Biohacker zwischen Spaß und Kommerz

Seite 3: Transgene Leuchtwesen: Von der Straßenbeleuchtung bis zum Jurassic Park, home edition

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Auffällig oft unter Biohackern verbreitet ist der Wunsch, alle möglichen Sachen aufleuchten zu lassen: Amöben, Fische, Kaninchen, Bier. Oder: Bäume. Gefährlich sei das nicht, sondern einfach nur schön. Ein Baum schreie geradezu danach, zum Leuchten gebracht zu werden. Der Sinn dieser Übungen bleibt dabei oft im Dunkeln, ein beliebter Beweggrund: "Wir können, also machen wir." Und ganz en passant geht die Schaffung transgener Leuchtwesen auch als Kunstform durch - als Bioart.

Bändermodell der Proteinstruktur des grün fluoreszierenden Proteins (GFP), das aus der pazifischen Qualle Aequorea victoria gewonnen werden kann und das bei Anregung mit blauem oder ultraviolettem Licht im grünen Spektralbereich fluoresziert. Für die "Entdeckung und Weiterentwicklung" des Proteins wurde 2008 der Chemie-Nobelpreis vergeben. Das Protein ist ein wichtiges Werkzeug in der modernen Biologie. Außerdem wird es immer wieder gern in transgene Haustiere eingebaut - zum Beispiel in Zierfische oder fluoreszierende Schweine. Bild: Bernd Schröder

Oder als Geschäftsidee. Wie beim Glowing Plants-Projekt, das eine natürliche Beleuchtung ohne Elektrizität verheißt. Nach Angaben des Teams war man von den Erfolgen bei bakterieller Biolumineszenz an der Universität Cambridge inspiriert. Dort hatten Wissenschaftler das Know-how der biochemischen Lichterzeugung von Glühwürmchen gekapert und durch die Anregung einer gleichzeitigen Produktion von Luciferin und Luciferase für ein kontinuierliches Leuchten in Bakterien gesorgt.

Bei Glowing Plants sollte dieser Ansatz auf Pflanzen übertragen werden, der Plan: designte DNA-Sequenzen aus der Software Genome Compiler sollen beim Start-up-Unternehmen Cambrian Genomics im DNA-Laserdrucker ausgedruckt und schließlich im Glowing Plants-Labor in die Zielpflanzen eingebaut werden. Als Ergebnis sollten dann die Samen der neuen transgenen und selbstleuchtenden Pflanzen verschickt werden. Die Verteilung der geplanten 600000 Samen würde hinsichtlich der zu erwartenden geografischen Streuung zu den größten Freisetzungsexperimenten eines durch Menschen genetisch veränderten Organismus führen - zumindest im Hobbybereich des öffentlichen Raums.

Im Rahmen der Kickstarter-Kampagne wurden jede Menge Gimmicks zur Belohnung spendierfreudiger Förderer in Aussicht gestellt, alles garniert mit dem angestrebten Produkt, den Samen genetisch manipulierter Acker-Schmalwand. Wie etwa ein Fläschchen zur Aufbewahrung eigens angefertigter DNA, die auf Anfrage mit einem ASCII-zu-DNA-Konverter kreiert wird - bis zu 140 Zeichen sind drin, Preis: 500 US-Dollar. Oder 30 Wunsch-Zeichen, die zusätzlich in den genetischen Code der Leuchtpflanze eingefügt werden - für 10.000 US-Dollar.

D-Luciferin. Bild: B Schröder

D-Luciferinwird durch das Enzym Luciferase unter Sauerstoffverbrauch umgesetzt. Die Farbe des dabei emittierten Lichts hängt stark von den Aminosäuren ab, die das Luciferin umgeben. In den 1980er Jahre wurde Luciferase erstmals in das Genom von E. coli eingebaut und dort exprimiert. Die Biolumineszenzreaktion in Leuchtkäfern soll nach dem Willen von Biohackern auch anderen Lebewesen zugänglich gemacht werden, beispielsweise Pflanzen. Bei der Gelegenheit kann gleich noch die email-Adresse des Schöpfers ins Erbgut eingefügt werden. Die Reaktion selber findet Anwendung in entsprechenden Bildgebungsverfahren. Bild: Bernd Schröder.

Einige Fachleute halten das Projekt für fragwürdig. Das US-Landwirtschaftsministerium hatte keine Einwände angemeldet - dafür jedoch Wissenschaftler und Gentechnikgegner. Die kanadische Umweltgruppe ETC forderte mit einer Kickstopper-Kampagne das Ende des Projekts. Kickstarter änderte aufgrund der angestossenen medienwirksamen Debatte das Spektrum möglicher Belohnungen für Unterstützer: gentechnisch veränderte Pflanzen rangieren nun in der gleichen Rubrik wie Drogen oder Waffen und sind in neuen Projekten nicht mehr zugelassen.

Den Glowing Plants-Machern schien es von Anfang an um nicht viel mehr zu gehen als um das kalkulierte Erregen von Aufmerksamkeit, als PR-Maßnahme für die Synthetische Biologie. Vom wissenschaftlichen Wert ihrer Idee hingegen hielten sie offenbar selber nicht allzu viel: Nach eigenen Angaben würde ihr Projekt bei Fachkollegen nur ein Gähnen hervorrufen .

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