BSI-Affäre: Innenministerin Nancy Faeser sagt wieder nicht vor Ausschuss aus

(Bild: Olaf Kosinsky, CC BY-SA 3.0 DE, via Wikimedia Commons)

Scharfe Kritik von der Opposition: Die Ministerin erscheint erneut nicht vor Ausschuss. Vorwurf: Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes. Führt sie lieber Wahlkampf?

Hat Innenministerin Nancy Faeser (SPD) in der BSI-Affäre etwas zu verbergen? Diesen Verdacht äußerte am Donnerstag der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm. Grund ist ihr wiederholtes Fehlen im Innenausschuss des Bundestages. Die Ausschussmitglieder wollten sie zur Abberufung des ehemaligen Chefs des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, befragen.

„Sie hat sich dieser Gelegenheit heute erneut entzogen“, erklärte Throm nach der Sitzung. Das zeige, dass Faeser zu keinem Zeitpunkt die Absicht gehabt habe, dem Ausschuss Rede und Antwort zu stehen. Das nähre den Verdacht, dass sie etwas zu verbergen habe.

Die Opposition im Bundestag wollte der Frage nachgehen, ob Faeser den Verfassungsschutz einschalten wollte, um Material gegen Schönbohm zu sammeln, das eine Versetzung des Spitzenbeamten rechtfertigen könnte. Der Vorwurf ist bislang unbewiesen.

Ihr Fehlen im Ausschuss sei „schlicht nicht akzeptabel“, sagte Throm, besonders beim Verdacht, den Verfassungsschutz für solche Zwecke instrumentalisieren zu wollen. Die Möglichkeiten der Opposition, „mit normalen parlamentarischen Mitteln hier Aufklärung von der Ministerin zu erlangen“, stießen an ihre Grenzen.

Bereits für Dienstag war eine Sondersitzung des Innenausschusses angesetzt, zu der Faeser ebenfalls nicht erschien – sie ließ sich aus gesundheitlichen Gründen entschuldigen. Am Mittwoch nahm sie dann wieder an der Haushaltsdebatte im Bundestag teil, wo sie für ihr Verhalten kritisiert wurde.

So warf ihr Unionsfraktionschef Friedrich Merz vor, sich krankgemeldet, aber am selben Tag in Wiesbaden Interviews gegeben zu haben. Das Bundesinnenministerium teilte am Mittwoch mit, Faeser habe nach ihrer Hirnhautentzündung einen wichtigen Arzttermin in ihrem Heimatort wahrgenommen und deshalb am Dienstagmorgen nicht in Berlin sein können.

Mit dieser Antwort gab sich auch Linken-Chefin Janine Wissler nicht zufrieden. Am Mittwoch hatte sie im Bundestag gesagt, dass sich die Innenministerin erklären müsse. „Dass Nancy Faeser sich für die gestrige Sitzung des Innenausschusses im Bundestag krankgemeldet hat, um keine kritischen Fragen beantworten zu müssen, aber gleichzeitig Wahlkampf in Hessen machte, wirft ein verheerendes Licht auf sie und erschüttert ihre Glaubwürdigkeit.“

Faeser tritt in bei den Landtagswahlen in Hessen als Spitzenkandidatin der Sozialdemokraten an.

Die Abberufung Schönbohms

Im November hatte Innenministerin Faeser den Chef des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, abgesetzt. Auslöser war damals eine Sendung des ZDF-Satirikers Jan Böhmermann.

Im "Magazin Royal" warf Böhmermann dem früheren BSI-Chef Arne Schönbohm eine zu große Nähe zu einem Verein vor, der Kontakte zu russischen Geheimdiensten gehabt haben soll. Wie sich dann aber herausstellte, waren die Vorwürfe offenbar unbegründet.

Es habe schon früh Zweifel an der Darstellung gegeben, berichtete Business Insider. Und nach sechs Monaten können die Vorwürfe offenbar als haltlos betrachtet werden. Denn Ende April habe das Innenministerium in einem Schreiben an Schönbohms Anwälte eingeräumt: Behördeninterne Voruntersuchungen hätten keine Anhaltspunkte gebracht, die es rechtfertigen würden, ein Disziplinarverfahren einzuleiten.

Bei der Deutschen Presse-Agentur (dpa) hieß es dann, der Grund für die damalige Entscheidung, die BSI-Spitze auszuwechseln, sei fehlendes Vertrauen gewesen. Schönbohms Amtsführung stand in der Kritik. Berichten zufolge soll er ein toxisches Führungsverhalten an den Tag gelegt haben. Und ihm wurde offenbar nicht zugetraut, das Bundesamt als starke zentrale Cybersicherheitsbehörde aufzustellen.

Ein Bericht von Die Welt folgte und legte nahe, dass Schönbohm nicht über die von Böhmermann erhobenen Vorwürfe stolperte, die ohnehin nur "auf unbelegten Teilinformationen" beruht hätten. Sie hätten lediglich den Anlass geboten.

Der ehemalige BSI-Chef habe sich im Innenministerium zu viele Feinde gemacht – und Böhmermann habe sich unbewusst oder vorsätzlich vor deren Karren spannen lassen, hieß es in dem Bericht. Schönbohm sei aber von Anfang an umstritten gewesen, nachdem er 2016 das Amt übernommen hatte.

Dennoch habe er das BSI zu einer schlagkräftigen Behörde umgebaut, hieß es im Welt-Bericht. Je relevanter das Thema IT-Sicherheit geworden sei, desto mehr Geld und Personal habe es gegeben. Daraus leitet das Springer-Blatt ab, dass der Vorwurf, die Behörde sei nicht gut aufgestellt, nicht greifen könne.

Dasselbe mit dem Vorwurf des toxischen Führungsverhaltens: Nach seiner Abberufung hatte Schönbohm Unterstützung aus der Belegschaft erfahren. In einem Schreiben des Personalrats an Innenministerin Faeser hieß es laut Die Welt, man habe Schönbohm als "integre Person erlebt".

Stattdessen könnten andere Gründe zu seiner Abberufung geführt haben.

Schönbohm sah sich nicht als verlängerten Arm des Innenministeriums; er hörte auf den Rat seiner Experten in seiner Behörde. Er vertrat deren Einschätzungen in internen Debatten mit dem Innenministerium und den übrigen Sicherheitsbehörden - wobei es immer wieder zu fachlichen Auseinandersetzungen kam. Das war aus Sicht seiner Kritiker sein Fehler Nummer eins.

Die Welt, 14.05.2023

Der zweite Fehler sei vermutlich gewesen, dass Schönbohm seine fachlichen Einschätzungen zu den Schwächen der deutschen Cyberabwehr öffentlich machte. Ob man sich im Innenministerium deshalb düpiert fühlte, ist nicht bekannt.

Dass aber offensichtlich kein Fehlverhalten seitens des früheren BSI-Chefs vorlag, ist nun Wasser auf den Mühlen der Opposition. "Den Ruf der Person Arne Schönbohm und des BSI als Sicherheitsbehörde hat Ministerin Faeser damit grundlos beschädigt", erklärte damals laut dpa die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Nadine Schön (CDU).

Und der digitalpolitische Fraktionssprecher Reinhard Brandl (CSU) betonte demnach: "Wir erwarten, dass Frau Faeser Herrn Schönbohm nach ihrem Eingeständnis, dass nichts gegen Herrn Schönbohm vorliegt, auch öffentlich rehabilitiert".

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.