Aussage von Bundesbank-Chef Weidmann überflüssig?
Oberlandesgericht will Monsanto-Übernahme hinter verschlossenen Türen ausmauscheln
Für den 12. September war die Berufungsverhandlung gegen die Bayer AG wegen der Herausgabe ihres Due Diligence Reports bezüglich der Übernahme des US-Pestizidherstellers Monsanto anberaumt. Dieser Bericht ist vom Aktiengesetz zum Schutz der Aktionäre vorgesehen.
Bei meiner Klage habe ich mich auf das Informationsfreiheitsgesetz IFG und die Umweltgesetze gestützt. Zwar ist im IFG nur von "Behörden" die Rede, die Auskunft erteilen müssen, aber mein Anwalt Raphael Thomas argumentierte, dass der Steuerzahler in die Haftung genommen würde, wenn Bayer wegen der Übernahme der Prozessrisiken pleite gehen würde - so geschehen bei der Bankenrettung unter dem Motto "too big to fail" und sehr wahrscheinlich angesichts der Prozesslawine in den USA.
Die Kölner Gerichte sind bundesweit besonders beliebt, wenn es um Niedermachen von Informationsansprüchen und Transparenz geht, und die erste Instanz hatte nur wenige Minuten gedauert, kurzer Prozess also. Im Gegensatz dazu hat das Berliner Verwaltungsgericht im Mai dieses Jahres in einem Vergleich die Deutsche Bank dazu gebracht, mir Zugang zum Nachlass Hermann Josef Abs zu gewähren, der in ihrem (privaten) Archiv liegt. Es geht dabei u.a. um die Dokumente zur Londoner Schuldenkonferenz und dem Wiedergutmachungsabkommen mit Israel. Es gibt also Richter, die den Anspruch der Öffentlichkeit bejahen, wenn es um öffentliche Angelegenheiten und unsere Geschichte geht. Aber Bayers Hauptsitz ist Leverkusen, zuständig daher Köln.
Die Berufungsinstanz vor dem OLG Köln sollte wohl wieder schnell über die Bühne gehen und war für den 12. September terminiert. Um auf Nummer sicher zu gehen, schrieb eine der Richterinnen Anfang Juni, dass ihre Schwester einen hohen Posten bei Bayer bekleide, aber nicht von Kündigung betroffen sei,. Aber weder die Beklagte noch wir nahmen daran Anstoß.
Zwei Wochen später veröffentlichte ich bei Telepolis "Kauf von Monsanto mit Steuergeldern finanziert", dass es die Bundesbank war, die mit EZB-Geldern (EZB lehnt Auskunft zum Anleihekauf ab) diese Übernahme finanziert hatte und dass deshalb die Öffentlichkeit ein Recht auf Information haben muss. Steht nicht irgendwo, dass alle Macht vom Volk ausgeht und dass wir der Souverän sind?
Meine IFG-Anträge auf Herausgabe der Informationen bei EZB und Bundesbank laufen noch. Vor zwei Wochen beantragte mein Anwalt Thomas die zeugenschaftliche Vernehmung von Jens Weidmann, Präsident der Bundesbank, und plötzlich kam Bewegung in die Sache. Am Montag beschloss das OLG aus heiterem Himmel, dass die Richterin nicht befangen sei - was niemand, auch nicht die beklagte Bayer AG, behauptet hatte und hob den Termin auf. Mündlich hieß es, dass die Vernehmung Weidmanns nicht notwendig sei, da die Bundesbank ja zugegeben habe, die Bayer-Bonds erworben zu haben. Den Verhandlungstermin habe man aufgehoben, weil man, wie in der ähnlich gelagerten Sache gegen die Ebert-Stiftung, per Beschluss, also ohne mündliche Verhandlung, entscheiden wolle (Wie das Bundesverwaltungsgericht die Informationsfreiheit aushebelt).
Die Stiftung habe ich ebenfalls auf Herausgabe von Informationen verklagt. Die FES hatte jahrzehntelang amtliche Dokumente aufbewahrt, die Bundeskanzler, Minister und Staatssekretäre beim Ausscheiden aus dem Amt einfach mit nach Hause genommen, man könnte auch sagen: gestohlen haben. Die landeten im Archiv der Parteistiftungen, die diese Akten, darunter Verschluss-Sachen, verwalteten, wie es ihnen passten. Als private Stiftung ist das ihr Recht, auch wenn sie praktisch zu 100 % mit Steuergeldern finanziert werden.
Meine Klage gegen dieses IFG-Aushebeln landete beim Verfassungsgericht, das alle sechs Parteistiftungen zur Stellungnahme aufforderte. Fünf - von Hanns-Seidel bis Rosa-Luxemburg - äußerten sich, praktisch wortgleich, positiv; das Privatisieren von amtlichen Unterlagen sei ok. Nur die Ebert-Stiftung beauftragte zusätzlich das Anwaltsbüro Redeker & Co. mit einem Gutachten, um ihre Praxis des Akten-Versteckens zu legitimieren. Welches Honorar die FES der Kanzlei gezahlt hat, wollte sie mir aber nicht verraten; sie sei ja eine private Organisation. Ich reichte gegen sie Klage ein. Dieses Verfahren liegt zur schriftlichen Entscheidung beim OLG Köln.
Dass jetzt in Sachen Bayer AG so kurz vor dem anberaumten Termin ein Beschluss (Befangenheit) ergeht, den niemand beantragt hatte, und dass der mündliche Verhandlungstermin samt Ladung Weidmanns aufgehoben wurde, gibt Anlass zu Fragen: Hätte Weidmann die Aussage verweigert, um sich nicht selbst zu belasten? Das wäre sein gutes Recht, aber für die Öffentlichkeit eine interessante Information. Wieso fürchten die Berufungsrichter die Öffentlichkeit? Will man weitere Diskussion über den Anleihekauf der EZB unterbinden und die Frage nach Verantwortlichkeiten bei der Monsanto-Übernahme unterdrücken?
Spendenkonto für die Verfahren, inklusive für das wahrscheinlich notwendige Verfahren gegen Bundesbank/ EZB: paypal: gaby.weber@gmx.net
Comdirekt: DE53 2004 1155 0192 0743 00
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