Biden erlaubt Ukraine Angriffe auf russisches Territorium
USA erlauben Ukraine erstmals Raketenangriffe auf russisches Territorium. Auslöser war offenbar Einsatz nordkoreanischer Truppen. Moskau kündigt "sofortige Reaktion" an.
US-Präsident Joe Biden hat der Ukraine den Einsatz moderner Langstreckenwaffen auf russischem Territorium erlaubt. Wie zwei mit der Entscheidung vertraute US-Beamte berichten, sollen die Waffen zunächst in der Region Kursk zum Einsatz kommen, wo Kiew im Sommer eine Offensive gestartet hat.
Moskau hat dort inzwischen fast 50.000 Soldaten zusammengezogen, um verlorenes Territorium zurückzuerobern. Tausende nordkoreanische Soldaten unterstützen die russische Offensive, was bei Biden und seinen Beratern kurz vor der Amtsübergabe im Weißen Haus Befürchtungen vor weiteren russischen Geländegewinnen auslöste.
Zögerliche Genehmigung
Konkret geht es um das Raketensystemen des Typs Atacms (Army Tactical Missile Systems), das über eine Reichweite von rund 300 Kilometer verfügt und seit 1990 von der US-Armee verwendet wird. Damit könnten strategische russische Ziele im Hinterland getroffen werden
Die Entscheidung, der Ukraine auf Russland mit diesen Raketen zu genehmigen, wurde offenbar monatelang vorbereitet. Unter US-Offiziellen herrschte dabei lange Zeit Uneinigkeit, wie CNN berichtet. Einige befürchteten eine Eskalation des Krieges, andere sorgten sich um die Ausdünnung der Waffenbestände.
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Die US-Regierung hatte in den ersten beiden Jahren des Ukraine-Kriegs die Lieferung von Atacms-Raketen lange verweigert. Hauptgründe waren Befürchtungen, dass die komplexen Waffen die Einsatzbereitschaft der US-Armee beeinträchtigen könnten, sowie die zeitaufwendige Produktion der hochpräzisen Raketen mit ihren anspruchsvollen Komponenten.
Trotz dieser Bedenken genehmigte Präsident Joe Biden im Februar dieses Jahres insgeheim die Übergabe der Raketen, die schließlich im April in der Ukraine eintrafen. Allerdings war deren Einsatz bislang strikt auf ukrainisches Territorium begrenzt.
Reaktionen aus Washington, Moskau und Kiew
Internationale Beobachter ordnen die Entscheidung im wesentlichen als eine Reaktion auf den Einsatz Nordkoreanischer Soldaten auf russischer Seite ein (Telepolis berichtete). Ein anonymer US-Regierungsbeamter erklärte gegenüber der Washington Post, dass Nordkorea damit davon abgehalten werden soll, weitere Truppen nach Russland zu schicken.
Russland erklärte am Sonntag, die Entscheidung werde eine "sofortige Reaktion" hervorrufen.
"Der Westen hat sich für eine solche Eskalation entschieden, dass die ukrainische Staatlichkeit bis zum Morgen in Trümmern liegen könnte", sagte Andrei Klishas, ein hochrangiges Mitglied des Föderationsrates, der oberen Kammer des russischen Parlaments, in der Messaging-App Telegram.
Vladimir Dzhabarov, erster stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für internationale Angelegenheiten des russischen Oberhauses, wurde von der Nachrichtenagentur Tass mit den Worten zitiert: "Dies ist ein sehr großer Schritt in Richtung des Beginns des Dritten Weltkriegs.
Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj Selenskyj reagierte am Sonntag betont kurz auf die Neuigkeiten. Er kritisierte die vorherige Ankündigung durch Biden und erklärte auf Telegram: "Raketen werden für sich selbst sprechen."
Beobachter gehen davon aus, dass der erste Einsatz der Raketen gegen russische Ziele in der Region Kursk bereits in den kommenden Tagen erfolgen dürfte.