Bankgeheimnis komplett gestrichen

Quentin Massys: Die Steuereintreiber

Das Abwehrrecht gegen den Staat wurde bereits von Finanzminister Eichel umfassend ausgehöhlt

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Ohne größere Medienaufmerksamkeit hat der Bundesrat diesen Monat mit dem von ihm genehmigten Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz (StUmgBG) das fast 400 Jahre währende Bankgeheimnis abgeschafft. Artikel 1 Nummer 2 des StUmgBG streicht nämlich vollständig den bisherigen § 30a der Abgabenordnung ("Schutz von Bankkunden"), dessen Absatz 1 die Finanzbehörden bislang mahnte, " bei der Ermittlung des Sachverhalts […] auf das Vertrauensverhältnis zwischen den Kreditinstituten und deren Kunden besonders Rücksicht zu nehmen."

Dass die seit Sonntag geltende neue Regelung so wenig Medienaufmerksamkeit bekam, dürfte auch daran liegen, dass der damalige SPD-Finanzminister Hans Eichel dieses Abwehrrecht gegen den Staat bereits vor zwölf Jahren so stark aushöhlte, dass die jetzt erfolgte komplette Streichung fast wie eine bloße Formalie wirkt, auch wenn mit ihr noch eine Reihe kleinerer Einschränkungen wegfallen - zum Beispiel die, Konten nicht "allgemein" zu überwachen.

Aus der versprochenen Ausnahme wurde ein "Standardinstrument der Behörden"

Als das Bankgeheimnis 2005 ausgehöhlt wurde, hieß es, die danach möglichen Abfragen sollten und würden nur in Ausnahmefällen geschehen. Im letzten Jahr lag die Zahl der Zugriffe allerdings schon bei über 300.000 - das waren etwa doppelt so viele wie 2013. FDP-Präsidiumsmitglied Volker Wissing sah das "Indiz dafür, dass die Kontenabfrage nicht mehr ein Instrument im konkreten Verdachtsfall, sondern zu einem Standardinstrument der Behörden verkommen ist". "Der Staat", so der promovierte Jurist, "schnüffelt, was das Zeug hält" (vgl. FDP kritisiert staatliche Massenabfragen von Bankkonten).

Begründet wurde die Legalisierung der staatlichen Einsichtnahme in Privatkonten 2005 nicht nur mit dem Kampf gegen reiche Steuerhinterzieher, sondern auch mit dem gegen Terror. Diesen Kampf gegen Terror nennt Finanzstaatssekretär Michael Meister von der CDU inzwischen auch als Begründung für Barzahlungseinschränkungen (vgl. Bundesregierung plant Obergrenze - für Barzahlungen). Zu den Kritikern, die in solchen Barzahlungseinschränkungen wie dem seit Montag geltenden Verbot, anonyme Bargeldgeschäfte mit mehr als 10.000 Euro abzuschließen, vor allem Schritte auf dem Weg zur Bargeldabschaffung sehen, zählt auch Wissing. Er meint, "so wie die Kontenabfragen ausgeweitet werden und die Schnüffelei auf den Konten von der Ausnahme zur Regel geworden ist, wird auch die Bargeldobergrenze in einer Bargeldabschaffung enden".

Opfer eines Verbots größerer Scheine und Bargeldgeschäfte wären gerade Bezieher geringer Einkommen, die zum Beispiel Bargeld horten, um eine Notreserve jenseits der Hartz-IV- und Pflege-Freibeträgen zu haben, weil nicht nur Finanzämter und Gerichte, sondern auch Sozialbehörden (die im Regelfall keine Millionenverstecker, sondern eher kleine Fische an der Angel haben) in den privaten Bankkonten schnüffeln dürfen. Für schlecht wirtschaftende Regierungen hätte eine Volldigitalisierung von Geld dagegen den Vorteil, dass sie damit recht einfach ihre Staatsschulden verringern können, indem sie Sparer (die dann nur mehr sehr schwer ausweichen können) mittels Negativzinsen enteignen (vgl. Bargeldverbot würde zu mehr Kontrolle und Enteignung führen).

Kryptowährungen

Eine Möglichkeit, der staatlichen Kontrolle des Geldverkehrs zu entkommen, sind Kryptowährungen - zumindest so lange, wie man sie nicht in andere Währungen umtauschen muss. Die seit acht Jahren etablierte Blockchaingelderfindung Bitcoin spielt inzwischen nicht nur in der informellen Ökonomie und in dysfunktionalen Staaten wie Venezuela (vgl. Bitcoin gegen Staatsversagen) eine wichtige Rolle, sondern auch in China, Indien und den USA.

Bitcoins bieten - ebenso wie Bargeld - den Vorzug der Anonymität. Wird eine Bitmünze von einer Person zu einer anderen transferiert, dann signiert der Zahler einen Hash der vorherigen Transaktion mit seinem privaten digitalen Schlüssel und dem öffentlichen des Empfängers. Beide werden der Münzdatei an ihrem Ende hinzugefügt, so dass der Empfänger verifizieren kann, ob die Transaktion stimmt. Was er (ebenso wie bei Bargeld) nicht nachverfolgen kann, ist, für welche Zwecke das Geld in der Vergangenheit verwendet wurde.

Zudem sind die Münzen nicht so beliebig vermehrbar wie der EZB-Euro, sondern nur durch aufwendige Rechenprozesse. Grundlage der Bitcoins ist nämlich ein komplexer Algorithmus, über den die Münzen errechnet werden. Durch die frei zur Verfügung stehenden Clients kann das theoretisch zwar jedermann - ob sich das lohnt, hängt aber sehr von den Stromkosten ab. Der Algorithmus soll zudem dafür sorgen, dass bis 2040 lediglich 21 Millionen Bitcoins erzeugt werden können. Danach folgt eine geplante Deflation, die die Entwickler aufgrund der vielen Nachkommastellen der Münzen nicht als wirkliches Problem ansehen.

Diese geplante Deflation beflügelt auch Spekulanten, die die Digitalmünzen weniger für Transaktionen, denn als Anlageobjekte nutzen (vgl. Wenig Unterschied zu Aktien). Die Attraktivität als Anlageform trägt wiederum dazu bei, dass die Risiken von Kursschwankungen steigen.

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