Außerirdische Mikroorganismen auf "Europa"?
Flüssiger Ozean auf dem Jupitermond sehr wahrscheinlich
Europa, der viertgrößte von den bislang bekannten 16 Jupiter-Trabanten könnte das Weltbild der Moderne grundlegend verändern. Denn auf Europa, so die Vermutung der Astrobiologen, könnte Leben in Gestalt von Mikroben oder DNA-ähnlichen Strukturen existieren.
Im Jahr 1979 erreichte diese Diskussion bereits ihren ersten Höhepunkt, als die Voyager-Raumsonden imposante Fotos von der bizarr verkrusteten und rissartigen Oberflächenstruktur Europas zur Erde funkten. Schon damals glaubten viele Wissenschaftler, dass unter dem vermeintlichen Eispanzer Wasser in gefrorener Form liegen könnte. Da Bioastronomen davon ausgehen, dass das "Element" Wasser für die Entwicklung von Leben, so wie wir es kennen, unabdingbar ist, fokussierte sich schnell alles auf die Frage: Liegt unter der zerklüfteten Eiskruste Europas ein riesiger Ozean, und könnte sich in demselben Leben gebildet haben?
Einen neuen wichtigen Beitrag zur Beantwortung dieser Frage lieferte die NASA-Raumsonde Galileo, die nach mehrfachen Europa-Visiten am 3. Januar dieses Jahres den Jupitermond erneut umrunde und sein Magnetfeld unter die Lupe nahm. Geklärt werden sollte, ob sich der magnetische Nordpol des Mondes bewegt oder nicht.
Wenngleich das NASA-Galileo-Team immer noch dabei ist, die immense Datenflut auszuwerten, die der Orbiter während seines Vorbeiflugs in einer Entfernung von nur 351 Kilometern sammelte, glauben die Wissenschaftler jetzt, des Rätsels Lösung gefunden zu haben. Vor wenigen Tagen warteten sie in Science mit der Meldung auf, dass die unzähligen Risse auf der Oberfläche nicht anderes als Spalten zwischen riesigen Eisschollen sind. Ihren Angaben zufolge zeigen die jüngsten Galileo-Aufnahmen, die sich an Europas Oberfläche Eisplatten bewegen. Sie verändern ihre Position derart beständig, dass sie eigentlich nur auf einer Flüssigkeit schwimmen können. Dr. Margaret Kivelson von der University of California in Los Angeles und ihre Kollegen sind sich sicher: Nur wenige Kilometer unter Europas Eis-Oberfläche existiert ein flüssiger Ozean aus Wasser. Dies ergaben Magnetfeldmessungen der Raumsonde vom 3. Januar dieses Jahres. Bei seinem Vorbeiflug registrierte das Magnetometer von Galileo, dass das Magnetfeld des Mondes regelmäßig die Richtung wechselt. Daraus folgerten die Forscher, dass sich unter der Oberfläche von Europa in etwa fünf bis 20 Kilometern Tiefe eine leitende Substanz befindet. Da sich Europa im äußeren Magnetfeld des Planeten Jupiter bewegt, entsteht durch den klassischen Induktionseffekt dabei ein neues, sekundäres Magnetfeld. Dass der Nordpol regelmäßig seine Position ändert, lässt sich durch elektrische Ströme erklären wie sie von Salzwasserozeanen verursacht werden. Da Eis eine geringere Leitfähigkeit als Wasser hat, kommt es daher als Ursache nicht in Frage, und teilweise aufgetautes Eis, das einen ähnlichen Effekt verursachen könnte, halten die Wissenschaftler wegen der relativ hohen Temperaturen im Inneren von Europa für unwahrscheinlich.
Die Daten, die das Magnetometer von Galileo lieferte, sind tatsächlich mit den Messwerten vergleichbar, die man erwarten würde, wenn sich unter der Oberfläche eine Schicht mit elektrisch-leitendem Material - etwa ein flüssiger, salziger Ozean - befinden würde. "Wir haben gute Gründe anzunehmen, dass die Oberflächenschichten aus flüssigem oder gefrorenem Wasser bestehen", meint Dr. Margaret Kivelson von der Universität von Kalifornien (Los Angeles). Darauf hätten auch schon frühere Gravitationsmessungen hingewiesen, die auf eine mit Wasser vergleichbare geringe Dichte hinweisen. Aber Eis sei kein guter Leiter und daher glaube man eher an einen flüssigen Ozean. "Ich bin von Natur aus vorsichtig, aber diese neuen Beweise, sprechen sehr deutlich für einen Ozean, da das Magnetfeld des Jupiter seine Richtung an dem Ort, an dem sich Europa befindet, alle 5,5 Stunden ändert", erläutert Dr. Kivelson voller Optimismus.
Ob die Voraussetzung für Leben auf dem Jupitermond Europa wirklich gegeben ist, könnte im Jahr 2006 die bereits mehrfach verschobene Europa Orbiter Mission klären. Denn bei Ankunft wird sie direkt in eine Umlaufbahn um den Jupitermond Europa einschwenken und die kilometerdicke Eisschicht des Himmelskörpers, vor allem den vermuteten Ozean mit flüssigem Wasser näher untersuchen. Sollte eines Tages auf Europa auch nur eine Bakterie gefunden werden, wäre es der erste echte Beweis, dass wir im All nicht allein sind. Es würde unser Bewusstsein für immer verändern. "Galileo" hätte wieder einmal unser Weltbild verändert.