Autonomer Jäteroboter könnte Herbizide überflüssig machen
Bonirob kann Nutzpflanzen von Unkraut unterscheiden
Nutzpflanzen brauchen nicht nur Düngung, damit sie wachsen: Sie müssen auch vor Konkurrenz-Gewächsen geschützt werden, die schneller wachsen und ihnen Licht und Nährstoffe nehmen würden. Das Ausmerzen dieser Konkurrenz, das Unkrautjäten, war jahrtausendelang eine der anstrengendsten Leidbeigaben der Landwirtschaft. Dann entwickelte die American Chemical Paint Co. in den 1940er Jahren mit 2,4-Dichlorphenoxyessigsäure das erste Herbizid, das gezielt gegen Distel, Knöterich, Kamille und Ampfer wirkte. In den Jahrzehnten danach entdeckte man nicht nur zahlreiche weitere Herbizide, sondern auch Anhaltspunkte dafür, dass einige dieser Stoffe möglicherweise gesundheitsrelevante Nebenwirkungen bei Menschen haben könnten.
Nun haben die Bosch-Tochter Deepfield Robotics, die Hochschule Osnabrück und der Hasberger Landmaschinenhersteller Amazone auf der Landtechnik-Messe Agritechnica 2015 in Hannover ein Gerät vorgestellt, das den Einsatz von Herbiziden überflüssig machen könnte: Den Autonomen Agrarroboter Bonirob, der mit RTK-DGPS-Technik, Laserscannern, Lichtgittern, optischen 3D-Kameras und Mehrbereichsspektralsystemen Unkräuter erkennt und mit Bolzen in den Boden drückt, während er die jeweiligen Nutzpflanzen daneben verschont. Dabei muss der von einem 20-köpfigen Team um den Hannoveraner Honorarprofessor Amos Albert entwickelte Roboter nicht von menschlichen Arbeitskräften betreut werden - er sucht sich seine Spuren mit Hilfe von GPS und Sensoren selbständig.
Bislang sind nur zwei Bonirobs im Einsatz, die beide eine sechsstellige Summe gekostet haben. Beide wurden von Universitäten gekauft, die die Geräte nicht in erster Linie zum Unkrautjäten, sondern zur Zucht neuer Sorten nutzen: Bonirob kann nämlich auch feststellen, welche Pflanzen an welchen Stellen besonders gut oder besonders schlecht wachsten und wo sie von Insekten befallen sind und wo nicht. Außerdem kann er Form, Farbe und Größe der Früchte objektiv ermitteln. Mit diesen Daten können Züchter genau die Pflanzen auswählen, die sich für Weiterentwicklungen am besten eignen.
In drei Jahren soll das Gerät dem landwirtschaftlichen Massenmarkt zur Verfügung stehen. Interesse daran könnten unter anderem Bio-Bauern haben: Sie können damit ihren Ertrag steigern und ihre Produkte immer noch zu Bio-Preisen verkaufen, weil die Ertragssteigerung ohne Herbizide erreicht wird. Als Jäteroboter eingesetzt muss Bonirob derzeit aber noch lernen, welche Pflanzen er einstampft und welche nicht. Schwierig zu unterscheiden ist das zum Beispiel bei Karotten und Kamillen, die sich kurz nach dem Aufgehen der Saat recht ähnlich sehen.
Langfristig wollen die Landmaschinenentwickler bei Amazone Bonirob zu einem Autonomen Multifunktionsgerät weiterentwickeln, dass sich an andere landwirtschaftliche Geräte ankoppelt und diese steuert. So ein Gerät könnte dann nicht nur jäten, sondern auch pflügen, düngen, mähen, Heu wenden, verschiedenste Feldfrüchte ernten und sogar Schädlinge vernichten. Zur Schädlingsbekämpfung wären aber wahrscheinlich Drohnen als "elektronische Bussarde" besser geeignet: Sie könnten zum Beispiel gezielt Mäuse töten und (geschützte) Feldhamster am Leben lassen.
Voraussetzung für solche Entwicklungen ist, dass die Politik diese Fortschritte nicht bremst oder verhindert: Aber in einem Land, in dem man selbst gegen Stromleitungen demonstriert, haben bezahlte Bedenkenträger in Medien und Parteien selbstverständlich auch an Agrarrobotern etwas auszusetzen, obwohl sie dafür schon sehr ins Unscharfe gehen müssen, wie etwa Martin Häusling, der Agrarexperte der Grünen im Europaparlament: Er kritisiert, ein "Agrarsystem", in dem er sich Agrarroboter "rechnen", sei "schlichtweg nicht nachhaltig" und bemängelt, die "Beobachtung des Pflanzenzustands von einer Maschine erledigen zu lassen, förder[e] nicht unbedingt den bewussten und nachhaltigen Umgang mit dem Agrarökosystem durch den Landwirt selbst".
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