Boko Haram entführt Schulmädchen
Zahl der Todesopfer in Abuja möglicherweise deutlich höher als bislang bekannt
Die salafistische Anti-Bildungs-Sekte Boko Haram terrorisiert seit 2009 den Norden und die Mitte Nigerias. Neben christlichen Vierteln und Dörfern, öffentlichen Einrichtungen, Kinos und Märkten sind vor allem Schulen das Ziel ihrer Attacken, bei denen alleine in den ersten 15 Wochen des Jahres 2014 über 1.500 Menschen ums Leben gekommen sein sollen. In der Nacht von Montag auf Dienstag entführten sie eine dreistellige Zahl von Schülerinnen im Teenageralter aus einem Mädcheninternat in Chibok im Bundesstaat Borno, wo die Sekte besonders aktiv ist.
In den vergangenen Wochen hatte die Regierung von Borno zahlreiche Schulen aus Angst vor Boko-Haram-Angriffen geschlossen. Das hatte die Salafisten möglicherweise dazu ermutigt, gegen die offen gebliebenen vorzugehen.
Dazu, um wie viele Schülerinnen es sich handelt, gibt es unterschiedliche Angaben: Sie reichen von "mehr als 100" über 136 bis hin zu 200. Augenzeugen berichten, dass die Dschihadisten die Mädchen zwangen, auf die Ladeflächen von Lastwagen zu steigen, die sie an einen unbekannten Ort verbrachten. Einigen soll es gelungen sein, von der Ladefläche zu springen und sich in Sicherheit zu bringen.
Bei dem Überfall wurden das Internat sowie mehrere Verwaltungsgebäude, Privathäuser und Fahrzeuge in Brand gesteckt. Außerdem raubten die Terroristen größere Mengen an Vorräten. Dabei kamen angeblich 16 Personen ums Leben, darunter ein Soldat und ein Polizist.
Was mit dem Rest der Schülerinnen geschah und geschieht, ist bislang noch nicht bekannt. Möglich ist beispielsweise, dass die Sekte von den Eltern der Kinder Lösegeld verlangt, mit dem sie Waffen kauft, oder dass die Mädchen den Sektenmitgliedern als Vorschuss auf die 72 Jungfrauen dienen, die sie ihren eigenen Vorstellungen nach im Jenseits erwarten.
Die nigerianischen Behörden gehen davon aus, dass Boko Haram auch hinter einem Sprengstoffanschlag in der Nähe der Hauptstadt Abuja steckt, bei dem am Montag zahlreiche Menschen ums Leben kamen. Die dafür ursprünglich angegebene Zahl von 71 Todesopfern muss möglicherweise deutlich nach oben korrigiert werden.
Neue Berichte, die sich auf Mitarbeiter von Krankenhäusern stützen, gehen von mehr als 200 Menschen aus, die bei der Explosion einer Bombe und mehrerer Busse und Autos ums Leben kamen. Einigen Medien zufolge fuhren die Attentäter zu viert mit einem PKW, der später explodierte, auf den Parkplatz und entfernten sich in großer Eile von ihm. Andere sprechen von einem Mann, der mit einer Tasche in einen Bus stieg und diesen ohne sie wieder verließ.
Letzte Woche überfielen Boko-Haram-Krieger außerdem mehrere Dörfer an der Grenze zu Kamerun und töteten dabei über 500 Bewohner. Augenzeugen zufolge sollen sie dabei nicht nur über Geländewagen und Motorräder, sondern auch über zwei gepanzerte Fahrzeuge verfügt haben. Aus diesen schossen sie auf Menschen, die aus ihren angezündeten Häusern flohen. Am Samstag brachte die Sekte außerdem 60 Abiturienten um, die auf dem Weg zu einer staatlichen Zulassungsprüfung waren.
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