Ausschreitungen und Fremdenhass
Statt gegen Salafisten entlud sich die Wut der Hooligans und Neonazis gegen Polizisten und Migranten
Was angeblich eine Machtdemonstration gegen Salafisten, radikale Islamisten und den Terror des IS sein sollte, endete in Ausschreitungen gegenüber der Polizei und dem wohl größten rechten und fremdenfeindlichen Treffen in Deutschland seit Jahren. Bei einem Aufmarsch des Netzwerkes "Hooligans gegen Salafisten" (HoGeSa) in Köln ist es am Sonntag zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen. Polizisten wurden mit Flaschen, Steinen und Feuerwerkskörpern beworfen, zudem wurden von Teilnehmern fremdenfeindliche und neonazistische Parolen skandiert.
Mehrere tausend Fußball-Hooligans und Neonazis aus ganz Deutschland hatten sich am Sonntagnachmittag in der Kölner Innenstadt neben dem Hauptbahnhof versammelt. Aufgerufen zu dem Aufmarsch hatte das sich unpolitisch gebende HoGeSa-Netzwerk, das jedoch auch durch rechtslastigen Hooligans und Sympathisanten geprägt ist (vgl. Die bösen Guten?). Die Polizei musste bei der Kundgebung und dem Aufmarsch sowie nachfolgenden, teils massiven Ausschreitungen am Nachmittag auch Wasserwerfer einsetzen. Sowohl Polizisten als auch Hooligans wurden verletzt.
Die Versammlung war von dem stellvertretenden Vorsitzenden und Mönchengladbacher Ratsmann der rechtsradikalen Partei "Pro NRW", Dominik Roeseler, angemeldet worden. Innerhalb der Partei hatte es deswegen Diskussionen gegeben, will man doch das Bild wahren, dass "Pro NRW" mit Gewalt und Neonazis nichts zu tun haben soll. Vor Tagen noch verbreitete die sich selbst als "Bürgerbewegung" darstellende Splitterpartei daher eine Stellungnahme, wonach man den Aufmarsch nicht unterstütze; Roeseler selbst habe sich auf Wunsch des Vorstandes "aus der Organisation der HoGeSa zurückgezogen und wird […] nicht als Versammlungsleiter […] fungieren."
In einer älteren Mitteilung hatte "Pro NRW" bereits mitgeteilt, dass der stellvertretende Vorsitzende angeblich seine Funktionen in der Führungseben der HoGeSa aufgegeben habe. "Pro"-Chef Markus Beisicht hatte zudem ausgeführt: "Eine solche Zusammenarbeit [mit gewaltbereiten Fußballfans] gibt es selbstverständlich nicht. Für mich steht der Begriff Hooligans für Gewalt." Als Anmelder und Teilnehmer im Umfeld der Verantwortlichen vor Ort fungierte Beisichts Vize Roeseler am Sonntag in Köln dennoch.
Begonnen hatte der Aufmarsch mit einem Auftritt der Bremer Hooligan-Kultband "Kategorie C" (KC). Die Musikgruppe selbst betont immer, dass sie keine rechtsextreme Band sei. Allerdings traten in der Vergangenheit wiederholt im In- und Ausland Rechtsextremisten und Neonazis als Mitveranstalter der Konzerte auf. Mehrfach hatten die Behörden in Deutschland Konzerte der Band auch wegen ihres teilweise rechtslastigen bis rechtsextremen Publikum verboten oder aufgelöst. KC gelten als musikalisches Bindeglied zwischen Neonazi-Szene und Hooligans und haben vor Tagen einen eigenen Song für die HoGeSa eingespielt.
Im Vorfeld hatte das HoGeSa-Netzwerk noch verbreitet, man sei weder rechtsextrem noch fremdenfeindlich und werde sich nicht provozieren lassen sowie friedlich demonstrieren. Dass der Protest letztlich neben den Ausschreitungen doch in Ausländerfeindlichkeit, Deutschtümelei und Naziparolen mündete, liegt wohl auch daran, dass rechtsradikale bis neonazistische Parteien und Gruppen dazu mobilisierten, in Köln zu erscheinen und die Veranstalter auf jenes Publikum nicht verzichten wollten.
Neben dem Fußvolk mischten sich denn auch Kader der NPD und der Splitterpartei "Die Rechte" (DR) unter die Hooligans. Die DR prognostizierte schon auf der Anreise treffsicher, man sei auf dem Weg "zur größten rechten Demonstration seit vielen Jahren". Die "Massenbewegung", hieß es bei der DR an anderer Stelle etwas eigenwillig formuliert, setze ein Zeichen "gegen die Überfremdungspolitik und ihren symptomatischen Salafismus". Körperlich angegriffen von den Hooligans wurden letztlich vor Ort jedoch Journalisten und Polizisten.
Bis zum frühen Sonntagabend blieb die Lage rund um den Kölner Hauptbahnhof teils unübersichtlich, es wurden nach vorläufigen Angaben der Polizei 44 Polizisten verletzt und 17 Personen festgenommen. Laut Lokalpresse hätten abreisende Hooligans und Rechtsextremisten im Regionalexpress von Köln nach Münster zudem weiter Ausländer beschimpft und bedroht.
Ein Zugreisender in Richtung Aachen sagte gegenüber "Telepolis", die Stimmung auch in dieser Regionalbahn sei "aufgeheizt und aggressiv" gewesen. Polizisten mit Helmen hätten den Zug begleitet, die Hooligans und Rechten derweil Parolen wie "Wir sind das Volk" und "Wir wollen keine Salafistenschweine" skandiert.