Bietet China dem Globalen Süden eine Alternative zu westlichen Krediten?
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Obwohl sich China weitgehend auf bilaterale Abkommen konzentriert, hat es einige multilaterale Initiativen entwickelt. Die Neue Entwicklungsbank wurde 2015 gegründet und hat ihren Sitz in Shanghai.
Sie wird zunehmend als Methode zur Förderung von Transaktionen in Chinas Währung, dem Renminbi, zwischen den Brics-Mitgliedstaaten gesehen. In der Zwischenzeit wird der Globale Fonds für Entwicklung und Süd-Süd-Kooperation (GDSSCF) für Chinas Software-gestützte Globale Entwicklungsinitiative (GDI) genutzt.
Das wichtigste multilaterale Projekt Chinas ist jedoch die Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB), die 2016 gegründet wurde. Die AIIB hat inzwischen 106 zugelassene Mitglieder und konzentriert sich auf die Kreditvergabe für Investitionsprojekte, Infrastruktur, Verkehrswege, Energie und Informationsnetzwerke.
Andere Länder, darunter westliche Nationen wie Deutschland, haben einen gewissen Einfluss in der AIIB. Nichtsdestotrotz wird die Bank von China dominiert. Sie hat ein effektives Vetorecht bei wichtigen Entscheidungen und wird seit ihrer Gründung von Chinas ehemaligem Vizeminister des Finanzministeriums, Jin Liqun, geleitet.
Chinas Dominanz veranlasste den kanadischen Kommunikationschef der AIIB, Bob Pickard, im Jahr 2023 zurückzutreten.
Die gespaltene Reaktion der westlichen Länder auf Chinas Initiativen hat ihre traditionelle Dominanz weiter untergraben. Als die AIIB gegründet wurde, bekundeten viele Länder ihr Interesse daran. Washington gelang es nicht, sie von einem Beitritt zur Bank abzubringen.
Die USA versuchten dann, die AIIB mit der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) zu kontern, die 2016 in Kraft trat. Allerdings verließen die USA die Organisation 2017 unter dem ehemaligen Präsidenten Donald Trump, und das Projekt wurde in ein kleineres Projekt umgewandelt.
Chinas neu gewonnener Einfluss hat dazu geführt, dass es den Westen weltweit herausfordert. Im Jahr 1990 entfielen beispielsweise 85 Prozent der Infrastrukturbauaufträge in Afrika auf westliche Länder. Laut einer Studie des Center for Global Development stellten chinesische Unternehmen zwischen 2007 und 2020 jedoch 23 Milliarden US-Dollar für Infrastrukturprojekte in Afrika südlich der Sahara zur Verfügung – mehr als das Doppelte der von Banken in den USA, Deutschland, Japan und Frankreich zusammen vergebenen Kredite.
Im Jahr 2020 waren chinesische Unternehmen für 31 Prozent aller Infrastrukturprojekte in Afrika im Wert von mehr als 50 Millionen Dollar verantwortlich, gegenüber zwölf Prozent im Jahr 2013, während der Beitrag des Westens zu den Projekten in Afrika im gleichen Zeitraum von 37 Prozent auf zwölf Prozent zurückging, so der Economist.
Brasilien und Mexiko kommen in den Genuss erheblicher Investitionen aus China, und Argentinien trat der Neuen Seidenstraße offiziell im Jahr 2022 bei. Im August 2023 unterstrich China seine zunehmend wichtige Rolle in der argentinischen Wirtschaft durch die Bereitstellung eines Darlehens in Höhe von drei Milliarden Dollar, was es dem südamerikanischen Land ermöglichte, einen Zahlungsausfall zu vermeiden.
Selbst in Osteuropa und auf dem Balkan hat China Milliarden von Dollar ausgegeben, um Länder an die BRI anzubinden.
Trotz allem behalten die USA und der kollektive Westen beträchtlichen wirtschaftlichen Einfluss und haben selbstbewusst reagiert. Die USA verabschiedeten 2018 den BUILD Act und 2022 die Partnership for Global Infrastructure and Investment (PGII), um Investitionen und die Entwicklung der Infrastruktur in Entwicklungsländern zu fördern, und die EU legte 2021 ihr Global-Gateway-Programm vor, "den neuen Infrastrukturpartnerschaftsplan des Blocks, der als Alternative zu Chinas weltweiter Belt and Road Initiative gesehen wird."
In der Zwischenzeit stieg die Kreditvergabe der Weltbank an afrikanische Länder südlich der Sahara von 26 Milliarden Dollar im Jahr 2019 auf 49 Milliarden im Jahr 2023, während die Weltbank und die ADB während der Covid-19-Pandemie chinesische Einrichtungen überholten und zu den größten Geldgebern in Südostasien wurden, so ein Bericht des Lowy Institute.
Die USA und die EU haben auch ihre Unterstützung für die Entwicklung eines neuen Verkehrskorridors zum Ausdruck gebracht, der Indien, den Nahen Osten und das Mittelmeer verbindet. Darüber hinaus hat der Westen eine einheitliche wirtschaftliche Antwort auf die russische Invasion in der Ukraine im Jahr 2022 gegeben.
Die Weltbank stoppte alle ihre Programme in Russland. Auch der 100-Milliarden-Dollar-Fonds der AIIB ist im Vergleich zur 800-Milliarden-Dollar-Mobilisierungskapazität des IWF noch blass.
Die Kreditvergabe- und Infrastrukturpraktiken des Westens und Chinas sind jedoch in die Kritik geraten. Der ehemalige Chefökonom der Weltbank, Joseph Stiglitz, hat erklärt, dass die Bedingungen, die Weltbank und IWF den kreditnehmenden Ländern auferlegen, für die lokale Bevölkerung oft sehr schmerzhaft sind und die wirtschaftliche Entwicklung in diesen Ländern behindern.
UN-Generalsekretär António Guterres erklärte 2023, dass der IWF und die Weltbank die reicheren Länder auf Kosten der ärmeren begünstigen, und drängte auf eine Änderung.
Chinas Projekte sind in die Kritik geraten, weil sie überwiegend chinesische Unternehmen und Arbeiter beschäftigen, anstatt lokale Arbeitskräfte einzustellen, was zu Protesten und Angriffen gegen sie führte. Die BRI-Vereinbarungen werden auch wegen ihrer undurchsichtigen Finanzierung und Umsetzung kritisiert.
Länder, die mit der Rückzahlung von Krediten zu kämpfen haben, mussten bis zu einem gewissen Grad ihre Autonomie in Bezug auf ihre Exporteinnahmen aufgeben. Und obwohl die Vorwürfe der chinesischen Schuldendiplomatie in den westlichen Medien oft übertrieben werden, hat der chinesische Wirtschaftsopportunismus die Schuldenlast und den Schulden bedingten Eintausch von Kapitalbeteiligungen bei den BRI-Partnern erhöht.
Pakistans vielschichtige wirtschaftliche Herausforderungen bestehen trotz seines Engagements bei westlichen und chinesischen Kredit- und Infrastrukturinstitutionen fort. Das Land kämpft mit der Instabilität des benachbarten Afghanistans, seiner langjährigen Rivalität mit Indien, den anhaltenden Auswirkungen der Covid-19-Pandemie, den verheerenden Überschwemmungen im Jahr 2022, der systemischen Korruption und den durch den Konflikt in der Ukraine verursachten steigenden Energiepreisen.
Diese Herausforderungen sind zwar nach wie vor komplex, aber Investitionen bieten sich als mögliche Lösung an. Anstatt sich auf einen blinden Wettbewerb einzulassen, könnte eine effektivere Nutzung der Mittel für alle Beteiligten erreicht werden, indem westliche und chinesische Wirtschaftsinteressen in dem Land anerkannt und stärker koordiniert werden, z. B. durch die Steigerung der Energieeffizienz Pakistans.
Inmitten ihres Wettbewerbs haben die AIIB und die Weltbank 2017 einen Rahmen für die Zusammenarbeit in gemeinsamen Interessenbereichen unterzeichnet, und die AIIB hat ähnliche Vereinbarungen mit der Asiatischen Entwicklungsbank und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung getroffen.
Trotz des Aufstiegs alternativer Märkte ist China der einzige Herausforderer der etablierten westlichen Kredit- und Infrastrukturentwicklungsnetzwerke. Diese Rivalität hat bereits zu einer langsamen Reform des jahrzehntealten Finanzsystems geführt, das aufstrebenden Mächten und verarmten Nationen Unterstützung bietet.
Auch wenn sich eine gerechtere wirtschaftliche Staatsführung als schwer durchsetzbar erweisen könnte, haben die Kreditnehmerländer die Möglichkeit, die besten Angebote zu nutzen, die für ihren Fortschritt wichtig sind.
Der Artikel erscheint in Kooperation mit der Medienplattform Globetrotter. Hier geht es zum englischen Original. Übersetzung: David Goeßmann.
John P. Ruehl ist ein australisch-amerikanischer Journalist, der in Washington D.C. lebt. Er ist Redakteur bei Strategic Policy und schreibt für verschiedene andere außenpolitische Publikationen. Sein Buch "Budget Superpower: How Russia Challenges the West with an Economy Smaller than Texas" wurde im Dezember 2022 veröffentlicht.