Baggerstopp für 1,5 Grad
Die Energie- und Klimawochenschau: Hitze und Starkregen im Juni und neue Forderungen nach einem schnellen Braunkohlestopp
Der Deutsche Wetterdienst kam mit seiner Zusammenfassung des Juniwetters ein paar Tage zu früh, denn die letzten Junitage änderten zumindest bei der Niederschlagsbilanz alles.
Bis zum 29. Juni verzeichnete der DWD örtlich im Großraum Berlin und in der Uckermark nur Niederschlagsmengen von weniger als fünf Liter pro Quadratmeter. In Folge der Trockenheit kam es zu ersten Waldbränden in diesem Jahr. Die Uckermark konnte mit bis zu 184 Liter pro Quadratmeter binnen 24 Stunden dann noch kräftig aufholen.
So dürfte die Niederschlagsbilanz im Juni plötzlich überdurchschnittlich ausfallen - 180 Liter sind fast das Dreifache des durchschnittlichen Niederschlags im Juni in Brandenburg. Für die ausgetrockneten Böden bringt das wohl nur bedingt Entlastung, denn so große Regenmengen in so kurzer Zeit können sie kaum aufnehmen.
Im Süden Deutschlands hatten dagegen schon zu Beginn des Monats schwere Gewitter für überdurchschnittliche Regenmengen gesorgt. In den letzten Junitagen kam es dann erneut zu Starkregen und Hagel, besonders schlimm getroffen wurde Landshut, wo binnen weniger Minuten die Innenstadt unter Wasser stand.
Unverändert bleibt die Temperaturbilanz für den Juni 2021, der der drittwärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen war. Während der Hitzeperiode in der Mitte des Monats wurden in Berlin und Baruth Höchstwerte von 36,6 Grad Celsius gemessen.
Verglichen mit dem, was in verschiedenen anderen Weltregionen an Hitzewellen und Waldbränden vermeldet wird, war die Junihitze in Deutschland noch harmlos. Nicht nur in Kanada brennt es, sondern auch im Norden Russlands. Und auch in Brasilien wütet noch vor der eigentlichen Trockenperiode wieder eine Vielzahl von Bränden, wie die Zeit berichtet, und zwar mehr als im Juni 2020.
Zudem steigt durch die erneute Dürre die Brandgefahr im Pantanal, dem größten Binnenlandfeuchtgebiet der Erde. Das Gebiet, das von der UNESCO zum Welterbe erklärt wurde, wurde im vergangenen Jahr zu 30 Prozent von Feuer zerstört.
Klimaklage auch gegen NRW
Wie berichtet, hat der nordrhein-westfälische Landtag ein Klimaschutzgesetz verabschiedet, mit dem individuelle Rechte auf Klimaschutz und damit einhergehende Klagemöglichkeiten ausgeschlossen werden sollen.
Das hindert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) allerdings nicht daran, gegen das Landesklimaschutz von NRW, genauso wie gegen die Klimaschutzgesetze bzw. fehlenden Klimaschutzgesetze von Bayern und Brandenburg im Namen von Kindern und jungen Erwachsenen Verfassungsbeschwerde einzulegen.
"Im Nachgang der wegweisenden Klimaentscheidung des Bundesverfassungsgerichts fordern die Beteiligten nun auch auf Landesebene die Verabschiedung von Landesklimaschutzgesetzen, die dem Pariser Klimaschutzabkommen und dem Grundgesetz entsprechen", teilt die DUH mit. Brandenburg hat bislang gar kein Landesklimaschutzgesetz verabschiedet, im bayerischen Klimaschutzgesetz fehlen jegliche Fristen zur Erreichung von Klimaschutzzielen.
Nordrhein-Westfalen nennt zwar Ziele für die Jahre 2030, 2040 und 2045, die in der Neufassung sogar angehoben wurden, entsprechende Instrumente sind aber aus dem Gesetz gestrichen worden. Die Umwelthilfe erachtet die Klagen auf Landesebene für notwendig, da in einem föderalen Staat wie Deutschland auch die Bundesländer in der Pflicht seien, angemessene Maßnahmen für den Klimaschutz verbindlich umzusetzen.
Ein wichtiger Schritt zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels wäre in Nordrhein-Westfalen eine drastische Begrenzung der Braunkohlefördermengen aus den Tagebauen Hambach und Garzweiler II. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat berechnet, dass dort ab Januar 2021 nur noch 200 Millionen Tonnen Braunkohle gefördert werden dürften, um einem Treibhausgasbudget Genüge zu tun, das zumindest mit 50prozentiger Wahrscheinlichkeit die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels erlaubt.
Die aktuellen Pläne zur Kohleverstromung bis zum Jahr 2038 würden hingegen einem Abbau von 780 Millionen Tonnen Braunkohle aus den beiden Tagebauen ermöglichen. Bei einem Ausstiegspfad entsprechend des 1,5-Grad-Ziels könnten auch die bedrohten Dörfer am Rande von Garzweiler erhalten bleiben.
Weder aus energiewirtschaftlicher noch aus energiepolitischer Sicht besteht eine Notwendigkeit für einen kompletten Aufschluss des Tagebaufeldes Garzweiler II. Im Gegenteil, die energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich grundlegend geändert und machen daher nach § 30 Landesplanungsgesetz eine neue Leitentscheidung für das rheinische Braunkohlenrevier zwingend notwendig.
DIW-Studie
In der Studie wurde modelliert, wie die Förderung bis zu den jetzigen Tagebaukanten gestaltet werden könnte, ohne die Dörfer am Rand oder den Hambacher Wald zu gefährden. Dazu sollte ein Böschungswinkel von 1:5 eingehalten werden.
In der Lausitz plant die LEAG offenbar, für die Braunkohleverstromung in Brandenburg bereits knappe Wasserressourcen in Anspruch zu nehmen. So soll das Kraftwerk Jänschwalde in näherer Zukunft mit Spreewasser gekühlt werden, wenn es nach dem Willen des Betreibers geht. Beantragt wurde dafür eine Entnahme von 0,5 Kubikmeter pro Sekunde im Jahr 2025, wie aus einer Akteneinsichtnahme durch die Grüne Liga hervorgeht.
Dabei rechnet die LEAG damit, dass 80 Prozent des Kühlwassers nicht wieder zurück in die Spree eingeleitet werden können. Die Kühlwasserentnahme wurde für den Bewirtschaftungsplan Elbe 2022-27 beim Landesamt für Umwelt beantragt. Der Bewirtschaftungsplan soll bis Ende des Jahres beschlossen werden.
Würde dem Antrag der LEAG stattgegeben, würde die Kühlwasserentnahme nach bisherigen Grundsätzen Priorität genießen. Wasserkonflikte könnten sich bei zunehmender Wasserknappheit in der Region daher noch weiter verschärfen. Die Spree spielt eine wichtige Rolle beim Erhalt des Biosphärenreservats Spreewald, der Trinkwasserversorgung von Teilen Berlins und der Flutung der Tagebaurestlöcher.
Dabei sinkt das Wasserangebot ohnehin schon, da weniger Wasser aus noch aktiven Tagebauen abgepumpt wird und die die Niederschlagsmengen in der Region zurückgehen. Bisher wurde auch das Kraftwerk Jänschwalde mit dem abgepumpten Wasser aus dem angrenzenden gleichnamigen Tagebau gekühlt, der aber bis 2023 stillgelegt werden soll. Das Kraftwerk Jänschwalde, das ebenfalls Braunkohle aus Welzow-Süd bezieht, soll bis Ende 2028 vollständig stillgelegt werden.