So kämpft Venezuelas "Gegenpräsident" um sein politisches Überleben

Unter Freunden: Juan Guaidó auf dem Weltwirtschaftsforum 2020. Bild: World Economic Forum, CC BY-NC-SA 2.0

Ohne Erfolg und Unterstützer: Sogenannter Oppositionsführer Juan Guaidó bietet Präsident Nicolás Maduro Gespräche an. Doch wen repräsentiert er noch?

In Venezuela versucht der selbsternannte Interimspräsident Juan Guaidó nach einer Reihe politischer Rückschläge und mehreren erfolglosen Putschversuchen Gespräche mit der Regierung von Präsident Nicolás Maduro aufnehmen. Der 37-jährige Oppositionspolitiker, der sich Anfang 2019 mit maßgeblicher Unterstützung der USA zum Gegenpräsidenten ausgerufen hatte, will damit offenbar aus der Defensive kommen. Zuletzt hatte der ihm nahestehende Teil der Opposition die Parlamentsmehrheit verloren, die EU und weitere Unterstützer gingen auf Abstand zu ihm.

Fakt ist: Zwei Jahre nach der versuchten Etablierung einer aus dem Ausland unterstützten und finanzierten Gegenregierung sitzt die Maduro-Führung fester denn je im Sattel. Und auch wenn Guaidó in westlichen Medien weiterhin als "Oppositionsführer" bezeichnet wird, spricht er – betrachtet man das gesamte regierungskritische Spektrum – nur noch für eine kleine radikale Minderheit. Das Scheitern des Wirtschaftsingenieurs Guaidó ist damit auch eine Niederlage der ausländischen Einflussnahme auf den Erdölstaat Venezuela.

Nach über zwei Jahren heftiger politischer Konflikte, einer andauernden Wirtschaftskrise, der Corona-Pandemie und aggressiver US-Sanktionen liegt Venezuela wirtschaftlich am Boden. Guaidó versucht dies immer wieder der Regierung Maduro anzulasten. Vielen Venezolanerinnen und Venezolanern ist aber klar, dass er auch einen Anteil am Niedergang des Erdölstaates hat.

Die Anerkennung eines machtlosen Oppositionspolitikers als "Interimspräsident" war von Beginn an umstritten. Noch im Februar dieses Jahres hat der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags die Legitimation einer Gegenregierung in Venezuela durch die Bundesregierung erneut infrage gestellt – so wie schon 2019.

Zugleich bekräftigten die Parlamentsjuristen, dass Guaidó nach seiner Wahlniederlage keinen Anspruch mehr auf die Regierungsführung hat. Seine Legitimation als "Interimspräsident" hatte er schließlich aus seinem Parlamentsvorsitz abgeleitet. Besonders überzeugend war das wohl selbst für seine Alliierten nicht: Das Auswärtige Amt bestätigte Telepolis Anfang des Jahres, den Botschafter der Maduro-Regierung in den vergangenen zwei Jahren ohne Unterbrechung anerkannt zu haben.

Dabei hatte sie Guaidó Anfang 2019 noch als "Übergangspräsidenten" akzeptiert, nachdem die US-Führung unter Donald Trump ihre Unterstützung des bis dahin weitgehend unbekannten Oppositionspolitikers signalisiert hatte. Forciert wurde dieser im Auswärtigen Amt nicht unumstrittene Tabubruch – Bundesregierungen erkannten bis dahin lediglich Staaten, jedoch keine Regierungen an – von Außenminister Heiko Maas (SPD).

Auftritt vor Nato-Lobbygruppe

Von Anfang an war Guaidó im Ausland mehr Unterstützung zugekommen als im eigenen Land. So wandte er sich unlängst in einer Videobotschaft an den "Kopenhagener Demokratie-Gipfel" von Ex-Nato-Chef Anders Fogh Rasmussen. Dahinter steht eine Lobbygruppe der Nato, die unlängst von China sanktioniert wurde. Venezuela leide unter zahlreichen Problemen, so Guaidó in dieser Runde: Korruption, Medikamentenmangel, extreme Armut, Hunger und Lohnverfall. Er sagte nicht, dass die von ihm unterstützten Sanktionen zu diesen Problemen beigetragen haben.

"Die Lage in Venezuela ist heute sehr kritisch, weil wir unsere Demokratie verloren haben", postulierte er stattdessen. Den Menschen in dem südamerikanischen Land würden Grundrechte verweigert. Zuvor hatte Guaidó ein "Abkommen zur nationalen Rettung zwischen den demokratischen Kräften, dem Regime und der internationalen Gemeinschaft" gefordert. Unklar blieb, für wen der Oppositionspolitiker diesen Vorschlag machte: Die Maduro-Regierung hat schon vor Längerem Gespräche mit einem Teil der Opposition aufgenommen, ehemalige Mitstreiter haben sich von Guaidó abgewandt.

Natürlich ist das auch der Maduro-Regierung klar. Entsprechend fiel die Antwort aus. Er wäre bereit für Gespräche, sagte der linksgerichtete Staatschef Maduro, auch werde er eine Reihe von Themenvorschlägen machen: "Der erste Punkt, auf den wir beharren werden, ist, dass die radikale Opposition auf Putsche, Interventionismus und Aufrufe zu Invasionen verzichtet und die Verfassung sowie die legitimen Kräfte des Landes anerkennt".

Zudem müssten Guaidó und seine Mitstreiter "Rechenschaft über alle Ressourcen ablegen, die sie von der US-Regierung für einen Umsturz erhalten haben". Auch müsse seine Regierung wieder Zugriff auf staatliche Bankkonten erhalten, die der Gegenregierung von den USA überlassen worden waren. Und die Unternehmen Citgo und Monómeros – staatliche venezolanische Erdöl- und Chemieunternehmen – müssten wieder der Kontrolle seiner Regierung unterstellt werden.

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