Autoritäre Phalanx: Trump, Vance und die Tech-Elite um Paypal-Milliardär Thiel

Donald Trump, V.J. Vance, Peter Thiel

Donald Trump, V.J. Vance, Peter Thiel. Bild: lev radin / shutterstock.com; Gage Skidmore, Flickr / CC BY-SA 2.0; Gage Skidmore, Flickr / CC BY-SA 2.0

Silicon-Valley-Magnaten haben sich hinter Trumps Revolutionsprojekt gestellt. Sie haben ein gemeinsames Ziel. Und eine Strategie, um an die Macht zu kommen.

Als der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump J.D. Vance am 16. Juli als seinen Vize ernannte, war das mehr als eine Personalie für ein eher symbolisches Amt. Es ist Ausdruck eines politischen Projekts der Make-America-Great-Again-Republikaner unter Trump, das darauf abzielt, die USA in einen autoritären Oligarchenstaat zu verwandeln.

Thiel ebnet Vance mit Millionen den Weg

Denn der 39 Jahre alte Senator aus Ohio verkörpert in gewisser Weise den Zusammenfluss verschiedener Kräfte, die eine konservative bis rechtsextreme Revolution von oben initiierten wollen. Als Vance 2011 an der Yale Law School studierte, besuchte er einen Vortrag von Peter Thiel, dem konservativen Tech-Milliardär und Mitbegründer von PayPal.

Obwohl Vance den in Deutschland geborenen Thiel damals bisher nicht kannte, wurde er im Laufe des nächsten Jahrzehnts Thiels Mitarbeiter und Freund. Er erhielt von ihm großzügige Spenden. Thiels Millionen ebneten Vance den Weg zum Senator.

Ab 2015 arbeitete Vance in Thiels Investmentfirma Mithril Capital und wurde ein Jahr später national bekannt, nachdem er die Memoiren "Hillbilly Elegy" über sein Aufwachsen in einer kaputten Arbeiterfamilie in den Appalachen geschrieben hatte. Das Buch, gepriesen dafür, wie es Einblick in das Trump-Land der Abgehängten gibt, wurde später auch verfilmt.

Vance schloss sich danach der Risikokapitalfirma Revolution an, die vom ehemaligen AOL-Chef Steve Case gegründet worden war, und startete im Jahr 2020 seine eigene Risikokapitalfirma Narya Capital, die von Thiel und dem ehemaligen Google-Vorstandsvorsitzenden Eric Schmidt finanziert wurde.

Von Silicon Valley in die Politik

Das erklärte Ziel von Vances Firma ist es, in Start-ups zu investieren, die vom Silicon Valley eher übersehen wurden. Seitdem ist er fest eingebunden in die Tech-Risikokapital-Welt.

Und diese Welt bildete das Sprungbrett für den Newcomer in die Politik: Ohne Thiel, ohne die jahrelange Unterstützung von Teilen von Silicon Valley, wäre es Vance nicht gelungen, auf dem Nominierungsparteitag der Republikaner zum potenziellen Vize-Präsidenten Trumps ernannt zu werden. Sein politischer Aufstieg ist letztlich das Produkt einer Investmententscheidung der Tech-Industrie in den USA.

Als sich Vance im Jahr 2022 für das Amt des Senators in Ohio bewarb, investierte Thiel die schwindelerregende Summe von 15 Millionen US-Dollar in den Wahlkampf seines Protegés und half laut Washington Post dabei, Trumps Unterstützung zu gewinnen, was dazu führte, dass Vance ein hart umkämpftes republikanisches Vorwahlrennen und dann die Senatswahlen gewann.

Thiel selbst hatte Trump schon im Wahlkampf 2016 finanziell stark unterstützt und hielt damals eine Rede auf dem Parteitag der Republikaner, um zu signalisieren, auf welcher Seite er stehe und welchen Präsidenten er sich wünsche.

2016 verglich Vance Trump noch mit Hitler

Und es war der Mitbegründer von Software-Riese Palantir, Thiel, der Vance schließlich zu einem ersten Gespräch mit Trump während eines geheimen Treffens in Mar-a-Lago im Februar 2021 mitbrachte, wie die New York Times berichtet. Auch andere Mitglieder der sogenannten "PayPal-Mafia", darunter Elon Musk und David Sacks – ein bekannter Risikokapitalgeber, der auf dem Parteitag der Republikaner eine Rede hielt –, betrieben intensiv Lobbyarbeit, um Vance bei Trump unterzubringen.

Als das gelang, feierten Sacks und Musk das als "Sieg" auf dem Social-Media-Kanal X (früher Twitter). Vor allem Thiel war es gelungen, Vance – einen selbsterklärten "Never-Trumper", der früher gegen Trump wetterte, ihn als "Idioten" bezeichnete und ihn 2016 sogar mit Adolf Hitler verglich –, seine Beziehung zum republikanischen Ex-Präsidenten und neuen Präsidentschaftskandidaten zu glätten.

Viele Repräsentanten der einflussreichen und wohlhabenden Tech-Elite und Risikokapitalgeber, die hinter Vance stehen, scheinen nun bereit zu sein, den Trump-Wahlkampf zu unterstützen. Investoren wie Musk, Marc Andreessen, ein weiterer Risikokapitalgeber, und Joe Lonsdale, Thiels Mitbegründer von Palantir, planen Berichten zufolge, große Summen zu spenden, um die Kampagne von Trump und Vance nach vorn zu bringen.

Die sich vertiefende Allianz zwischen Teilen von Silicon Valley, also von Big-Tech, Big-Data und Risikokapital, mit der Maga-Bewegung um Trump mit ihrem autoritären, neofaschistischen Projekt, hat in den USA Befürchtungen ausgelöst. Man sieht darin ein fatales Zusammenwirken von Kräften, die die Demokratie überwinden wollen.

Trump und Thiel eint Anti-Demokratie

So erklärte Trump, dass er ein "Diktator" an "Tag eins" sein werde. In seiner autoritären Rhetorik kündigte er an, als neuer Präsident Rache und Vergeltung zu üben, während er eine Agenda für seine zweite Amtszeit skizziert, die von einer beispiellosen Ausweitung der Exekutivgewalt, weitreichender Einmischung in das Justizsystem und einer massiven Säuberung des öffentlichen Dienstes geprägt ist.

Und das alles vor dem Hintergrund des Urteils des von Trump während seiner Amtszeit mit extremen Richtern besetzten Supreme Courts, dem Präsidenten bei offiziellen Handlungen strafrechtliche Immunität zuzusprechen.

Thiel, der zu NatCon – einer Organisation der Neuen Rechten, deren Anhänger glauben, dass das Establishment zerstört werden müsse –, enge Kontakte hat, erklärte im Jahr 2009, dass Demokratie mit Freiheit nicht vereinbar sei. Er habe "wenig Hoffnung, dass Wählen die Dinge besser machen wird".

Als Mitglied von Trumps Übergangsteam für die Präsidentschaft im Jahr 2016 schlug der Silicon-Valley-Großinvestor vor, dass ein führender Skeptiker des Klimawandels, William Happer, zum wissenschaftlichen Berater des Weißen Hauses ernannt werden sollte. Er drängte auch darauf, dass ein libertärer Bitcoin-Unternehmer, der nicht an Arzneimittelprüfungen glaubt, Leiter der Food and Drug Administration wird.

Die liberale Demokratie hält Thiel für gescheitert. Sie steuere auf eine "hirnlose Weltregierung" zu, während er vor dem "Wahnsinn der Massen" und der "totalitären Lüge" der Demokratie spricht, die nur durch rechten Nationalismus ein "entscheidendes Korrektiv" erhalten kann.

Big Data will Krieg führen und Bürger überwachen

Thiel konnte schon in Trumps Amtszeit als Präsident Einfluss auf die Regierung nehmen. Die Beziehungen des Pentagon zu dem von Thiel finanzierten Unternehmen Anduril Industries wurden ausgebaut, unterstützt von Personalbesetzungen aus dem Thiel-Freundeskreis.

Das Rüstungsunternehmen Anduril baut jetzt eine "virtuelle Grenzmauer" nach Mexiko für die US-Regierung. Trump, der lange Zeit für den Bau einer kompletten physischen Barriere an der Grenze zwischen den USA und Mexiko warb, verfolgt dieses Projekt nicht mehr und unterstützt nun die Lösung, die Anduril verkauft.

Das Unternehmen spielt auch eine wichtige Rolle beim Einsatz von unbemannten Drohnen bei den ukrainischen Militäroperationen. Auch andere von Thiel finanzierte Unternehmen wie Palantir (ein CIA-Auftragnehmer) und Clearview AI, das hauptsächlich auf Facebook gepostete Fotos (ein weiteres von Thiel unterstütztes Unternehmen) zur Entwicklung einer Überwachungsdatenbank zur Gesichtserkennung verwendet, sind darin involviert.

Über die Ukraine hinaus verändert das Netzwerk von Thiel-finanzierten Rüstungsunternehmen die Kriegsführung und ersetzt langsam aber sicher menschliche Entscheidungen durch Künstliche Intelligenz. Thiel ist zudem Architekt eines modernen Überwachungsstaates.

Er gründete Palantir, ein Unternehmen, das auf der Idee des gescheiterten Überwachungsprogramms Total Information Awareness (TIA) basiert. Palantir hat enge Verbindungen zur CIA und spielt eine Schlüsselrolle in der Überwachung und Datenerfassung für die US-Regierung.

Trump-Vance-Thiel als perfekter Sturm

Die investigative US-Journalistin Whitney Webb warnt auf dem Online-Magazin unlimitedhangout.com, dass Thiels Einfluss auf die US-Politik und seine Bemühungen, ein umfassendes Überwachungssystem zu etablieren, eine Gefahr für die Demokratie darstellen.

Während die Verbindungen an sich schon beunruhigend sind, sollte der potenzielle Einfluss Thiels auf eine mögliche Trump-Regierung jeden Amerikaner beunruhigen, unabhängig davon, wo er im politischen Spektrum steht. Denn Thiels Bemühungen um die Wiederbelebung und Weiterentwicklung einiger der Orwellschen und verfassungswidrigen Bestrebungen der Nachrichtendienste, abweichende Meinungen in den USA zu bekämpfen, sind besorgniserregend.

Es ist tatsächlich nicht übertrieben, in der Dreiecksbeziehung Trump-Vance-Thiel einen perfekten Sturm zu erkennen, aus dem ein autoritärer Oligarchenstaat erwachsen könnte. Ein solcher Staat würde als schrankenloser Agent der Superreichen und der Business-Elite agieren (siehe Trumps 1,5-Billion-Dollar-Geschenk an diese Klasse in seiner ersten Amtszeit), gepaart mit einer High-Tech-Überwachung zur Bevölkerungskontrolle (Big-Tech, Big-Data) und angetrieben von einem ebenso repressiven wie egomanischen Konservatismus (inklusive rechtem Terror gegen Minderheiten und Andersdenkende).

Auf der Jagd nach Arbeiterstimmen

Vance ist für die autoritäre Allianz das perfekte Bindeglied, das eine Lücke schließt, um die Partei für breite Schichten wählbar zu machen. Auf dem Parteitag der Republikaner war deutlich zu spüren, dass man sich als Arbeiter-freundlich präsentieren will. Man lud sogar einen Gewerkschaftsführer ein, dort zu sprechen.

Das Problem ist: Die Politik der Republikaner ist seit Jahrzehnten für jeden erkennbar gegen die Interessen der Arbeiter und auf die Bedürfnisse der Business-Elite ausgerichtet. Man kann großen Teilen der arbeitenden Bevölkerung schlicht keine politisch glaubwürdigen Angebote machen oder auf Verdienste in der Vergangenheit verweisen.

So hat Trump als Präsident nicht, wie versprochen, die Kohle und Industriearbeitsplätze zurückgebracht. Erfolgreich war er nur dabei, den Wohlhabenden und Ultrareichen mit Steuererleichterungen weiter die Koffer zu füllen, während er dem Sozialverfall tatenlos zuschaute.

Die Republikaner um Trump können also nicht mit konkreten Vorschlägen punkten. Sie müssen auf andere Weise versuchen, den Eindruck zu erwecken, dass sie eine Kümmerer-Politik für die "Kleinen Leute" betreiben werden.

Für diese "Blue-Collar"-Kampagnenaufgabe ist Vance perfekt geeignet. Er verkörpert schon in seiner persönlichen Geschichte das abgehängte Hinterland Amerikas mit seinen Arbeiterfamilien, dem er in einer Art American Dream entstieg.

Der ökonomische Populismus von Vance

In der Vergangenheit, vor seinem Schwenk hin zu Trump, präsentiert er sich außerdem als Anwalt der Arbeiter, der dafür sorgen werde, dass die Zeiten von Wall Street vorbei sind.

Er kritisierte dabei das neoliberale Freihandelsabkommen Nafta, prangerte "unbegrenzten Welthandel" an, lobte Sozialversicherungen, benutzte den Begriff "Big Business" abwertend und erklärte, dass Trump "die Wall Street bedient". "Wir werden uns für den arbeitenden Menschen einsetzen", fügte er hinzu.

An dieses Image kann nun die Trump-Regierung anknüpfen und davon profitieren. Allerdings steht das Projekt auf wackeligen Beinen. Denn der "ökonomische Populismus" von Vance besitzt so gut wie keine Bodenhaftung. Er bestehe lediglich aus leeren Worten, wie Mitherausgeber und Mitbegründer von The American Prospect, Robert Kuttner, betont:

Er ist ein sehr gefährlicher Schwindler. Und seine ganze Geschichte, vom Schreiben der Hillbilly Elegy über die 180-Grad-Wende von einem Kritiker zu einem Loyalisten von Trump bis dahin vorzugeben, sich für die arbeitenden Amerikaner einzusetzen, wenn er tatsächlich immer dagegen gestimmt hat, zeigt, dass er ein Fake ist. Und er ist ein attraktiver Fake. Er ist persönlich sympathisch.

Vance habe nichts getan, um Gewerkschaftsanliegen zu unterstützen. Alle politischen Reformen, die von Gewerkschaften gefordert und von der Biden-Regierung auf den Weg gebracht wurden – sie sollen es den Arbeitnehmern u.a. leichter machen, sich zu organisieren, verlangen von staatlichen Auftragnehmern, einen existenzsichernden Lohn zu zahlen oder wenden sich gegen unlautere Arbeitspraktiken – wurden von den Republikanern einzeln bekämpft, entweder vor Gericht, per Gesetz, in Form von Abstimmungen oder durch republikanische Vertreter in Regulierungskommissionen.

In Richtung autoritärer Oligarchenstaat

Vieles am autoritären Projekt der Phalanx Trump-Vance-Thiel erinnert an faschistische Strategien, die vom Naziregime in den 1930er-Jahren in eine totalitäre Politik gegossen wurden: Stimulierung xenophober Überfremdungshysterie (damals vor allem Juden betreffend, heute propagiert als dunkelhäutige "Invasion der Migranten" aus dem Süden, die Kriminalität einschleppen und den Amerikanern die Jobs klauen), Hetze gegen und Repression von gesellschaftlicher Opposition, konservativer Kulturkampf für eine bereinigte Heimat und ökonomischer Populismus fürs Volk.

Sollte sich das Team Trump-Vance, mit der Tech-Elite um Milliardär Thiel als Triebrad im Hintergrund, im November durchsetzen können, werden sich die Vereinigten Staaten sehr wahrscheinlich in Richtung auf einen autoritären Oligarchenstaat bewegen, mit allen Folgen, die das nach sich zieht.

Sicherlich, auch unter demokratischen Präsidenten regiert das große Geld in der US-Politik. So ist der Ex-Vorstandsvorsitzende von Google, Eric Schmidt, eng mit der Clinton-Familie verbunden.

Dass aber zentrale Institutionen der US-Demokratie eine zweite, radikalisierte Amtszeit von Trump unbeschadet überleben, darf bezweifelt werden angesichts der Agenda derjenigen Kräfte, die sich um Trump-Vance und die Maga-Bewegung versammeln.

Trump hat bei einer Wahlkampfveranstaltung gerade seinen Anhängern erklärt, dass sie in Zukunft nicht mehr wählen müssen: "Es wird dann alles geregelt sein!"