Bietet China dem Globalen Süden eine Alternative zu westlichen Krediten?

Präsident Paul Kagame von Ruanda empfängt den chinesischen Präsidenten Xi Jinping zu bilateralen Gesprächen in der Hauptstadt Kigali, 22. Juli 2018. Bild: Präsidentenbüro / CC BY-NC-ND 2.0 Deed

China investiert weltweit in Infrastrukturen, von Afrika bis Asien. IWF und Weltbank werden als Geldgeber verdrängt. Warum ist das so? Gastbeitrag.

Im Oktober 2023, inmitten der Feierlichkeiten zum 10. Jahrestag von Chinas Initiative "Neue Seidenstraße" (BRI) in Beijing (Peking), unterzeichneten Pakistan und die chinesische Führung ein milliardenschweres Abkommen für ein Eisenbahnprojekt.

John P. Ruehl ist Redakteur bei Strategic Policy und schreibt für verschiedene außenpolitische Publikationen.

Als zentraler Bestandteil von Chinas Bemühungen, die wirtschaftliche Integration zu fördern und die Infrastruktur im Ausland auszubauen, hat Pakistan über den 62 Milliarden Dollar schweren Chinesisch-Pakistanischen Wirtschaftskorridor (CPEC) erhebliche Entwicklungshilfe von Beijing erhalten.

Dennoch haben auch westliche Nationen und Finanzinstitutionen in Asien strategisch manövriert, wobei der Internationale Währungsfonds (IWF) im Juli ein Darlehen in Höhe von drei Milliarden Dollar für Pakistan bewilligte, "um das Land vor der Zahlungsunfähigkeit zu bewahren". Andere Länder in der Region erleben einen ähnlichen Wettbewerb.

Bangladesch beispielsweise weihte im Oktober den mit der BRI verbundenen Padma Bridge Rail Link ein und erhielt Wochen später ein 395-Millionen-Dollar-Darlehen von der EU. Im selben Monat schloss Sri Lanka ein Schuldenabkommen mit China, während die USA Anfang November einen 553-Millionen-Dollar-Kredit für den Hafenbau in Colombo gewährten.

Da der Wettbewerb um Infrastruktur und Investitionen in den letzten Jahren zugenommen hat, haben sich die Auseinandersetzungen zwischen westlichen und chinesischen Kreditgebern über Schuldenumstrukturierung und -erlass verschärft. Die Kreditgeber zögern, Entlastungspakete anzubieten, da sie befürchten, dass das Zugeständnis eines Gläubigers es einem Schuldnerland ermöglichen könnte, die Zuschussgelder für die Bezahlung anderer Kredite zu verwenden.

Diese Sackgassen verweisen auf die Herausforderungen, vor denen das jahrzehntelange westlich dominierte Finanzsystem und die Kreditvergabeinitiativen stehen.

Der Grundstein für dieses System wurde auf der Bretton-Woods-Konferenz im Jahr 1944 gelegt. Auf dieser Konferenz wurde der IWF gegründet, um die Stabilität des internationalen Währungssystems zu gewährleisten und Ländern, die sich in einer Wirtschaftskrise befinden, politische Beratung und finanzielle Unterstützung zu bieten.

Seitdem ist der IWF gewachsen und umfasst heute 190 Mitgliedstaaten, während seine "Schwesterorganisation", die Weltbank, zur gleichen Zeit gegründet wurde und inzwischen 189 Mitgliedsländer umfasst. Die Weltbank konzentriert sich mehr auf langfristige Hilfe durch Darlehen und Zuschüsse, die die Infrastruktur und die Armutsbekämpfung in den Entwicklungsländern unterstützen.

Es wurden zwar Anstrengungen zur Demokratisierung dieser Institutionen unternommen, aber sowohl der IWF als auch die Weltbank stehen nach wie vor unter erheblichem westlichem Einfluss. Staaten des Westens sind im Vorstand des IWF und bei den Abstimmungen überrepräsentiert, und alle geschäftsführenden Direktoren des IWF sind bisher Europäer gewesen.

Mit Ausnahme der bulgarischen Staatsbürgerin Kristalina Georgieva, die 2019 als amtierende Präsidentin fungierte, waren alle Präsidenten der Weltbank US-Bürger, und die Stimmrechtsanteile der Bank wurden seit 2010 nicht mehr neu geordnet. Beide Institutionen haben ihren Sitz in Washington, D.C.

Neben dem IWF und der Weltbank gehören der Pariser Club, die Europäische Investitionsbank, die Interamerikanische Entwicklungsbank, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und die Asiatische Entwicklungsbank zu den weiteren multilateralen Entwicklungsbanken und -institutionen, die vom Westen dominiert (oder stark beeinflusst) werden.

Regierungsinitiativen wie USAID, die U.S. Trade and Development Agency (USTDA) und die U.S. International Development Finance Corporation sowie private Banken spielen ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Durchsetzung westlicher Wirtschaftsinteressen.

Chinas Rolle in multilateralen Banken wie dem IWF und der Weltbank hat sich mit dem Wachstum der chinesischen Wirtschaft ausgeweitet. Beijing kritisiert jedoch wie zuvor das derzeitige System der globalen Schuldenregulierung als "von der westlichen Struktur 'Pariser Club - IWF - Weltbank' dominiert" und hat sich entschieden, seinen eigenen Weg zu gehen, um seinen wirtschaftlichen Einfluss weltweit auszuweiten.

Chinas Staatskapitalismus bietet zum ersten Mal seit Jahrzehnten eine einzigartige Alternative zu westlichen Infrastruktur- und Entwicklungsinitiativen. Dank seiner robusten, global integrierten Wirtschaft, seines technologischen Know-hows und seiner umfassenden industriellen Macht kann Beijing bei der Finanzierung und dem Bau von Projekten in einer Größenordnung helfen, die es mit dem Westen aufnehmen kann, was nicht einmal die Sowjetunion geschafft hat.

Ferner erfordert die chinesische Hilfe keine politischen und wirtschaftlichen Reformen, wie sie für westliche Entwicklungsinitiativen typisch sind.

Chinas Ansatz hat sich als sehr erfolgreich erwiesen. Seit 2017 ist China der größte Gläubiger der Welt und vergibt mehr Kredite als der IWF, die Weltbank und der Pariser Club zusammen, so Brent Neiman vom US-Finanzministerium im September 2022.

Mit Ausgaben in Höhe von einer Billion Dollar und Verträgen in Höhe von mehr als zwei Billionen hat Chinas BRI die globalen Handelswege und die wirtschaftliche Entwicklung verändert und stößt sogar bei den Taliban auf Interesse.

Eine Studie des Center for Global Development 2020 schätzt, dass chinesische Kredite in der Regel mit zwei Prozent verzinst werden, im Vergleich zu 1,54 Prozent für die an Bedingungen geknüpften Kredite der Weltbank, und die Strafen für verspätete Rückzahlungen sind laut AidData seit 2018 gestiegen. Nichtsdestotrotz sehen die meisten BRI-Partnerländer Chinas Projekt positiv.

Um seine Vision umzusetzen, hat Beijing ein Netzwerk nationaler Finanzorganisationen eingesetzt, darunter die China State Construction Engineering Corporation (CSCEC), die China Communications Construction Company (CCCC), die China Development Bank (CDB), die Export-Import Bank of China, die China Construction Bank (CCB), den Silk Road Fund, die China Investment Corporation (CIC), die China International Development Cooperation Agency (CIDCA) und die People's Bank of China.