Benin-Bronzen: Rückgabe-Mission wird zur Eskalation

Bild: Ethnologisches Museum der Staatlichen Museen zu Berlin. Stiftung Preußischer Kulturbesitz. / CC BY-SA 4.0

Wie das gute Vorhaben in einem Aufschrei mündet. Muss sich Deutschland darin einmischen, was Nigeria mit den zurückgegebenen Kunstwerken macht?

Am Ende sollte ein Prestigegewinn beide Seiten glänzen lassen. Das wäre die gute Aussicht für den schwierigen Deal der Rückgabe der Kunstschätze. Schwer belastet ist er durch eine lange Vorgeschichte voller Leichenhaufen und schwer misshandelter und versklavter Menschen während der Kolonialzeit. Auch der Raub der Beninbronzen ist ein Verbrechen dieser Zeit.

Das Unrecht wollte die deutsche Regierung wiedergutmachen, in dem sie die Benin-Bronzen in Nigeria an die staatlich geführte National Commission for Museums and Monuments (NCMM) übergeben haben und die Kunstschätze an einem von Deutschland mitfinanzierten Museum ausgestellt werden.

Aber dann brachte ein Erlass des scheidenden nigerianischen Präsidenten, Muhammadu Buhari, einen unerwarteten Dreh in das gute Vorhaben, Unrecht wiedergutzumachen.

Laut Erlass wurden die Kunstwerke dem Oba, Ewuare II., König des alten Königreiches von Benin im heutigen Nigeria, übereignet "ohne die Rolle des NCMM überhaupt zu erwähnen", so Hermann Parzinger, der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, in deren Besitz Hunderte der Benin-Bronzen lange Jahre waren.

Tumult

Die Restitution der Beninbronzen entwickelte sich damit anders als geplant. Es gab viel Tumult bei denen, die der Ampel mit ihrer grünen Außenministerin kritisch und meist polemisch gegenüberstehen:

Erst hat mit den Schaden, und dann kommt der Spott dazu. Ob sie im Auswärtigen Amt immer noch denken, dass die Rückgabe der Benin-Bronzen an Nigeria eine gute Idee war?

Jan Fleischhauer

Oder krasser, aus Twitter gefischt, aus der AfD-Ecke:

Feministische Außenpolitik: Millionen deutscher Steuergelder für ein Museum in Nigeria das nicht gebaut wird. Für Benin-Bronzen die jetzt nicht mehr da sind, weil sie von einem korrupten Regierungschef an eine korrupte Königsfamilie verschenkt wurden.

Georg Pazderski

"Whitesplaining" gegen "Mansplaining"

Vertreter deutscher Interessen hätten die Kunstschätze gerne in der Hand einer von Deutschland unterstützten staatlichen Institution gesehen.

Die Rückgabe war ja nicht an Bedingungen geknüpft. Ich sage aber auch ganz klar: Uns läge schon daran, dass die Benin-Bronzen dort in einem öffentlich zugänglichen Museum zu sehen sind – so wie es für den Bundesstaat Edo geplant ist.

Hermann Parzinger, Spiegel

Außenministerin Annalena Baerbock reiste im Dezember letzten Jahres nach Nigeria. Dort unterzeichnete sie die Rückgabe der Bronzen aus Deutschland an den nigerianischen Staat.

Vieles sollte als Leihgabe in Deutschland bleiben können, der Rest an das neue "Edo Museum of West African Art" (EMOWAA) gehen, für das Deutschland schon mal vier Millionen Euro gezahlt hat.

SZ

Aber in Nigeria will man offensichtlich selbst entscheiden, was mit dem Kunstschatz geschehen soll. Ewuare II. hat schon lange angekündigt, dass er ein eigenes Museum bauen wolle, dafür wurde er "in Berlin und London aber eher belächelt".

Mit dieser Wendung ging der Vorhang zu einem neuen Akt in der Öffentlichkeit auf, der viele Böden und moralische Fallen hat, ohne einen Ausweg anzubieten, der "ein gutes Gefühl" verheißt wie bei einer Netflix-Serie.

Die Überschrift zur aktuellen Folge würde heißen: "Whitesplaining" gegen "Mansplaining". Deutsche Experten erklären den Verantwortlichen in Nigeria die koloniale Vergangenheit und wie der moralisch gebotene richtige Umgang mit den zurückgegebenen Kunstschätzen aussehen sollte.

Für die deutsche Politik und "die ihren Zielen dienenden Museumsleute" sei die Entwicklung bei der Rückgabe der Bronzen ein "Fiasko", schrieb Brigitta Hauser-Schäublin, eine emeritierte Professorin für Ethnologie, Anfang Mai in einem viel beachteten Artikel in der FAZ. Darin heißt es:

Der Präsident übereignet nationales Eigentum – also auch das, was bis zum Sommer 2022 nationales Eigentum Deutschlands war – an eine Privatperson beziehungsweise eine private, autokratische Institution. Aus einem öffentlichen Gut wird damit exklusives Privateigentum.

Wie leichtfertig formuliert die Vereinbarung zur Eigentumsübertragung zwischen Deutschland und Nigeria war, zeigt sich jetzt in aller Deutlichkeit.

Brigitta Hauser-Schäublin, FAZ

Daraufhin folgt das "mainsplaining".

Der Prinz des Herrscherhauses Oba, Okpame Oronsaye, reagiert mit patriachalischer Attitüde und Verweis auf die "zweitausendjährige Geschichte" des Königreichs mit dem Oba an der Spitze, der nicht gewählt und auch nicht abgewählt werden kann (Berliner Zeitung) und kanzelt die deutsche Außenministerin ab, was unübersehbar genüsslich in deutsch-sprachigen Medien weitergegeben wird.

Es tut mir leid, Ihre Außenministerin ist zu jung, hat keine Erfahrung, und manchmal merkt man das, wenn sie spricht. (…)

Sie hat es übertrieben. Das ist das Problem mit Ihrer Außenministerin. Sie weiß nicht, wie man sich diplomatisch ausdrückt. Und anscheinend hat sie keine guten Berater. Die Deutschen haben uns nichts gestohlen. Das waren die Briten.

Okpame Oronsaye

Doch haben sich auch andere Stimmen eingeschaltet, das Feld der Debatte ist groß.