Blitzkrieg mit "Shock and Awe"

Der neue Plan setzt auf geringe Zerstörungen der Infrastruktur und psychologische Wirkung

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Bei einem Irak-Krieg setzen die USA auf einen schnellen Sieg. "Um das zu erreichen, wäre es das Beste, einen solchen Schock für das System zu verursachen, dass das irakische Regime früh zu dem Schluss kommt, dass das Ende unvermeidbar ist", erläuterte General Richard B. Myers, der Vorsitzende der Vereinigten Stabschefs, die Kriegsplanungen des Pentagon für den bevorstehenden Irak-Krieg.

Rauchpilz beim Test der Psycho-Bombe MOAB

"Shock and Awe" - Schock und Einschüchterung - heißt die Blitzkrieg-Strategie, die den USA zum Sieg nicht nur über die irakische Armee, sondern auch über das Regime von Saddam Hussein verhelfen soll. 3000 Bomben und Raketen werden den Planungen zufolge allein in den ersten 48 Stunden des Krieges abgefeuert. Das entspräche der zehnfachen Menge von dem, was die US-Militärs zu Beginn des Golfkrieges 1991 verschossen hatten. Die ersten Ziele sind Luftabwehrstellungen, politische und militärische Hauptquartiere, Kommunikationseinrichtungen sowie Anlagen, in denen die USA biologische und chemische Waffen vermuten.

Auf diese Weise soll die irakische Führung von ihren Truppen abgeschnitten und der Kampfeswillen von Saddams Truppen schnell zum Erliegen gebracht werden. Zum Einsatz kommen könnte dabei auch eine neue Bombe, die das US-Militär am Dienstag getestet hat. Die "Massive Ordnance Air-Burst Bomb" (MOAB), in den Medien schnell als "Superbombe" bezeichnet, soll mit ihren 10.000 Kilogramm Sprengstoff eine noch verheerendere Wirkung als die in Afghanistan eingesetzten Bomben vom Typ Daisy Cutter haben (War Games 2002), deren Vorgängerin mit dem Namen "Commando Vault" in Vietnam eingesetzt wurde, um Hubschrauber-Landeplätze in den Dschungel zu sprengen. Beide Bomben gehören zur Serie BLU-82 (Bomb Live Unit-82) und werden von Flugzeugen aus an Fallschirmen abgeworfen und kurz über dem Boden gezündet.

Trotzdem will die US-Army in diesem Krieg angeblich möglichst wenig von der Infrastruktur des Landes zerstören. Das versicherte jedenfalls Ronald R. Fogleman, Mitglied im Defense Policy Board, einem Beratergremium des Verteidigungsministeriums. "Die Herausforderung in diesem Luftkrieg wird sein, bestimmte militärische und psychologische Wirkungen am Anfang zu erzielen, aber am Ende so viel von der Infrastruktur wie möglich übrig zu lassen".

Alles in allem soll der Luftkrieg in gut einer Woche beendet sein. Der Bodenkrieg soll nach dem Konzept der "maneuver warfare" ablaufen. Demzufolge kämpfen sich amerikanische Soldaten nicht mehr wie im Golfkrieg 1991 Meter für Meter durch die Wüste, sondern werden wie 1989 in Panama eingeflogen und greifen dann Dutzende von Zielen gleichzeitig an. Noch letztes Jahr hatten die Militärs zwei ganz andere Pläne in der Tasche. Zur Verfügung standen:

  1. Der Operations Plan (OPLAN) 1003, der eine großangelegte Invasion im Irak vorsah. Er war aber sehr schwerfällig und dauerte lange.
  2. Der Downing Plan, der dem entsprach, was in Afghanistan praktiziert wurde: Luftangriffe plus Bodentruppen von oppositionellen Gruppen.

Im Jahr 2002 fügte die US-Regierung die beiden Angriffspläne zu einem einzigen zusammen, dem der Rapid Decisive Operations.

Der Angriff der Bodentruppen wird hauptsächlich von Süden, von Kuwait aus, geführt werden, das mittlerweile einem Militärlager gleicht. Ursprünglich sollte die zweite Front von der Türkei her eröffnet werden. Doch dann lehnte das türkische Parlament die Stationierung von 62.000 amerikanischen Soldaten ab, obwohl die USA 5 Milliarden Dollar direkte Wirtschaftshilfe und 10 Milliarden als Darlehen angeboten hatten. Was jetzt passiert, ist noch unklar. Als Alternative zur Türkei wurde diskutiert, die amerikanische Soldaten per Luftbrücke in den Nordirak zu fliegen, was allerdings umständlich und teuer wäre. Mittlerweile scheint es aber, dass der Aufmarsch über die Türkei ungehindert weiter geht - ungeachtet des türkischen Vetos.

Sonst bleibt den USA nur noch Jordanien, wo bereits Spezialeinheiten der US Army stationiert sein sollen, die im Kriegsfall schnell auf die Suche nach Massenvernichtungswaffen geschickt werden. Doch das kann wohl die 62.000 Soldaten aus der Türkei kaum ersetzen. Kritisch wird die Kontrolle der Erölquellen von Mossul und Irkuk sowie die Verhinderung eines Konflikts zwischen türkischen Truppen und Kurden.

Genau so ungewiss ist bisher ein UN-Mandat. Doch davon will sich die US-Regierung nicht beeindrucken lassen. "Wir brauchen von niemandem eine Erlaubnis", stellte US-Präsident George W. Bush am 6. März klar. Einen Tag vorher hatte er sich mit der politisch-militärischen Spitze der Vereinigten Staaten getroffen), um verschiedene Details der Kriegsplanungen zu diskutieren. An dem Treffen im Weißen Haus nahmen neben Verteidigungsminister Donald Rumsfeld der ranghöchste General der US-Streitkräfte, Richard Myers, Geheimdienst-Direktor George Tenet sowie General Tommy Franks teil, der als Oberkommandierender des US Central Command den Krieg gegen Irak führen wird. Dafür läuft ihm allerdings die Zeit weg. Ein Krieg im Sommer in der Wüste gilt zwar prinzipiell als möglich, ist aber deutlich schwieriger und aufwendiger.