Bewusste Bombardierung der Zivilbevölkerung in Bagdad

Nach einem Bericht von spanischen Beobachtern habe es für die Luftangriffe auf Bagdad meist keine militärische Rechtfertigung gegeben

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Beobachter aus dem Spanien, die sich während des Kriegs im Rahmen der Aktion Brigadas a Iraq contra la guerra 'Mohammad Belaidi' in Bagdad aufhielten, haben ihren Schlussbericht (Kampagne gegen regierungskritische Websites). Er wird Teil der Anzeigen wegen Kriegsverbrechen gegen Spaniens Ministerpräsident José María Aznar.

Neun Beobachter, Vertreter diverser Gruppen aus dem gesamten spanischen Staat waren der Angriffe in Bagdad geblieben. Darunter befanden sich der Professor der Universität Madrid, Carlos Varea, als Koordinator der Brigaden und als größte Einzelgruppe drei Mitglieder der Komité Internationalistak im Baskenland. Allen ging es darum, die starke Opposition gegen den Krieg der irakischen Bevölkerung zu vermitteln und im Fall eines Angriffs die Folgen zu dokumentieren (Die Proteste in Spanien gegen den Krieg und die eigene Regierung werden stärker).

Inzwischen hat die Gruppe einen 28seitigen Bericht vorgelegt, der sich auf die Zeit zwischen dem 20. März und dem 5. April bezieht. Das Dokument erfasst nicht die Opfer, die den sehr intensiven Angriffe nach dem 5. April zum Opfer fielen. Carlos Varea und Imanol Telleria erklärten Radio Euskadi, dass es auf jeden Fall viele Opfer in der Zivilbevölkerung gegeben habe.

Für den dokumentierten Zeitraum werden 42 Angriffe auf die Zivilbevölkerung dokumentiert, darunter fünf mit den geächteten Streubomben, die in einem Umkreis von 50 Kilometern ausgeführt wurden, in dem fünf Millionen Menschen leben. 204 Tote der Zivilbevölkerung und 583 Verletzte konnten die Brigadisten den Angriffen zuschreiben. Die große Zahl junger Opfer sticht hervor, fast 40 % waren keine 16 Jahre alt. 104 Zeugen wurden befragt. Es waren Überlebende der Angriffe, die an den bombardierten Orten oder in Krankenhäusern aufgesucht wurden.

Der Bericht stellt fest, dass es bei den 42 aufgeführten Angriffen - das sind natürlich keinesfalls alle -, mit Ausnahme von vier Angriffen im Umfeld des Flughafens in Bagdad, keine Ziele gegeben habe, die sich militärisch durch die Nähe von Regierungs- oder Militärgebäuden rechtfertigen ließen. Die Daten wurden auch mit den Beobachtungen des Iraq Peace Teams abgeglichen, mit dem die Gruppe ständig in Kontakt stand. Diese Initiative aus den USA fasste weitere 17 Personen verschiedener Nationalitäten zusammen.

Der Bericht zieht folgendes Resümee:

Die Verluste unter der Zivilbevölkerung während der dreiwöchigen Angriffe auf Bagdad waren keine Fehler oder 'Kollateralschäden' einer 'chirurgischen' Kriegsführung, dessen einziges Ziel es wa,r die Infrastruktur des Militärs und der Regierung zu zerstören. Wir gehen von vorsätzlichen Angriffen mit dem Ziel aus, die größtmögliche Zahl an zivilen Opfern zu erzeugen. Angriffe auf arme und stark bewohnte Viertel wurden wiederholt. Eine Logik in der Vorgehensweise kann nur in der Absicht der politischen und militärischen Führer der USA und Großbritanniens liegen, mit Terror den Willen der Bagdader Bevölkerung zum Widerstand zu brechen."

Die Vereinigung Freier Anwälte (ALA) hat den Bericht ihrer Strafanzeige gegen Aznar beigefügt. Fernando Laria, ein ALA-Sprecher, erklärte, das Dokument bestätige ihre die Vorwürfe. Der Anzeige haben sich 1800 Menschen angeschlossen. Zeitweise standen Hunderte Schlange vor dem Obersten Gerichtshof, um sich der Initiative anzuschließen. Darunter auch Angehörige von José Couso, Kameramann von Tele 5, der von einem US-Panzer in Bagdad getötet.

Die Staatsanwaltschaft, in Spanien ein Ministerium, hat beantragt, die Anzeigen abzuweisen. "Spanien hat dem Irak nicht den Krieg erklärt und nur Truppen mit humanitärem Charakter entsandt", meinte die Staatsanwaltschaft. Trotzdem wurde sie inzwischen von zwei Gerichten angenommen.

Selbst den Angriff auf die Journalisten verurteilt Aznar nicht. Er wehrt sich sogar dagegen, den Angriff auf das Hotel in Bagdad untersuchen zu lassen. Anders ist sein Verhalten, wenn baskische Organisationen Anschläge der ETA nicht verurteilen. Sie werden auf Antrag der Regierung verboten, wie die Partei Batasuna (Baskische Zeitung und Website geschlossen, die gestern als Ergebnis der Kriegsunterstützung nun sogar auf die US-Liste terroristischer Organisationen gesetzt wurde.

(c) Ralf Streck, Donostia-San Sebastian den 08.05.2003