbaidschan neu ausgerichtet, sondern auch in Südamerika, konkret: Venezuela. Sie erinnern sich: Dort war die Europäische Union massiv auf Distanz zum linksgerichteten Staatschef Nicolás Maduro gegangen, der das progressive Projekt seines Vorgängers Hugo Chávez geerbt hat, selber aber mehr auf Steak und Zigarren steht als auf Sozialismus des 21. Jahrhunderts.
Die Bundesregierung hatte Anfang Februar 2019 sogar einen damals noch und heute wieder irrelevanten Oppositionspolitiker namens Juan Guaidó als "Übergangspräsidenten" anerkannt, nachdem die damalige US-Führung unter Donald Trump ihre Unterstützung signalisiert hatte.
Forciert wurde dieser im Auswärtigen Amt nicht unumstrittene Tabubruch – Bundesregierungen erkannten bis dahin lediglich Staaten, jedoch keine Regierungen an – vom damaligen Außenminister Heiko Maas (SPD). Den kennt heute ja auch niemand mehr. Er soll aber eine Schauspielerin zur Frau haben.
Das alles war völkerrechtlich, gelinde gesagt, kreativ – und geht gerade komplett den Bach runter. Nach EU-Protokollen, die Telepolis vorliegen, pfeift die energiehungrige EU auf deutsche Nation-Building-Experimente am Orinoco und hat eilends eine Normalisierung der Beziehungen mit dem Erdöl-, Erdgas und auch sonst ressourcenreichen Venezuela eingeleitet.
"Wir wiederholten unsere Forderung an den EAD, keine konkreten Schritte in Richtung Normalisierung der Beziehungen mit VEN ohne substanzielle Gegenleistungen durch das Regime zu unternehmen", moserten deswegen deutsche Diplomaten Ende Juli in Brüssel. Vergebens allerdings, denn das Treffen eines EU-Diplomaten mit dem Geschäftsträger Washingtons in Caracas habe bestätigt, "dass die USA sehr stark an einem neuen Vertrag zur Ölförderung für den US-Markt interessiert seien".
Das riecht ein wenig nach Aserbaidschan in Amerika. Und es zeigt, dass, ganz nüchtern betrachtet, die Abkehr von russischem Gas auch eine Abkehr einer tatsächlichen oder vermeintlichen menschenrechtsgeleiteten Außenpolitik bedeutet, und zwar unter jeglichen politischen Vorzeichen.
Artikel zum Thema:
Harald Neuber: Bundestagsgutachten: Gegenpräsident in Venezuela ohne Legitimation
Harald Neuber: So kämpft Venezuelas "Gegenpräsident" um sein politisches Überleben
Bernd Müller: Ersatz für russisches Öl: US-Regierung lockert Sanktionen gegen Venezuela
Florian Rötzer: Putin: Strategische Partnerschaft mit Kuba und Venezuela
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.