Bidens Realitätsverlust: 2024 sind die USA nicht mehr "unverzichtbar"
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Der Albright-Spruch von der "unverzichtbaren Nation" ist ein Relikt. Die US-Regierung gibt sich weiter Illusionen hin. Was sie hingegen tun sollte. Gastbeitrag.
Joe Biden ist weder ein origineller Denker noch ein tiefgründiger Denker. Zugegeben, nur wenige Persönlichkeiten, die in den Schützengräben der zeitgenössischen amerikanischen Politik arbeiten, können behaupten, beides zu sein.
Deshalb wäre es unvernünftig, Biden seinen Mangel an Tiefgang und Originalität vorzuwerfen. Er ist schließlich nur ein Durchschnittsbürger.
Etwas problematischer ist Bidens Neigung, sich die Worte anderer anzueignen, ohne sie zu nennen. Diese Angewohnheit hat seinem Ruf nicht gutgetan. Als der US-Präsident kürzlich die Vereinigten Staaten als "unverzichtbare Nation" bezeichnete, schrieb er den Ursprung dieser Formulierung seiner "Freundin" Madeleine Albright zu.
Gewalt anwenden
Eine solche Ehrlichkeit ist lobenswert. Dennoch könnten misstrauische Amerikaner Bidens Wiederauferstehung von Albrights jahrzehntealter Formulierung als mehr als nur ein wenig beunruhigend empfinden.
Die Herkunft des Ausdrucks ist bemerkenswert. In einer Fernsehansprache im Jahr 1998 hatte die damalige Außenministerin Albright die Gelegenheit genutzt, um eine Art Albright-Doktrin zu formulieren.
"Wenn wir Gewalt anwenden müssen", erklärte sie mit erhabener Zuversicht, "dann deshalb, weil wir die USA sind; wir sind die unverzichtbare Nation. Wir stehen aufrecht und wir sehen weiter in die Zukunft als andere Länder".
Fall der Mauer
Zu Albrights Verteidigung sei gesagt, dass sie diese grandiose Erklärung zu einem Zeitpunkt abgab, als die amerikanischen Eliten nach dem Ende des Kalten Krieges eine historische Siegesrunde drehten. In politischen Kreisen wurde der mit stolzer Brust vorangetragene Triumphalismus zum Allgemeinplatz.
Hatte der Fall der Berliner Mauer im Jahr 1989 nicht angeblich die Geschichte selbst zu ihrem intendierten Abschluss gebracht? Hatte nicht ein knappes Jahrzehnt später die Operation "Wüstensturm" das Urteil der Geschichte endgültig bekräftigt? In den 1990er-Jahren waren die Vereinigten Staaten von Amerika auf dem Vormarsch und schienen dazu bestimmt zu sein, auf ewig die Nummer eins in der Welt zu bleiben.
Doch schon bald erschien all dies nur noch heiße Luft. Zuerst kamen die Terroranschläge vom 11. September 2001, und kurz darauf folgten die Torheiten des globalen Krieges gegen den Terrorismus.