"Assad ist ein Schwein, aber…"

Seite 2: Wiedergutmachung für Vietnam war das Motto

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Dann marschierte die Sowjet-Armee in Afghanistan ein. Wie wir dank des damaligen Sicherheitsberaters der Vereinigten Staaten, Zbigniew Brzezinski, heute wissen: Durch Druck von außen. Brzezinski bestätigte in einem Interview, dass Präsident Carter schon vor dem Einmarsch der Sowjet-Armee die ersten Hilfslieferungen an Aufständische in Afghanistan genehmigt hatte. Brzezinski machte auch keinen Hehl daraus, dass man den Einmarsch der Sowjets nach Afghanistan forciert hatte. Wiedergutmachung für Vietnam war das Motto.

In Pakistan hatte sich 1977 General Zia an die Macht geputscht - mit dem Ziel, aus Pakistan ein islamisches Land nach saudischem Vorbild zu formen. Er führte die Scharia ein und ging gegen Gewerkschafter und alle anderen vor, die sich für Demokratie und Vielfalt einsetzen. Doch sieben Jahre Demokratieversuch (1971-77) hatten dazu geführt, dass sich viel Widerstand gegen Zia formierte.

Dann kamen die Vereinigten Staaten und Saudi-Arabien und präsentierten Zia als Kämpfer gegen den Kommunismus und für eine freie Welt. Mit Hilfe saudischer Dollars wurden bis 1988 in Pakistan 30.000 Religionsschulen aus dem Boden gestampft, in denen islamische Fanatiker herangezüchtet wurden, die man in den Jihad gegen die "ungläubigen" Sowjets schicken konnte.

Hier soll nicht behauptet werden, dass die Sowjets die Guten waren

Als diese im Frühjahr 1989 abrückten, zogen sich auch die USA zurück. Aus den religiösen Fanatikern, die für die USA gekämpft hatten, bildeten sich dann zwei Gruppen, die bis heute aktiv sind: Das, was heute unter al-Qaida bekannt ist und die Taliban, deren Nachschub der pakistanische Geheim-dienst aus den Flüchtlingslagern in Pakistan rekrutierte. Hier soll nicht behauptet werden, dass die Sowjets die Guten waren.

Doch die damalige afghanische Regierung hatte sie um Hilfe gebeten, und Frauen durften sich unter den Sowjets frei und unverschleiert bewegen. Auch konnten Mädchen eine Schule besuchen. Wie die Geschichte weitergegangen wäre, wenn die Sowjets gewonnen hätten, weiß ich nicht - eine Demokratie wäre Afghanistan wohl nicht geworden.

Aber wir wissen, was aus Afghanistan geworden ist, nachdem die USA das Land den "Rebellen" überlassen hat: Diese bekämpften sich gegenseitig, bis die Taliban das Ruder übernahmen. Wir wissen, dass auch Pakistan sich bis heute nicht davon erholt hat, dass sich während des Kampfes gegen die Sowjetarmee ein 150.000 Mann starkes Geschwür Namens ISI gebildet hat.

Auch der pakistanische Geheimdienst bereitet den USA bis heute Kopfschmerzen

Dieser pakistanische Geheimdienst hatte während des Afghanistan-Krieges die Aufgabe, die Waffen und Dollar, die von den USA und Saudi-Arabien geliefert wurden, an die Mujaheedin zu verteilen. Auch ein "Aktivist" namens Osama Bin Laden war damals ein Teil der "Guten" im Kampf gegen die "Bösen": Im Auftrag des saudischen Geheimdienstes saß er ab 1984 im pakistanischen Peschawar und nahm arabische Freiwillige in Empfang - für den Dschihad gegen die Sowjets.

Diese Kämpfer wurden "die arabischen Afghanen" genannt, aus denen nach dem Ende des Krieges ein loses Netzwerk von Terroristen wurde, wie ich al-Qaida beschreibe. Osama hatte nicht gewusst, dass er im Kampf gegen die "ungläubigen" Sowjets ein Werkzeug des "ungläubigen" CIA gewesen war.

Auch der pakistanische Geheimdienst ISI bereitet den USA bis heute Kopfschmerzen. Denn 2001, nach dem Einmarsch der USA in Afghanistan, war es der ISI, unter dessen Regie den geschlagenen Taliban die Flucht nach Pakistan gelang. In den Stammesgebieten Pakistans und sogar in der Großstadt Quetta wurden die Taliban aufgepäppelt und ab 2003 im Kampf gegen die ISIS-Truppen nach Afghanistan geschickt. Bis heute sind die Taliban das Faustpfand des pakistanischen Militärs für ihren Einfluss in Afghanistan.

Seltsam ist auch, dass die Saudis schon wieder auf der Seite der "Guten" auftauchen

Ich behaupte nicht, dass die von mir beschriebenen nach Deutschland geflüchteten Syrer einen Querschnitt der syrischen Bevölkerung darstellen. Sprachlehrer, die in den letzten Jahren Syrer unterrichtet haben, berichteten mir von Menschen unterschiedlichster politischer Anschauung - das Spektrum reichte von Unterstützern der syrischen Opposition in London bis zu einigen Erdogan-Bewunderern.

Aber selbst Syrer, die keine Assad-Freunde sind und die am liebsten in einem freien, demokratischen Syrien leben würden, halten die vom Westen unterstützten Rebellen nicht für eine Lösung. Was soll ich also vom allzu einfachen Gut-und-Böse-Schema halten, das mir unsere Leitmedien vermitteln wollen?

Seltsam ist auch, dass die Saudis schon wieder auf der Seite der "Guten" auftauchen, wie damals in Afghanistan. Saudi-Arabien, das eine ultra-orthodoxe und intolerante Islam-Auslegung praktiziert und diese dank ihrer Öl-Dollar in der islamischen Welt verbreitet. Auf eine Ableitung des Saudi-Islams, den Salafismus, berufen sich auch die Dschihadisten, die in den letzten Jahren in Europa Anschläge verübt haben.

Das heißt jedoch nicht, dass die iranische Regierung viel besser wäre. Momentan höchstens das bessere von zwei großen Übeln - wäre da nicht der Umstand, dass Teheran offen die Vernichtung eines anderen Staates fordert. Ob sich das vom Iran bedrohte Israel zurecht nur in der Opferrolle sieht, bleibt ein Kapitel für sich.

Russland, dessen Soldaten in Syrien von Dschihadisten getötet werden, die von den Saudis aufgerüstet wurden, hat keine Probleme mit den Saudis, wenn es darum geht, Waffen an sie zu verkaufen. Dann ist in Syrien noch die Türkei, die versucht, die "Guten" gegen die "Bösen" auszuspielen, um sich ein Stück von Syrien einzuverleiben und die Kurden dort zu entmachten.