Brandenburgs Landesregierung stellt Ölembargo infrage
Ministerpräsident Woidke fordert Garantien für den Weiterbetrieb der PCK-Raffinerie in Schwedt. Landesregierung übt auch deutliche Kritik an Taskforce des Bundes.
Die Landesregierung von Brandenburg schlägt gegenüber Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) scharfe Töne an. Dabei geht es um die PCK-Raffinerie in Schwedt/Oder, die durch das geplante Embargo auf russische Öllieferungen in Gefahr ist.
Dass es nicht leicht werden würde, die Raffinerie auf alternativen Wegen mit nicht-russischem Öl zu versorgen, zeichnete sich schon ab. Bei einem Besuch der Raffinerie am Donnerstag fanden Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke und sein Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (beide SPD) deutliche Worte – und stellten das geplante Ölembargo infrage.
"Ich erwarte eine Garantie der Bundesregierung, dass es keine Versorgungsengpässe, keine Versorgungsunsicherheiten für unsere Region, für Brandenburg, aber auch für die anderen Länder in Deutschland gibt", sagte Woidke (SPD). Außerdem müssten die steigenden Preise als Folge des Embargos von der Bundesregierung abgefedert werden. Darüber hinaus müsse es auch für die rund 1.200 PCK-Beschäftigten eine Garantie geben.
"Wenn diese Garantien nicht erfüllt werden können aus diesen oder jenen Gründen, dann muss darüber nachgedacht werden, ob dieses Embargo wirklich Sinn macht", so Woidke weiter.
Zu dem Ziel, die Arbeitsplätze in Schwedt/Oder erhalten zu wollen, hatte sich auch Wirtschaftsminister Habeck zuvor bekannt. Doch bislang ist nicht bekannt, wie die Raffinerie in Zukunft mit Öl versorgt werden soll. Seit "vier Wochen ist der Informationsstand der gleiche", sagte jetzt sein Brandenburger Amtskollege.
Keine Lösungen für akute Probleme
Steinbach äußerte sich enttäuscht über die viel gelobte Taskforce für die PCK-Raffinerie. Der Grund: Dort werden Luftschlösser gebaut, aber nicht die akuten Probleme gelöst. "Dort wird mehr über die Transformation gesprochen und wie die Raffinerie in acht bis zehn Jahren aussehen könnte", klagte Steinbach. Doch die Probleme, die durch das Embargo entstünden, seien noch nicht geklärt – und würden noch nicht einmal thematisiert.
In der Märkischen Oderzeitung (MOZ) heißt es, dass immer mehr Klarheiten beseitigt würden. Denn vor Wochen hatte Habeck verkündet, dass Defizite, die aus den politischen Entscheidungen entstünden von der Bundesregierung übernommen würden. "Das bezahlt Christian Lindner", hieß es damals.
Doch für Steinbach sei längst nicht klar, ob das überhaupt möglich wäre. Denn das Öl aus der "Druschba"-Pipeline wurde explizit aus dem EU-Embargo ausgeklammert. Und die Bundesregierung wolle freiwillig auf das Öl verzichten. "Spätestens jetzt muss auch die Frage gestellt werden, ob angesichts der Planlosigkeit Schwedt als Bauernopfer in Kauf genommen wird", heißt es in der MOZ dazu.
Brandbrief aus Brandenburg an Bundeswirtschaftsminister
Zuvor hatte Steinbach gemeinsam mit der Brandenburger Finanzministerin Katrin Lange einen "Brandbrief" an Habeck geschrieben und sie verlangten ultimativ von ihm Antworten auf elf Fragen, die ihrer Meinung nach noch offen sind. Beide Minister haben offenbar Zweifel daran, dass die Bundesregierung die Raffinerie "unter wirtschaftlichen Bedingungen" weiterführen will.
Steinbach und Lange sind beide Mitglied in ebenjener Taskforce, die über die Zukunft der Raffinerie beraten soll – und die vom parlamentarischen Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Michael Kellner (Grüne) geleitet wird.
Wie die Märkische Allgemeine berichtete, ist die Brandenburger Landesregierung mit dieser Personalie nicht zufrieden. Zumal ein parlamentarischer Staatssekretär keinen Zugriff auf die Verwaltung habe, wie es demnach intern geheißen haben soll.
Zum Unmut gegenüber Kellner könnte aber auch beigetragen haben, dass er sich zuletzt in Sachen Ölembargo als Hardliner profilieren wollte. Zuletzt hatte er sich gegen Ausnahmen für Schwedt vom Embargo ausgeschlossen. In einer Rede im Bundestag hatte er unter anderem behauptet, dass keiner mehr Produkte aus russischem Öl kaufen werde. Außerdem wäre eine Entscheidung für Ausnahmen seiner Ansicht nach "ein Statement gegen Polen, gegen die Ukraine und gegen die EU". Und unter solchen Bedingungen würde ohnehin "keiner in Schwedt investieren wollen".
In Schwedt/Oder befürchtet man derweil das Schlimmste. Die Bürgermeisterin der Stadt, Annekathrin Hoppe (SPD), sorgt sich nicht nur um den Standort Schwedt, sie fürchtet, dass die gesamte Region deindustrialisiert werden könnte. Deshalb sagte sie auch kürzlich: "Der gesamte Osten muss aufstehen".