BSI-Skandal: Böhmermann äußert sich zu Kritik – und schweigt zu Kernvorwurf
ZDF-Moderator nimmt in dpa-Interview zur anhaltender Debatte Stellung. Positionen aus schriftlicher Stellungnahme wiederholt. Warum das unzureichend ist.
Der Moderator der ZDF-Sendung Magazin Royal, Jan Böhmermann, hat in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa auf die zunehmende Kritik an seiner Sendung reagiert. Dabei ging es auch um einen Beitrag über den früheren Chef des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, im Oktober vergangenen Jahres.
Dabei war Schönbohm im Magazin Royal indirekt mit dem russischen Geheimdienst in Verbindung gebracht worden. Noch im gleichen Monate hatte Innenministerin Nancy Faeser den BSI-Chef entlassen – und dies auch mit Böhmermanns Sendung begründet.
Darauf befragt, sagte Böhmermann im dpa-Interview nun: "Ich bin nicht das Bundesinnenministerium. Unter anderem den Cyber-Sicherheitsrat e.V., der von Herrn Schönbohm mitgegründet wurde und zu dem es ihm unserer Ansicht nach an Distanz fehlte, haben wir vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs neu bewertet. Wir haben uns auf bestehende Recherchen von "Zeit" und dem RBB-Magazin "Kontraste" gestützt und mit unseren eigenen Recherchen verbunden. Was danach im Bundesinnenministerium vor sich ging, entzieht sich nun wirklich unserer Verantwortung.:Jan Böhmermann
Neben dem Verweis auf andere Medien sagte er, offenbar in Bezug auf sein Redaktionsteam im Plural: "Wir sind weiterhin der Überzeugung, dass es begründete Zweifel an seiner Kompetenz gab und gibt.
Unsere Recherche steht - und nein, wir haben keine falschen Behauptungen oder unwahre Vorwürfe erhoben." Diese Position hatte er, wie Telepolis am Montag in einem Leitartikel beschrieb, zuvor schon in einer schriftlichen Stellungnahme vertreten.
Die Recherche sei "nicht inhaltlich widerlegt worden oder auch nur presserechtlich zu beanstanden". Man können sich durchaus fragen, ob das Bundesinnenministerium mit seiner Abberufung richtig gehandelt habe, so Böhmermann weiter. Aber das müssen doch andere beantworten, nicht wir.
Auch Schönbohms Vorwurf des Rufmordes wies Böhmermann zurück. Diese Anschuldigung komme ein Jahr nach der Sendung. "Fakt ist: In unserer Sendung ist nichts drin, was nicht den Tatsachen entspricht", wiederholte er.
Auf die Frage, ob es nicht problematisch sein könne, dass er seine Kritik an bestimmten Missständen oder Systemen an einzelnen Personen aufziehe, gestand Böhmermann ein:
Klar, es ist immer die Gefahr, dass sich so eine Personalisierung ein Stück weit ungerecht anfühlen kann. Aber wenn man eine für wichtige Sicherheitsfragen zuständige Bundesbehörde leitet, muss man schon damit rechnen, dass man mit scharfer kritischer Berichterstattung so dargestellt wird, wie man sich selbst nicht sieht.
Jan Böhmermann
Telepolis hatte sich am Montag mit ebendieser Frag befasst in wie folgt kommentiert:
Es mag nicht falsch gewesen sein, was er behauptete: Es war in der Sache aber nicht belastbar. Eine Meinungsäußerung, presserechtlich beurteilt, ein Werturteil womöglich.
Fakt ist und bleibt aber, dass das Innenministerium diese Art der Berichterstattung, die der Geschädigte nun ebenso mit Fug und Recht als Diffamierung bezeichnen darf, zum konkreten Vorwurf gewandelt hat.
Damit bekam das faktenfreie Werturteil – Schönbohm habe Kontakt zu jemandem gehabt, der Kontakt zu jemandem gehabt habe, und sei daher ein Cyberclown – eine neue Qualität. Und damit muss sich Jan Böhmermann auseinandersetzen. Tut er aber nicht.
Jan Böhmermann und der BSI-Skandal: Halt mal Distanz zum Staat, Digga!, Telepolis-Leitartikel, 11.09.2023
Auch einem weiteren Aspekt weicht der ZDF-Moderator aus: Seinen Kontakten zum Innenministerium. Laut den Antworten der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion im Bundestag hatte er vor der Sendung mehrfach Kontakt zu dem Ressort unter Leitung von Nancy Faeser.