Autonome Systeme: Munition, die ihr Ziel sucht und zerstört

Ein Lethal Miniature Aerial Missile System aus schwärmenden Drohnen. Bild: US Army

Bei autonomen Kampfrobotern muss man auch an intelligente Patronen und andere Geschosse denken

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Wenn man an Kampfroboter denkt, stellt man sich kompliziertere Maschinen vor, wahrscheinlich intuitiv solche wie Drohnen, die Waffen mit sich führen und mit diesen feuern können. Kampfroboter können aber auch smarte, halbwegs intelligente Raketen, Granaten oder gar Patronen sein, die von Menschen oder einem KI-System abgefeuert werden, um ein Ziel zu zerstören oder einen Gegner zu töten. Solche Geschosse sind wie Selbstmordattentäter, die sich am Ziel in die Luft sprengen sollen, um sich und das Ziel zu vernichten.

Freilich waren die von Feuerwaffen abgeschossenen Projektile eigentlich immer solche suizidalen Geschosse, aber bei Munition, die einmal abgeschossen ihr Ziel sucht, verfolgt, bei Bedarf in der Luft/im Wasser verharrt und schließlich trifft, wäre die Metapher wahrscheinlich einleuchtender. Wie kürzlich ein Bericht festgehalten hat, fließt weltweit das meiste Geld nicht in die Entwicklung von Drohnen oder anderen Kampfrobotern, sondern in die von Munition wie Präzisionsraketen, die eben ein Ziel sucht, dieses verfolgt und womöglich selbst entscheidet, welches sie wann zerstört (Was ist besser daran, wenn nicht autonome Maschinen, sondern Menschen Waffen bedienen?)..

Letztes Jahr wurde bekannt, dass die Darpa, die Forschungsbehörde des Pentagon, an der Entwicklung von Munition für ein Gewahr arbeitet, die im Flug die Richtung ändern kann, um ein sich bewegendes Ziel zu treffen, auch wenn sie schon einmal abgefeuert ist. Extreme Accuracy Tasked Ordnance (EXACTO) sind Patronen mit Kaliber 0.50, die bereits von der Darpa getestet wurden und die Treffergenauigkeit verbessern sollen. Die sich im Flug steuernde Munition, die für alle Kaliber möglich wäre, besitzt ein optisches Leitsystem, dessen Einzelheiten allerdings unbekannt sind.

Kamikazedrohnen haben demgegenüber den Vorteil, dass bei ihnen auch der Angriff wieder gestoppt werden könnte und sie auch längere Zeit ein Ziel verfolgen oder über ihm schweben (loitering) , bevor sie sich mit ihrer kinetischen Kraft und ihrer Sprengladung hineinstürzen (Minidrohnen: Ideale Waffen für Anschläge und Mord). Die Army hat so eine Minidrohne namens Lethal Miniature Aerial Munition System (LMAMS) entwickelt. Dazu gehören auch die Drohnen von Lockheed Martin mit dem bezeichnenden Namen Terminator. Oder es gibt die 2,5 kg schwere Drohne Switchblade, die von einer Röhre abgeschossen wird, bis zu zehn Minuten fliegen kann und mit Kameras ausgestattet ist. Der Pilot oder Schütze löst dann keinen Schuss aus, sondern lässt die Drohne mit einer Geschwindigkeit von bis zu 150 km/h auf ein Ziel mit einer Sprengladung stürzen. Tödlich getestet wurden Switchblade-Drohnen bereits in Afghanistan.

Noch werden solche Geschosse von Menschen gegen ein Ziel abgefeuert, nicht nur denkbar, sondern auch bereits machbar wäre, dass ein autonomes System sie auch bei Detektion bestimmter Signale selbständig abfeuert. Damit wäre dann die Schwelle überschritten, die die US-Streitkräfte, wie der US-Verteidigungsminister Ash Carter mehrmals beteuerte, "niemals" überschreiten werden, aber sich Schritt für Schritt diesem Punkt annähern (US-Verteidigungsminister: "Niemals" volle Autonomie für Kampfroboter).

Das Office of Naval Research hat bereits Drohnen getestet, die nacheinander abgeschossen als Schwarm agieren sollen (LOw-Cost Unmanned aerial vehicle Swarming Technology - LOCUST). Sie sollen noch von einem Mann als Schwarm ferngesteuert werden und durch ihre Vielzahl die gegnerische Luftabwehr austricksen, Verluste sind, da billig, eingerechnet. Auch diese Drohnenschwärme sollen zu Munitionsschwärmen werden, so wünscht sich das Generalleutnant Robert Walsh vom Marine Corps Combat Development Command: "Sie können wahrnehmen, verschiedene Signale lokalisieren und dann die Signalträger vor unseren Soldaten angreifen, um diese zu schützen."

Die Marines haben bereits Drohnen, die Signale entdecken und beobachten können. Noch können sie erst bestimmte Frequenzen von Geräten aufspüren und lokalisieren, die Gegner mit sich führen und die dann mit anderen Waffen zerstört werden. Es gibt zwar große Raketen wie die AGM-88 HARM (High-Speed-Anti-Radiation-Missile) mit einem Breitband-Funkempfänger, die von Flugzeugen abgeschossen werden und auch bewegliche Radaranlagen verfolgen und treffen kann. Aber eine Rakete kostet einige hunderttausend US-Dollar, weswegen man für kleinere Ziele auch kleinere und billige Drohnen sucht, die finden und zerstören können. Letztlich müsse man, so Walsh, nur die Ziel- und Suchtechnik bei Drohnen mit einer Bewaffnung verbinden.

Der Islamische Staat experimentiert in Mosul mit solchen kleinen ferngesteuerten Drohnen, in die eine Sprengladung eingebaut ist. Wenn Kampfdrohnen ihre Ziele anhand bestimmter Kriterien wie Frequenzbereichen selber suchen, ist es nur noch ein Schritt, sie auch feuern zu lassen, zumal wenn es sich um Schwärme von solchen Drohnen bzw. eines Lethal Aerial Munition System handelt und Entscheidungen möglichst schnell getroffen werden müssen.

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