Auf der Suche nach dem deutschen Corbyn

Seite 2: Differenzen zwischen Wagenknecht und Bartsch?

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Wenn Reinicke nun fordert, dass das Zweckbündnis zwischen Wagenknecht und Dietmar Bartsch beendet werden soll, wird die Axt an die Existenz der Linken gelegt. Denn dieses Bündnis hat dazu geführt, dass sich die Partei einigermaßen stabilisieren konnte. Nun gab und gibt Wagenknecht genügend Grund für Kritik, vor allem mit ihren immer wiederholten Äußerungen gegen Migration. Als Lafontainistin ist sie die Vertreterin eines keynsianistischen Kurses, die in der Außenpolitik noch gewisse linke Grundsätze hochhält, in der Flüchtlingspolitik aber eher rechts blinkt und damit kompatibel mit SPD und Union ist. Wenn Wagenknecht aber deswegen Nähe zur AfD unterstellt wird, wird unterschlagen, dass sie mit ihrer Migrationspolitik sich im bürgerlichen Mainstream bewegt und genau deshalb kritisiert werden muss.

Wenn Grüne, die selber ständig migrationsfeindliche Gesetze durchwinken, nun Wagenknecht wegen ihrer Äußerungen kritisieren, ist das Kalkül klar. Sie wollen wie Reinicke in Wagenknecht den Parteiflügel schwächen, der zumindest verbal noch Dissens zur herrschenden Außen- und Sozialpolitik äußert.

Die Hoffnung, dass das Zweckbündnis Wagenknecht - Bartsch aufgeweicht werden könnte, ergibt sich aus unterschiedlichen Äußerungen im Umgang mit dem SPD-Kandidaten Schulz. Während Bartsch schon erklärte, er könnte sich vorstellen, ihn mitzuwählen, wenn die Mehrheiten es hergäben, erklärt Wagenknecht, er müsste dann schon mehr nach links blinken. Doch bei aller Rhetorik sind sich sämtliche Flügel der Linken einig, dass es nur um einen reformistischen Weg gehen kann.