Bienen naturnah halten

Seite 2: Bienenkugeln in Magazinbeuten

Die früheren Bienenkörbe aus Stroh boten Lebensbedingungen, die denen der trockenen Baumhöhlen am nächsten kamen. Leider hat sich moderne Imkerei von diesen bienenfreundlichen Körben verabschiedet, bedauert Torben Schiffer.

Längst tüftelt der Wissenschaftler an der Umrüstung von Holzbeuten: Der Hohlraum im Deckel wird mit Hobelspänen befüllt - dies dämmt die Wärme und leitet gleichzeitig die Feuchtigkeit nach draußen. Strohnester am Boden bieten auch den Bücherskorpionen ein Zuhause. In seiner "Handlungsanleitung für artgerechte Bienenhaltung" fasste Schiffer seine Erfahrungen mit den naturnahen Bienen-Behausungen zusammen.

Die Varroamilben konnten seine Bienen, die seither mit den Bücherskorpionen einträchtig in einer Kiste leben, jedenfalls nicht mehr ernsthaft schädigen.

Eine andere bienengerechte Unterkunft, an der Andreas Heidinger seit 2012 tüftelt, ist die Bienenkugel - ein rundes Bienennest, das mit der Magazinbeute kompatibel ist. Imker können sie auch zur Honiggewinnung einsetzen.

Gemeinsam mit Professor Tautz und Torben Schiffer perfektionierte der Hobbyimker seine Bienenkugel. Die dicken Holzwände und ein luftdurchlässiger Deckel für den Feuchtigkeitsaustausch bieten Lebensraum auch für Bücherskorpione.

Der Bienenschwarm _ ein sich selbst regulierender Organismus

In der Welt der Bienen bleibt nichts dem Zufall überlassen. Bis heute haben wild lebende Bienen ihre natürlichen Verhaltensweisen nicht abgelegt. In Baumhöhlen im Wald bauen die Bienen dreidimensionale Waben. Bei Nacht verschließen sie mit ihren Körpern den Höhleneingang, um ihn am Morgen allmählich wieder zu öffnen.

Unter dem Wabenbau hängen die Insekten stundenlang verkeilt netzförmig ineinander, ohne sich zu rühren. Warum? Um das Klima in der Baumhöhle zu regulieren? Diese und andere Fragen beschäftigen Bienenforscher seit Jahren.

Der Schwänzeltanz ist eine der bahnbrechenden Entdeckungen, die auf den berühmten Bienenforscher Karl von Frisch zurückgeht. Demnach zeigen die tanzenden Bienen den Sammelbienen exakt Richtung und Entfernung sowie Art des Futters und Winkel der Flugrichtung.

Diese Beobachtungen hat Jürgen Tautz in seinem Buch "Die Erforschung der Bienenwelt" präzisiert. Mit ihrem Tanz beschreiben die Bienen nur einen "groben Korridor", erläutert der renommierte Bienenforscher darin. Um die Futterstelle zu finden, sind die unerfahrenen Bienen-Neulinge auf die Hilfe erfahrener Bienen im Feld und vor allem auf die Düfte der Blüten angewiesen.

Nur in der Gemeinschaft sind die Bienen stark: Dringt eine Hornisse oder Wespe in den Stock ein, wird sie von Bienen umlagert, die ihre Körpertemperatur immer weiter erhöhen, bis das Opfer regelrecht "kocht". Auch während der Aufzucht wird die Temperatur im Brutnest von den Bienen bei 35 Grad Celsius gehalten, weiß der Verhaltensforscher.

Ist die Temperatur höher, schlüpfen kurzlebige Sommerbienen, die nach einigen Wochen sterben. Bei niedriger Temperatur kommen langlebige Winterbienen heraus. Dass Bienen selbst Erdbeben Tage im Voraus spüren können, ist ein weiteres ungeklärtes Phänomen.

Die Imkerei braucht einen Paradigmenwechsel

Würden die Honigbienenvölker auch ohne imkerliche Betreuung in unseren Wäldern überleben, fragen sich Wissenschaftler? Dies würde nicht nur der Bienengesundheit dienen, sondern auch die genetische Insektenvielfalt und Biodiversität fördern.

So viel steht fest: Bienen in künstlichen Kisten mit hoher Luftfeuchtigkeit verhalten sich völlig anders als in artgerechten Behausungen oder Baumhöhlen. Nach jahrzehntelanger Massentierhaltung wird nicht nur die Varroamilbe zu einer immer größeren Gefahr für die Bienen, sondern auch deren artfremde Haltung.

Die Imkereien sollten weniger profitorientiert und unter Leistungsdruck arbeiten. Dafür sollen die Bedürfnisse der Bienen wieder mehr im Vordergrund stehen, fordert Torben Schiffer. Mit seinem über Jahre erworbenem Wissen setzt sich der Bienenexperte ausnahmslos für eine wesensgemäße Form der Bienenhaltung ein.

Damit so viele Menschen wie möglich von seinem Wissen profitieren können, entwickelte er eigene Kurse, in denen interessierte Menschen alles über artgerechte Bienenhaltung erlernen können.