Boris-Pistorius-Debatte: Deutschland soll wieder kämpfen lernen!

Seite 2: Die russische Bedrohung

Und wenn dieses Mindset Schwierigkeiten hat, sich in der Bevölkerung, die ja gerne mal skeptisch gegenüber Politikern ist, zu manifestieren. Dann hilft, wie schon früher im Kalten Krieg bei der Bundeswehr, die Warnung, "dass die Russen kommen"?

Diesen Eindruck zumindest erwecken die Aussagen der Friedens- und Konfliktforscherin Nicole Deitelhoff, die im NZZ-Beitrag den Aussagen von Sönke Neitzel beigestellt wird.

Die Politiker müssten endlich in "schonungsloser Offenheit" darüber sprechen, was das Volk in der Zukunft aus Russland erwarte. Bis jetzt erwecke die Regierung den Eindruck, als müsste sich das Land nur einmal noch gehörig anstrengen, um der Ukraine bei ihrem Kampf zu helfen. Dann werde sich der Krieg erledigt haben, und alles sei wieder normal.

"Doch das ist eine Illusion", sagt Deitelhoff, Direktorin des Leibniz-Friedensforschungsinstituts in Frankfurt am Main. Das unterstreicht ein Blick nach Russland. Wladimir Putin bereitet sein Land auf einen langen Konflikt mit dem Westen vor.

NZZ

Die Deutschen würden "die Welt allmählich zur Kenntnis nehmen", beobachtet Neitzel. Die Gesellschaft wisse "viel besser, was die Stunde geschlagen habe, als die Politiker dächten".

Die Bevölkerung ist bereit zu kämpfen und persönliche Einschränkungen hinzunehmen, wenn man ihr erklärt, wozu das nötig ist.

Sönke Neitzel, NZZ

Angesichts der augenblicklichen Debatten, Corona, Ukraine-Krieg und nun der Gaza-Krieg, stehen die Vorzeichen für eine Einigkeit in der Bevölkerung nicht richtig gut. Böse Zungen reden von einer Polarisierung, in der die ausgebildete Kampfbereitschaft- und Wehrtüchtigkeit von Randgruppen, eine größere innenpolitische Gefahr darstellen als die Bedrohung durch das ferne Russland.

"Die Gefahr droht, dass die vom Verteidigungsminister angeschobene Debatte mal wieder folgenlos verpufft", schreibt die NZZ am Ende. Danach sieht es nicht aus. Der Mindset für "mehr Kampf" ist längst im Entwicklerbad.