Baskische Zeitung und Website geschlossen
Erneuter Schlag gegen die Pressefreiheit im Baskenland
Die paramilitärische Guardia Civil hat im gestrigen Morgengrauen zahlreiche Redaktionen und Wohnungen gestürmt und die baskische Tageszeitung Euskaldunon Egunkaria geschlossen. Die Redaktionsräume in Andoain, aber auch die Zweigstellen wurden mehrere Stunden lang durchsucht, nur die Redaktion im französischen Teil des Baskenlandes blieb verschont. Auch die Kulturzeitschrift Jakin (Wissen) wurde gestürmt, sowie eine Lokalzeitung, allerdings wurde nur Egunkaria geschlossen, obwohl in der richterlichen Anweisung nur von Durchsuchung gesprochen wurde. Insgesamt wurden auf Anordnung aus Madrid bisher zehn Journalisten verhaftet, die für die rein in Euskera (baskische Sprache) erscheinende Zeitung arbeiten oder gearbeitet haben, darunter auch der Direktor der Zeitung, Martxelo Otamendi.
Wie üblich wird ihnen die Mitgliedschaft in der baskischen Separatistenorganisation ETA vorgeworfen. Seit einiger Zeit wird offenbar die Kriminalisierung all der Medien vorbereitet, die im Baskenland nicht unter Kontrolle der spanischen Regierung stehen. Schon vor einem Jahr wurden Otamendi und die Chefin der Tageszeitung Gara (Wir sind) nach Madrid zitiert, weil beide Zeitungen ein Interview mit der ETA abgedruckt hatten. Das Verfahren wegen der Veröffentlichung des Interviews wurde eingestellt, aber es läuft ein zweites absurdes Verfahren weiter, weil die Journalisten, nach Ansicht der Staatsanwaltschaft, mit einer Frage die Ermordung eines Politikers gerechtfertigt oder sogar dazu aufgestachelt hätten.
Soweit bisher bekannt ist, dreht sich die Schließung von Egunkaria aber nicht um diesen Fall. Diese Anklage dürfte eher zur propagandistischen Vorbereitung der Schließung benutzt worden sein. Angeblich sei die Tageszeitung in das Finanzsystem der ETA verwickelt. In einem einzigartigen Vorgang hat der Nationale Gerichtshof gemeinsam mit der Regierung die "vorläufige Schließung" von Egunkaria in einer Presseerklärung damit begründet. Damit hat die Justiz auch formell ihre Unabhängigkeit aufgegeben. Ein unglaublicher Vorgang für eine Demokratie: Nun wird bei Egunkaria, die seit 13 Jahren besteht und eine Auflage von 15.000 Exemplaren hat, die selbe Argumentation ausgegraben mit der 1998 unrechtmäßig die Zeitung und das Radio "Egin" (Machen) geschlossen wurden.
Wie weit es damals mit Beweisen her war, zeigt die Tatsache, dass die etwa 20 verhafteten Journalisten wieder frei sind und ihnen in den letzten fünf Jahren nicht einmal der Prozess gemacht wurde. Für die Schließung von Medien muss die Mitgliedschaft in einer Terrororganisation nachgewiesen werden, allein die Unterstützung reicht dafür nicht. Doch bei Egin gelang noch nicht einmal der Nachweis der Unterstützung von einzelnen Mitarbeitern.
Vor zwei Jahren traf derselbe Vorwurf die Monatszeitschrift "Ardi Beltza" (Schwarzes Schaf). Auch hier zerstreuten sich die Beschuldigungen bald und ihr Direktor wurde ebenfalls nach Monaten Haft frei gelassen, weil er, wie der nationale Gerichtshof urteilte, "legitime journalistische Arbeit" geleistet hat. Aber auch diese Monatzeitschrift wurde durch die Ankündigung der Schließung ökonomisch ruiniert).
Dass Egunkaria durch den erneuten Angriff auf die Presse- und Meinungsfreiheit verschwindet, ist mehr als zweifelhaft. Bestenfalls wird sie ins Exil gehen, wie es die Schwarzen Schafe gemacht haben. Aus dem französischen Teil des Landes erscheint deren Nachfolger Kale Gorria (Rote Straße). Denn in Frankreich sind bisher sogar alle Gruppen legal, die auf der Terrorliste der EU stehen. Daran wird sich auch nicht viel ändern, wie von höchster Stelle deutlich gemacht wurde. So hat der zweite Mann der französischen Polizei die spanischen Verbote, ausgesprochen vom Ermittlungsrichter Baltasar Garzón, als "Delikte gegen die Meinungsfreiheit" bezeichnet. Für Garzón sind Batasuna, etliche Gruppen und Medien "Teile der ETA" und wurden deshalb verboten. Der Beweis ist ihm noch in keinem Fall gelungen. Man könne nicht alles machen, sagte Bernard Squarcini, Anwärter auf den Chefsessel des Geheimdienstähnlichen Renseignements Généraux (RG). Er wendet sich auch gegen das Verbot der baskischen Partei Batasuna.
Heute haben die Journalisten von Egunkaria eine neue Ausgabe ihrer Zeitung unter dem Namen Egunero herausgebracht und verweisen darauf, dass sie keine Verbindung zur ETA haben, sondern unabhängig von allen Parteien als einzige Zeitung nur in baskischer Sprache berichten.
Warum es ausgerechnet Egunkaria getroffen hat, wo doch stets die Zeitung Gara von Madrider Politikern und Medien als ETA-Zeitung genannt wurde, ist fraglich. Wahrscheinlich störte es Madrider Politiker ganz besonders, dass Egunkaria auch täglich in Englisch als Internet-Zeitung erschienen ist und so weltweit unabhängig über die Lage im Baskenland berichtet hat. Die Web-Seiten wurden inzwischen schon mal gesperrt.
Für Gara besteht noch eine Galgenfrist, falls der Protest gegen die Schließung von Egunkaria international nur gering ausfallen würde. Am Wochenende wird es eine Großdemonstration für die Pressefreiheit in San Sebastian geben. Angesichts der Empörung, die selbst aus der Regionalregierung zu vernehmen ist, welche die Zeitung ökonomisch unterstützt hat, wird mit einer sehr großen Beteiligung gerechnet.