BamS: NSA droht Deutschland mit Datenbezug aus Polen
In Washington und Fort Meade hält man angeblich nicht viel von der Kompromisslösung einer Einsichtnahme durch eine Vertrauensperson
Seit herauskam, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) dem US-Geheimdienst NSA auch Material zu Suchbegriffen wie EADS und Siemens lieferte, fordern deutsche Parlamentarier Einsicht in die so genannte "Selektorenliste", die fast eine halbe Million an Buchstaben- und Zahlenkombinationen enthalten soll, von denen der BND Medienberichten zufolge nur bei der Hälfte eine Vorstellung davon hat, was sie bedeuten. Letzte Woche machte die Bundesregierung den Vorschlag, dass eine Person, die das Vertrauen beider Seiten genießt, Einblick in die Liste nehmen und dem Bundestag Fragen dazu beantworten könnte.
Medienberichten zufolge haben sich Union und SPD im NSA-Untersuchungsausschuss bereits auf den ehemaligen Verwaltungsrichter Kurt Graulich als Vertrauensperson geeinigt haben. Er soll jedoch keine "konkreten Inhalte" preis, sondern nur begrenzt Auskunft geben dürfen. Weil § 10 des Untersuchungsausschussgesetzes (PUAG) keine solchen Einschränkungen hergibt, wird er formell nicht vom Ausschuss, sondern von der Bundesregierung eingesetzt.
Einem Bericht der Wochenzeitung Bild am Sonntag zufolge sind auch die Amerikaner nicht mit dieser Kompromisslösung einverstanden. Danach befürchtet man bei der NSA und in der US-Regierung, die Bundesregierung könne auf diese Weise "Staatsgeheimnisse verraten". Der US-Geheimdienst "erwägt" deshalb angeblich, die Zusammenarbeit mit dem BND zurückzufahren und stattdessen enger mit polnischen Geheimdiensten zusammenzuarbeiten. Dort könnten Abhörstationen errichtet werden, wie sie der BND in Bad Aibling von den Amerikanern übernommen hat.
Ob und welche Nachteile eine Verringerung der Zusammenarbeit der NSA und anderer US-Dienste mit dem BND hätte, ist nicht ganz klar. In bisher lancierten Drohungen hieß es stets, Terrorwarnungen würde man den Deutschen auch im Falle einer Partnerschaft auf kleinerer Flamme weiter zukommen lassen.
Konstantin von Notz, der Obmann der Grünen im NSA-Untersuchungsausschuss sieht die angebliche Drohung mit einem Umzug nach Polen nicht als valides Argument dafür, auf eine Überprüfung der Selektorenliste zu verzichten. Das gehört seiner Ansicht nach zur parlamentarischen Kontrolle von Geheimdienstoperationen. Diese Kontrolle gebe es in den USA - und sie müsse auch in Deutschland möglich sein. Die Grünen und die Linkspartei wollen deshalb eine Einsichtnahme in die Liste durch Gerichtsklagen erzwingen, wenn sie die Bundesregierung nicht dazu bereit erklärt.
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